Im Rhythmus der Leidneschaft
hinaustrat.
Es war schon fast drei Uhr nachts, als Miranda sich ins Bett legte. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so erschöpft gewesen war. Die Shows an vier Abenden pro Woche waren ohnehin ermüdend, und jetzt kamen noch der Abend mit Caleb, der entspannende Höhepunkt und ihre hastige Flucht aus dem Club hinzu. Ihr blieb kaum noch genug Energie, ihren Wecker zu stellen.
Wieso Caleb auf sie gewartet hatte und ihr gefolgt war, konnte sie sich nicht erklären, zumal er sie offenbar nicht hatte einholen wollen. Belustigt überlegte sie, ob er mittlerweile einen Ausweg aus dem Lagerraum gefunden hatte. Oder saß er jetzt in einer Ecke und wartete auf die Frühschicht?
Zum Glück hatte sie mit der Möglichkeit gerechnet, dass er noch auf sie wartete. Sie hatte sich gut vorstellen können, dass er versuchen würde, sie zu einem Drink in seinem Zimmer zu überreden. Deswegen hatte sie sich die Kapuze ihres Parkas aufgesetzt, bevor sie die Garderobe verlassen hatte.
Sie hätte es lieber gesehen, wenn er ihren Wunsch, inkognito zu bleiben, respektiert hätte. Andererseits konnte sie seine Neugier nachvollziehen. Das bedeutete jedoch nicht, dass sie zulassen würde, dass er ihre wahre Identität entdeckte. Es reichte, wenn er morgen Abend wieder zur Show kam.
Wie sollte sie diesen Auftritt bloß durchstehen? Unwillkürlich zog sie die Bettdecke enger um sich und versuchte, die Gedanken daran zu verdrängen.
Wenn sie heute Abend ein Kondom dabei gehabt hätten, wäre die Nacht sicher anders verlaufen. Sofort malte Miranda sich sehr detailreich aus, was Caleb alles mit seinen Fingern, seinem Körper und seiner Zunge getan hätte. Mit der Erinnerung an seinen Kuss schlief sie schließlich ein.
Kaum erholt erwachte Miranda später, zu spät, und beeilte sich, um die verschlafene Zeit wieder aufzuholen und in den Blumenladen zu kommen.
Gleich heute früh mussten Corinne und sie einen großen Auftrag bearbeiten. Die Sträuße und Gestecke waren sicher für dieselbe Hochzeit bestimmt, zu der auch Caleb angereist war.
Zwei große Sträuße für die Bodenvasen seitlich vom Altar in der Kapelle des Romantikhotels, ein Brautstrauß, einer für die Brautjungfer, ein aufwendiges Bouquet für die Brautmutter und Anstecker für den Bräutigam und seinen Trauzeugen.
Der Name auf der Bestellung lautete allerdings weder Eagleton noch Black oder Sparks, aber falls Brenna und der Abgeordnete tatsächlich heiraten wollten, würden sie es geheim halten und sämtliche Bestellungen über Assistenten laufen lassen.
Gut möglich, dachte Miranda, dass Brenna Corinne beim Blumenschmuck ihrer Hochzeit mit einspannt, selbst wenn Corinne sich dessen nicht bewusst ist.
Oft genug hatte Brenna gezeigt, dass sie sich die Versöhnung wünschte. Sie hatte Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke geschickt, die Corinne jedes Mal weiterverschenkt hatte. Selbst Geld hatte Corinne nicht angenommen, und Brennas Nachrichten auf dem Anrufbeantworter hatte sie immer ignoriert.
Als Miranda sich um halb elf in den Blumenladen schlich, war Corinne bereits dort. Die ältere Frau blickte kurz hoch und arrangierte dann weiter rote Rosen mit silbernen und goldenen Schleifen. „Ist es gestern spät geworden?“
Sofort kehrten Mirandas Gedanken zu Caleb zurück, und bevor sie es verhindern konnte, platzte sie heraus: „Ich habe einen Mann getroffen.“
„Tatsächlich?“ Seit ihrer Scheidung hielt Corinne nicht mehr viel von der Männerwelt. „Was Ernsteres? Oder eine Affäre?“
„Könnte auf jeden Fall eine Affäre werden“, gab sie offen zu. „Aber da er nur zu Besuch hier ist, würde ich sagen …“
„Dass es nicht mehr als eine Affäre wird“, beendete Corinne den Satz für sie.
Das ist mein Schicksal, dachte Miranda und seufzte, während sie ihre Handtasche wegschloss und sich die rotgrüne Schürze anzog. „Da arbeite ich in einem Ort, der sich auf Liebespaare spezialisiert hat, aber für mich gibt es hier höchstens mal eine flüchtige Affäre.“ Nach kurzem Zögern fuhr sie fort: „Die erste seit meiner Rückkehr hierher.“
„Man sollte die Hoffnung nie aufgeben.“ Corinne legte den Deckel auf die Blumenschachtel und steckte den Lieferschein dazwischen. „Hat er denn gesagt, wie lange er hier bleibt oder was er hier vorhat? Nur damit ich weiß, an wie vielen Tagen ich ab jetzt morgens ohne dich zurechtkommen muss.“
„Witzig.“ Miranda verzog die Nase. Ihr war klar, dass das nicht ganz ernst gemeint war.
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