Im Rhythmus der Leidneschaft
gemacht.
Niemand kam zufällig nach Mistletoe. Und wer den Abend im Club Crimson verbrachte, der wohnte auch im Hotel, hier in Snow Falls. Der Ort lag abseits jeglicher Verkehrsrouten. Jeder, der hierherkam, hatte einen bestimmten Grund dafür.
Daher würde sie dem Mann aus dem Club höchstwahrscheinlich erneut begegnen. So, wie es zwischen ihnen geknistert hatte, konnte es durchaus passieren, dass sie wieder die Beherrschung verlor.
Und das durfte auf keinen Fall geschehen, nicht zuletzt wegen Marshalls anstehendem Verfahren und dem damit verbundenen Medienrummel.
Vor zehn Jahren war Miranda von Denver nach Baltimore gezogen, wo sie Marshall getroffen und in derselben Kirche geheiratet hatte, in der sie im Kirchenchor sang.
Die Freude am Leben als Mrs. Gordon war ihr schon bald vergangen. Was nicht sehr überraschend war, zumal ihr Ehemann sich wegen Betrugs vor Gericht zu verantworten hatte und während des Verfahrens seine zahllosen Affären aufgedeckt wurden. Da hatte Miranda sich nach dem schlichten und unverfälschten Zauber des Ortes zurückgesehnt, den sie immer noch als ihre Heimat ansah.
Diskretion stand in Mistletoe an oberster Stelle, ganz besonders in dem Hotel in Snow Falls. Bei der Belegschaft wurden alle Zeugnisse und Referenzen sehr genau geprüft, und den Medien gegenüber gab man sich mehr als verschlossen.
Genau dieser Ruf absolut verlässlicher Diskretion ließ Berühmtheiten und Leute, die beruflich oft im Rampenlicht standen, hierherkommen, wenn sie ein Wochenende mit jemandem verbringen wollten, ohne anschließend befürchten zu müssen, Fotos davon in jeder Illustrierten zu sehen.
Diese Verschwiegenheit hatte auch Miranda gesucht, und mithilfe guter Freunde war ihr die Flucht vor den Medien gelungen.
Noch monatelang hatten Skandalreporter nach ihr gesucht, um sie aufzuspüren und exklusiv berichten zu können.
Aus der Sicherheit ihres Verstecks heraus hatte Miranda die Suche beobachtet, und aus dem Wirrwarr ihrer Gefühle hatte sich eine Empfindung herausgeschält: Sie hasste Reporter und ihre angeblichen journalistischen Prinzipien. Sie waren wie Geier, die sich nach Marshalls Verfahren und der Scheidung auf sie gestürzt hatten. Nicht nur ihr Ex, sondern auch diese Widerlinge hatten ihr das Leben zur Hölle gemacht.
Doch damit war jetzt Schluss. Miranda wollte sich nie wieder entblößt und verletzlich fühlen, weil ganz Amerika jedes Detail aus ihrem Leben erfuhr.
Ja, sie war ein paar Mal bei Rot über eine Ampel gefahren. Ja, sie hatte zunehmend mehr Zeit mit Wohltätigkeitsarbeit verbracht, anstatt bei Marshall oder zu Hause zu sein. Und es stimmte, dass sie nach einer Stunde Ashtanga-Yoga nicht mehr wie frisch geduscht duftete. Anscheinend war es auch von großem öffentlichem Interesse, an welchen Körperstellen sie sich im Schönheitssalon die Haare entfernen ließ. Es war in aller Öffentlichkeit heftig darüber debattiert worden, ob sie durch all diese Dinge vielleicht selbst daran schuld gewesen war, dass Marshall in den Betten anderer Frauen gelandet war.
Jetzt trat Miranda regelmäßig im Club Crimson auf, und trotzdem hatte sie noch kein Pressevertreter aufgespürt. Aber vor nicht allzu langer Zeit hatte sie einen umwerfend gut aussehenden Fremden geküsst, als sei es ihr letzter Kuss auf Erden. Wirklich clever, dachte sie, du bist ein echtes Genie.
Entnervt stöhnend ließ sie die Stirn auf den Schminktisch sinken, als ihr wieder durch den Kopf ging, was für Gefühle dieser Kuss in ihr ausgelöst hatte. Wie hatte sie vergessen können, wie fantastisch es sich anfühlte, mit der Zungenspitze die Zunge eines Mannes zu umspielen!
Dieses sanfte, verführerische Gleiten, so warm und feucht!
Den Sex mit Marshall hatte sie genossen, jedenfalls bis er angefangen hatte, sich den Spaß woanders zu suchen. Doch einen solchen Kuss hatte sie noch nie erlebt.
Daran könnte ich mich gewöhnen, dachte sie und betrachtete sich im Spiegel, als suche sie nach den Anzeichen einer Veränderung. Konnte ein einziger Kuss eine Frau verändern?
Nein, sie hatte ja nur ein paar Sekunden lang auf dem Schoß des Mannes gesessen und ihn geküsst. Der einzige Unterschied bestand darin, dass sie nach fünf Jahren der Vernunft jetzt den Verstand verloren hatte.
„Verdammt!“ Sie stand auf.
Mit irgendwem musste sie jetzt sprechen. Jemand musste sie darin bestärken, dass sie auf Küsse von Fremden lieber verzichtete, auch wenn es sich noch so fantastisch anfühlte.
2. KAPITEL
„Glaubst
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