Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin
an Leichen wurden, insbesondere beim Tod prominenter Personen, schon seit Jahrhunderten als Indiz für eine Vergiftung angesehen. Dies ist zwar wissenschaftlich nicht haltbar, führt aber, wie der Vergleich entsprechender Berichte zeigt, bis heute zu abenteuerlichen Spekulationen.
Ein plötzlicher und unerwarteter Tod wurde schon immer als suspekt angesehen. Vom Mittelalter bis in das 17. Jahrhundert galt der plötzliche Tod sogar als schimpflich, Ausdruck von Gottes Zorn und nur schwer mit einem kirchlichen Begräbnis vereinbar. Der plötzlich Verstorbene konnte ja nicht durch einen Priester von seinen Sünden freigesprochen werden und war daher im Zustand der Ungnade verstorben. Außerdem blieb der »unergründliche Ratschluss Gottes« für die Hinterbliebenen unverständlich, der Tod war vielleicht eine Strafe, in jedem Fall aber blieb die Sache mysteriös.
In ungewöhnlichen Veränderungen an Leichen erblickte man verdächtige Hinweise auf eine Vergiftung. Die Beispiele aus der Geschichte sind vielfältig, erstaunlich ist die fast stereotype Wiederholung der Beobachtungen und Argumente.
Gift im Vatikan?
Lorenzo Ganganelli (1705-1774) war als Clemens XIV. (Papstwahl 1769) jener Pontifex, der versuchte, die Jesuiten einzuschränken und zu unterdrücken. Dadurch bekam er natürlich Probleme mit diesem mächtigen Orden. Clemens hatte während seiner gesamten Amtszeit (1769-1774) große Angst, vergiftet zu werden. Beispielsweise küsste er die Füße eines bestimmten Kruzifix nicht mehr, da er befürchtete, die Jesuiten könnten Gift aufgebracht haben. Ein Jahr lang war er krank, bevor er starb. Die Symptome von Abmagerung, Magen-Darmstörungen, Mattigkeit, Schmerzen, Wassersucht und Fieber können sowohl von einer chronischen Vergiftung wie auch von einem Tumorleiden hervorgerufen worden sein. Nach seinem Tod zersetzte sich sein Körper derart schnell, dass man im Vatikan annahm, die Jesuiten hätten ihn tatsächlich vergiftet, so war der Leib und das Gesicht dermaßen entstellt, dass man es mit einer Maske verhüllen mußte. Das Obduktionsergebnis der vatikanischen Ärzte lautete: »Starke Wasseransammlung in der Bauchhöhle, Verwachsung der Lungen mit dem Brustfell, Entzündung am unteren Ende der Speiseröhre und im Magen.« Dies sagt natürlich überhaupt nichts aus und die Gerüchte einer Vergiftung werden hartnäckig weiterleben.
Einer der »populärsten« Päpste der Geschichte war zweifellos der Spanier Rodrigo de Borja (1431-1503), der sich Alexander VI. (Papstwahl 1492) nannte. Dieser außergewöhnliche Renaissance-Fürst hatte bemerkenswerte Gaben: kalte Intelligenz, unbändiges Wollen, Raffinement und Sinnlichkeit - darüber hinaus war er völlig skrupellos. Alles in allem war er Vater von zehn Kindern, geboren von vier Geliebten. Besonders berüchtigt war sein Sohn Cesare, der schon den italianisierten Namen Borgia
trug. Eine Woche vor seinem Tod im August 1503 hatte sich Alexander zu einem abendlichen Essen zu Cesare begeben und war in der Folge so wie sein Sohn erkrankt. Der Vater starb, der Sohn überlebte. Rasch breiteten sich Gerüchte aus, wonach entweder die beiden Borgias einander vergiftet hätten, oder Cesare seinem Vater vergiftete Speisen verabreicht und selbst davon ein wenig gekostet hatte, um den Verdacht von sich abzulenken. Wahrscheinlich jedoch war es viel einfacher: Ein heißer Sommer in Rom, eine bakterielle Lebensmittelvergiftung, beide Borgias von einer Infektion befallen und der Jüngere, Kräftigere war davongekommen. Über Alexanders VI. Leichnam wird berichtet, sein Fleisch habe sich schwarz verfärbt, aus dem Mund mit der monströs geblähten Zunge sei Schaum getreten und jeder Körperöffnung seien zischend Gase entfahren. Sein Körper war nach dem Tod dermaßen angeschwollen, dass die Bestatter auf seinen Bauch springen mussten, um den Sargdeckel schließen zu können.
Der Tod Mozarts
Da wir wirklich nicht wissen, woran Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) gestorben ist, haben die Spekulationen darüber niemals aufgehört. Durch nichts bewiesen ist die Vergiftungslegende, aber sie lebt. In depressiver Stimmung hatte Mozart wenige Wochen vor seinem überraschenden und frühen Tod zu seiner Frau gesagt: »... mit mir dauert es nicht mehr lange: gewiss, man hat mir Gift gegeben!«
Sieben Tage nach Mozarts Tod meldete am 12. Dezember 1791 das Berliner Musikalische Wochenblatt: »Weil sein Körper nach dem Tode schwoll, glaubte man gar, dass er vergiftet worden
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