Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin
1991: »Der wissenschaftliche Beweis, dass es sich um den Schädel Mozarts handelt, konnte nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung nicht erbracht werden.« Der Druck der Öffentlichkeit war allerdings groß, denn es hatten sich zwei Parteien gebildet. Die einen forderten, der Schädel müsse bestattet werden, konnten aber nicht sagen, wo, denn Mozarts Grab ist bekanntlich verschollen. Die anderen argumentierten, der Schädel dieses Jahrtausendgenies solle in einem eigenen Mausoleum in Salzburg aufbewahrt werden, dies erinnerte jedoch wieder an Lenin.
Und so endete alles mit einer österreichischen Lösung - es geschah gar nichts und der Schädel ist in Salzburg unter Verschluss.
Cromwells Leichnam wurde hingerichtet
Im englischen Bürgerkrieg kämpften von 1642-1648 puritanische Parlamentarier gegen königstreue Royalisten. Es ging um die Einschränkung der königlichen Macht. Oliver Cromwell (1599-1658) war der Anführer der siegreichen Puritaner, der Stuart-König Charles I. wurde hingerichtet und England war eine Monarchie ohne König geworden. Andererseits hatte Cromwell als Lordprotector von England das »Commonwealth« geschaffen und herrschte eigentlich diktatorisch. Aber nie mehr in der Geschichte Englands gab es eine derartige Polarisierung der
Bevölkerung. Als Cromwell am 3. September 1658 starb, wurde sein einbalsamierter Leichnam in der Westminister Abbey bestattet. Nachdem 1660 die Royalisten wieder an die Macht gekommen waren, übten sie groteske Rache. Der Leichnam wurde exhumiert und am Richtplatz in London exekutiert, d. h. zunächst am Galgen aufgehängt und danach enthauptet. Den Kopf steckte man auf eine Metallstange und präsentierte ihn zur Abschreckung. Durch die Balsamierung war er noch gut erhalten. Um 1685 verschwand der Schädel dann und gelangte in Privatbesitz, später fand sich Cromwells Kopf in einem kleinen Museum. Durch Kauf und Verkauf wechselte er mehrfach den Besitzer, zeitweise wurde er auch ausgestellt.
Seit 1960 befindet sich der Kopf eingemauert in Cromwells alter Schule, dem Sidney Sussex College in Cambridge, die genaue Stelle wird aber nicht preisgegeben.
Das Gesicht von Kardinal Richelieu
Armand-Jean du Plessis Herzog von Richelieu (1585-1642) dirigierte als leitender Minister unter Ludwig XIII. die Staatsgeschäfte Frankreichs. Er kämpfte gegen die französischen Protestanten, die Vorherrschaft der Habsburger in Europa und die Privilegien des Hochadels in Frankreich. 1633 gründete er die Académie Française.
Zum Zwecke der Einbalsamierung wurde der Kopf der Leiche derart aufgesägt, dass eine vordere Gesichtshälfte und eine rückwärtige Hinterkopfhälfte entstand. Dann bestattete man Kardinal Richelieu in der Kapelle der Sorbonne. In den Wirren der Französischen Revolution wurde 1793 seine Gruft geöffnet, die vordere Hälfte des Schädels gestohlen und der »gesichtslose Leichnam« in einem Kellerloch verscharrt. Das Gesicht des Kardinals war noch ganz gut konserviert und kam 1796 in den Besitz
der Familie Armez. 1860 wurden Fotografien angefertigt und das Relikt am 15. Dezember 1866 nach Intervention von Kaiser Napoleon III. neuerlich in der Kapelle der Sorbonne beigesetzt; der restliche Körper war aber schon lange verschwunden. Jetzt wurde auch - 224 Jahre nach Richelieus Tod - eine Totenmaske angefertigt. 1895 öffnete man das Grab des Gesichts noch einmal auf Wunsch eines historisch interessierten Politikers, seither herrscht Ruhe.
Das Verschwinden des Voltaire
Als Voltaire wenige Wochen vor seinem Tod in einem Pferdegespann durch die Straßen von Paris fuhr, feierte ihn das Volk. Es war 1778, also elf Jahre vor Ausbruch der Revolution. Voltaire war der Vorkämpfer einer Epoche, der streitbare Verfechter von Toleranz und Meinungsfreiheit, von Gerechtigkeit und Menschenwürde. Er war es, der diesen Gedanken in der Öffentlichkeit Gehör verschafft hat. Damit geriet er aber zwangsläufig in Konflikt mit dem Klerus, und das sollte sich fatal auswirken.
Am 30. Mai 1778 starb François Marie Arouet, der sich Voltaire nannte, an einer Harnwegsentzündung, er stand im 84. Lebensjahr. Da sein Tod ja nicht unvorhergesehen kam, war bereits alles arrangiert worden. Ohne den Sanktus der katholischen Kirche gab es damals keine Chance auf ein würdiges Begräbnis. Es existierte zwar das berühmte Papier vom 28. Februar 1778, worin Voltaire geschrieben hatte: »Ich sterbe in Anbetung Gottes, in Liebe zu meinen Freunden, ohne Hass gegen meine Feinde und in
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