Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin
Ablehnung des Aberglaubens.« Die Kommunion hat er jedoch nicht empfangen, und das genügte: Die geistlichen Instanzen in Paris verweigerten ein kirchliches Begräbnis, die weltlichen Instanzen verboten Nachrufe in den Zeitungen. Das war den Verwandten schon vor seinem Tod bekannt. Als Voltaire gestorben
war, geschah Skurriles und Makabres. Ein Chirurg und ein Apotheker nahmen die Sektion des Leichnams und die Einbalsamierung vor. Der Chirurg behielt sich das Gehirn, das Herz erhielt der Marquis de Villette. Der Leichnam wurde mit Hausrock, Perücke, Nachtmütze bekleidet, in eine Kutsche gesetzt und in eine Stellung gebracht, wie sie ein schlafender Mann einnimmt. Ein Neffe Voltaires war Titularabt von Seilliéres, dort fuhr man hin. Die Abtei befand sich in der Nähe von Troyes, also etwa 80 Kilometer entfernt. Ohne Beanstandung ließen die Beamten an der Pariser Stadtgrenze das Gefährt mit dem schlafenden Mann passieren. In der Klosterkirche angekommen, wurde die Leiche im Keller in einem einfachen Sarg beigesetzt und eine Messe gelesen.
Damit man später den Platz erkennen könne, legte man über den Sarg einen Stein mit der Inschrift: A 1778 V. A stand für Arouet, V für Voltaire. Aber damit war diese Mischung aus Satyrspiel und Tragödie noch lange nicht aus. Die Nationalversammlung beschloss nämlich, Voltaire im Pantheon zu bestatten. An Voltaires 13. Todestag, am 30. Mai 1791, wurde der Sarg exhumiert und später nach Paris übergeführt.
Es kam aber nicht alles in Paris an. Ein Fußskelett erhielt das Museum in Troyes, ein Fersenbein wurde gestohlen, desgleichen zwei Zähne. Der Sarg blieb 23 Jahre im Pantheon; 1814 drangen ultrakonservative Monarchisten ein, brachen die Sarkophage von Voltaire und Rousseau auf und schleppten die Knochen davon. Wahrscheinlich wurden sie nahe dem Seine-Ufer auf einem Schuttabladeplatz vergraben. Die sterblichen Überreste Voltaires und Rousseaus wurden nie wieder gefunden. Das Gehirn Voltaires, das der Chirurg entnommen hatte, wechselte mehrmals den Besitzer und ist heute verschollen. Das Herz brachte der Marquis de Villette nach Ferney und stellte es im ehemaligen Schlafzimmer Voltaires auf. 1864 wurde alles versteigert, das Gefäß mit dem Herz kam in die Pariser Nationalbibliothek. Dort befindet es sich noch immer.
Sein Körper ist verstreut, aber solange es in unserer Welt Unrecht, Intoleranz und Unmenschlichkeit gibt, wird der Geist Voltaires präsent sein, um unser Streben nach Vernunft und Humanität zu leiten.
Geschäfte mit Löwenherz
Richard I. Löwenherz (1157-1199), König von England, war Teilnehmer am Dritten Kreuzzug. Dort verfeindete er sich mit dem Babenberger Herzog Leopold V. Als er auf dem Rückweg in der Wiener Vorstadt Erdberg erkannt wurde, ließ ihn Leopold 1192 zunächst auf der Burg Dürnstein in der Wachau gefangen setzen. Dies war ein Bruch des gültigen Völkerrechts, denn Teilnehmer an Kreuzzügen genossen besonderen Schutz. Schließlich wurde Richard an den deutschen Kaiser Heinrich VI. ausgeliefert. Das unvorstellbar hohe Lösegeld von 100 000 Mark Silber teilten sich der Deutsche und der Österreicher.
Nachdem Richard 1194 nach zweijähriger Haft freigelassen wurde, verbrachte er die letzten fünf Jahre mit der Verteidigung seiner Besitzungen in Frankreich. Bei der Belagerung einer Burg des Grafen von Limoges starb er am 6. April 1199 an einer Infektion infolge einer Pfeilwunde.
Richard I. Löwenherz wurde in der Kirche von Fontevraud bestattet, auf seine testamentarische Anordnung hin bekamen die Bürger von Rouen sein balsamiertes Herz, als Dank für ihre Loyalität. Das Herz galt jahrhundertelang als verschollen, 1838 wurde ein Bleigefäß entdeckt mit der Inschrift: » Hic jacet cor Ricardi Regis Anglorum.« In dem Behälter fand sich ein vertrocknetes, geschrumpftes Gebilde, möglicherweise das Herz.
Da die Engländer nicht wahrhaben wollten, rein gar nichts von ihrem König zu besitzen, wurde von den Geistlichen der All-Hallows-Kirche in London ein Kästchen auf den Altar gestellt
und behauptet, es enthalte das Herz des Königs. Was wirklich darin war, wurde nie überprüft. All denen, die durch Spenden zur Erhaltung der »Herzkapelle« beitrugen, wurde ein Ablass versprochen. Die Geschäfte gingen einige Zeit ganz gut, dann schlief die Sache ein.
Das Gehirn Albert Einsteins
Am 18. April 1955 starb in Princeton, New Jersey, Albert Einstein (geb. 1879), einen Monat nach seinem 76. Geburtstag. Die Obduktion ergab als
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