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Im Saal der Toten

Im Saal der Toten

Titel: Im Saal der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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sagte Trebek.
    »Nehmt euch den Zwanziger. Ich bin draußen«, sagte ich.
    Die drei Kandidaten hatten ebenfalls keine Ahnung.
    »Rand und McNally waren 1512 wohl noch nicht auf der Welt«, sagte Mike.
    »Das Baby braucht neue Schuhe«, sagte Mercer und streckte seine Hand aus. »Wer war Mercator? Gerardus Mercator.«
    »Du überraschst mich immer wieder«, sagte Mike. »Dein alter Herr?« Mercers Vater hatte als Mechaniker für Delta Airlines gearbeitet.
    Mercer nickte. »Er hat ständig Karten mit nach Hause gebracht, damit ich die Flugrouten der Piloten studieren konnte. Erinnert ihr euch nicht an die Mercator-Projektionen mit diesen geradlinigen Loxodromen?«
    »Tut mir Leid, Mercer. Ich befürchte, ich kann nicht mehr folgen.«
    »Ich habe mir noch eine gute Nachricht für dich aufgespart«, sagte Mercer. »Die Verkehrsbetriebe haben die MetroCard des Seidenstrumpfvergewaltigers dekodiert. Das Fax kam heute Nachmittag ins Büro. Du wirst es morgen auf dem Schreibtisch haben.«
    »Irgendwelche Auffälligkeiten?«
    »Er fährt vor allem mit der Lexington-Avenue-Linie. Steigt meistens an der 77. Straße zu oder aus. Genau dort, wo wir seinen Wohnort oder Arbeitsplatz vermutet hatten. Du kannst es dir selbst aufzeichnen, wenn du wieder zu Hause bist. Vielleicht fällt dir dazu etwas ein.«
    Um neun Uhr konnte ich kaum noch die Augen offen halten, während Mike und Mercer neben meinem Bett Gin Rommé spielten.
    »Schlaf endlich, Coop. Du bist kaputt.« Mike legte seine Karten ab und ging hinaus, um sich bei der Krankenschwester nach meinen Medikamenten zu erkundigen.
    Der Schmerz hatte nachgelassen, aber das Gefühl, bei lebendigem Leib begraben zu sein, hatte sich in alle meine Sinne eingegraben. Ich hätte meinem Körper und meinem Gehirn gern etwas Ruhe gegönnt, aber ich hatte Angst vor meinen Albträumen.
    Die Krankenschwester kam mit einem weißen Pappbecher ins Zimmer und gab mir einige Pillen auf die Hand. Ich fragte nicht einmal, wofür sie waren, sondern schluckte sie wortlos.
    Mercer stand auf, um das Licht über meinem Kopfkissen auszuschalten.
    »Lass es bitte an!«
    Er küsste mich auf die Nasenspitze. »Ich werde das Licht neben meinem Stuhl anlassen. Ich gehe nirgendwohin, Alex.«
    Ich drehte mich zur Seite und versuchte, es mir gemütlich zu machen. Denk an etwas Schönes. Denk an etwas, das dich glücklich macht, hatte meine Mutter immer gesagt, wenn ich als Kind nachts nicht schlafen konnte. Dann hatte ich die Augen geschlossen und mir vorgestellt, wie ich an der Hand meines Vaters am Strand entlanglief, während er mir Geschichten aus seiner Kindheit erzählte oder davon, wie er meine Mutter kennen gelernt hatte. Oder ich dachte an meine Großmutter und wie sie mich jedes Mal verwöhnte, wenn ich sie auf ihrer Farm besuchte. Auch jetzt versuchte ich mich an die glücklichsten Augenblicke meines Lebens zu erinnern, aber sie wurden immer wieder von den dunklen Bildern des heutigen Tages verdrängt.
    Ich weiß noch, dass ich die Augen aufschlug und sah, wie Mike und Mercer Karten spielten, dann taten die Pillen ihre Wirkung. Ich schlief ein.
    Ich wachte gegen sieben Uhr auf. In einem Krankenhaus kann man nie ausschlafen. Das Personal hat Schichtwechsel, Karren mit Essenstabletts rollen den Flur entlang und gegen die Putzkolonnen sind die stärksten Schlaftabletten machtlos.
    Ich hob den Kopf. Mercer und Mike waren nirgends zu sehen, aber die Karten lagen noch neben dem Wasserkrug auf dem Tisch.
    Ich setzte mich auf und sah vor der Tür einen uniformierten Cop sitzen. Der Beamte hatte den Kopf gesenkt und schien eingenickt zu sein. Ich wollte zu ihm gehen und schob das Bettgitter nach unten. Er musste das Geräusch gehört haben, denn er stand sofort auf und kam ins Zimmer.
    »Miss Cooper? Guten Morgen. Ich bin Gerry McCallion, vom dreizehnten –«
    »Wo sind Wallace und Chapman?«
    »Sie waren schon weg, als ich gegen ein Uhr hier ankam. Keine Angst, Ma’am. Sie waren nie allein. Es war immer jemand hier –«
    »Ich habe keine Angst. Aber es sieht ihnen nicht ähnlich, mich allein zu lassen, nachdem sie mir versprochen haben, hier zu bleiben.«
    »Der vom Morddezernat hat gegen Mitternacht einen Anruf erhalten. Eine schlechte Nachricht.«
    »Was –«
    McCallion sprach einfach weiter. »Seine Freundin hatte in Kanada einen Unfall. Ich habe nur gehört, dass sie sich bei einem Sturz das Genick gebrochen hat. Sie ist tot.«

 

33
     
    »Wo seid ihr?«, fragte ich Mercer. »Kannst du reden?«
    »Ja.

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