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Im Saal der Toten

Im Saal der Toten

Titel: Im Saal der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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zu feucht, um etwas darin aufzubewahren, und der Park ist nicht bewacht. Alle Bretter sind lose. Rowdys brechen immer wieder dort ein, um ungestört Dope zu rauchen. Die Kids wollten dir einfach einen Schreck einjagen.«
    »Das ist ihnen gelungen. Das könnt ihr ihnen gern ausrichten, wenn ihr sie findet. Womit war ich geknebelt und gefesselt?«
    »Der Knebel war eine Socke«, sagte Mike.
    Ich dachte an das Skelett im Keller. »Wie bei Aurora Tait.«
    »Deine Hände waren mit deinem Schal zusammengebunden. Ganz locker.«
    »Sagst du! Ich konnte mich keinen Millimeter bewegen. Jemand wollte mich umbringen.«
    Mike warf Mercer einen Blick zu.
    »Behandelt mich nicht, als hätte ich sie nicht alle! Sind unter den Brettern schon früher Sachen gefunden worden?«
    »Tote Tiere. Sandwichleichen. Waffen. Dafür eignet sich der Keller bestens. Er ist das Spukhaus im Viertel.«
    »Und keiner will etwas gesehen haben? Niemanden, der sich vor dem Cottage herumtrieb oder weggelaufen ist?«
    Mercer zögerte. »Wir haben eine Beschreibung. Zwei Jungs, wahrscheinlich Mitglieder derselben Gang, die das Mädchen in die Zange genommen haben.«
    »Wie lautet die Beschreibung?«
    »Ist doch egal. Du hast sie ja eh nicht zu Gesicht bekommen«, sagte Mike. »Deine Aussage spielt bei der Identifizierung keine Rolle. Die Ärzte meinen, dass der Schlag dein Kurzzeitgedächtnis ausgelöscht hat. Also sogar wenn du jemanden gesehen oder gehört hättest, würdest du dich nicht daran erinnern.«
    »Wer ist der Zeuge?«, fragte ich.
    »Du kennst die Vorschriften.«
    »Hoffentlich nicht du«, sagte ich zu Mike. »Nach dem heutigen Tag würde ich mich ungern auf dich verlassen müssen. Und nur damit ihr es wisst: Ich will, dass im Polizeibericht steht, dass derjenige, der mich in dieses … dieses Loch im Boden gesteckt hat, mich umbringen wollte oder –«
    »Ach komm schon. Am helllichten Tag, kurz bevor das Cottage für den Besucherverkehr aufmachte.«
    »Oder vorhatte«, fuhr ich unbeirrt fort, »mich nach Einbruch der Dunkelheit irgendwohin zu verschleppen, um mir den Rest zu geben.«
    »Diese Kids wollten, dass du dich befreist und mitten während einer Schulführung aus der Kiste hüpfst, damit die ollen Vorstadtpennäler zu Hause etwas zu erzählen haben«, sagte Mike.
    Da klingelte das Telefon. Ich starrte es an und vergrub mich in meinem Kissen. »Wer weiß, dass ich hier bin? Ich will mit niemandem sprechen.«
    »Das wird Sarah sein«, sagte Mercer. »Sie hat sich den ganzen Tag Sorgen um dich gemacht. Ich habe sie gebeten, erst anzurufen, wenn du auf deinem Zimmer bist.«
    Ich nahm ihm den Hörer ab. »Habe ich noch einen Job?«
    Meine loyale Stellvertreterin hatte schon oft für mich die Stellung gehalten – wenn sich Prozesse in die Länge zogen, Ermittlungen immer komplizierter wurden oder mein Privatleben zu turbulent war; wir nannten solche Tage mentale Auszeiten.
    »Wie geht’s deinem Kopf?« Es tat gut, Sarahs Stimme zu hören. »Du weißt, dass ich hier überhaupt nie zum Zug kommen würde, wenn du jeden Tag am Schreibtisch sitzen würdest. Ich hatte dich für die Dauer der Upshaw-Ermittlungen ohnehin abgeschrieben. Der Boss meint, du sollst dich noch eine Woche schonen, und ich bin ganz seiner Meinung.«
    Sarah versicherte mir, dass sie alles im Griff hatte. Wir plauderten noch ein paar Minuten, ich bedankte mich für ihre Freundschaft und legte auf.
    Als der Arzt kam, hatte er sich die Untersuchungsergebnisse angesehen und bestätigte, dass ich weder Brüche noch eine Gehirnerschütterung hätte. Wenn mein Zustand die Nacht hindurch stabil blieb, würde er morgen früh die Entlassungspapiere unterschreiben.
    Während wir auf den Boten mit meiner Suppe warteten, aß Mike zusammen mit Mercer die Pizza und schaltete den Fernseher ein. Zeit für Jeopardy!
    Trebek verkündete, dass die letzte Kategorie »Berühmte Namen« sei.
    »Ein ausgeglichenes Spielfeld«, sagte Mike. »Ist jeder mit zwanzig Kröten dabei?«
    Mercer nickte.
    »Kein Interesse«, sagte ich. Dann fiel mir etwas ein. »Wo ist meine Handtasche?«
    »Du hast sie im Auto gelassen, als wir zum Cottage gingen. Erinnerst du dich nicht mehr?«
    »Nicht wirklich. Ich bin wohl ein bisschen durcheinander.«
    »Die Tasche ist jedenfalls noch da. Wie hätte ich sonst das Essen bezahlen können?«, fragte Mike.
    »So nannte sich der große Kartograph, der 1512 als Gerhard Kremer geboren wurde und das Wort ›Atlas‹ prägte – nach dem von ihm verehrten Titan der Sage«,

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