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Im Saal der Toten

Im Saal der Toten

Titel: Im Saal der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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    »Ist sie groß genug, um als Fessel in Frage zu kommen?«
    »Ich zeig sie dir gleich. Vielleicht war sie ein Mundknebel, aber für eine Fessel ist sie meines Erachtens zu kurz«, sagte Andy, während er mit der Taschenlampe jede Ritze ausleuchtete.
    Mike hielt eine braune Papiertüte auf. »Ein Knebel wäre auch gut. Dann hätten wir etwas Speichel für eine DANN-Analyse.«
    »Freu dich nicht zu früh. Erst müssen wir wissen, wie lange sie da drinnen gesteckt hat. Die Rückwand des Hauses weist einige Löcher auf. Professor«, rief Andy über die Schulter. »Sind Sie noch da? Was grenzt von außen an diesen Keller?«
    »Ein kleiner Innenhof«, antwortete Davis.
    »Aha, deshalb sind die Knochen so sauber. Das heißt nicht unbedingt, dass sie seit zweihundert Jahren hier war.«
    »Maden?«
    »Eher Mäuse. Feldmäuse, Eichhörnchen, Ungeziefer, das durch die Ritzen hereinkommt. Sie nagen das Fleisch ab, lassen aber die Bänder unversehrt. Sie ist ausgetrocknet, fast mumifiziert.«
    »Wie konntet ihr die Knochen datieren, die ihr letztes Jahr Midtown gefunden habt?«
    »Dank einer glänzenden Zehn-Cent-Münze von 1966, die mit ihnen eingemauert war«, sagte Andy. »Was natürlich nicht heißt, dass die Frau in dem Jahr ermordet worden ist, aber früher kann es auf keinen Fall gewesen sein.«
    Er hob die dunkle Socke mit einer Zange auf und gab sie Mike zum Eintüten.
    »Irgendwelches Kleingeld?«, fragte Mike.
    »Nein, aber etwas Zylinderförmiges.« Andy holte etwas aus dem Spalt hervor, das wie ein kleiner Ring aussah. Ein Assistent verschloss und beschriftete die Tüte, dann reichte er sie mir.
    Der goldfarbene Ring war angelaufen und staubverkrustet. An seiner breitesten Stelle war etwas in schwarzer Kursivschrift eingraviert. »Das könnten Initialen sein. Sieht nach einem A und einem T aus.«
    Kein Datum, kein Prägestempel. Ein billiger Ring, wie ihn eine junge Frau tragen würde.
    »Komm mal her.« Andy, der der Länge nach auf dem Boden lag, rutschte zur Seite, um für Mike Platz zu machen, und reichte ihm die Taschenlampe. »Hier steht was geschrieben.«
    »Wo?«
    »Sieht aus wie ein Stück Stoff, das zwischen die Ziegelsteine geraten ist. Siehst du’s?«
    Mike leuchtete in den Hohlraum und las laut: »›Cappozellis Rattengift. Hergestellt in‹ – ich kann nur die ersten drei Buchstaben erkennen – D-e-t . Wahrscheinlich Detroit.«
    »Steht ein Datum dabei?«
    »Geduld ist eine Tugend, Blondie.« Mike drückte sich die Nase an der Mauer platt. »Da ist ein Totenschädel drauf. ›Nicht für Kinder geeignet.‹ Sieht so aus, als wäre Poe entlastet. Das Gift ist 1978 abgefüllt worden.«
     

6
     
    Dorfmans Assistenten entfernten die Ziegelsteine über dem Stofffetzen, damit er zusammen mit den anderen Fundstücken inventarisiert werden konnte. »Diese Lady ist also nicht vor 1978 eingemauert worden«, sagte Andy.
    »Nackt und geknebelt?«
    »Wahrscheinlich. Obwohl dieses Gift so aggressiv ist, dass es alles, was sie bei sich hatte – egal ob Kleidung oder Papier –, aufgefressen haben könnte.«
    »Sie sind sich sicher, dass sie noch gelebt hat, als sie eingemauert wurde?« Ich wurde dieses Bild nicht los; der Gedanke, bei lebendigem Leib begraben zu werden, weckte tief sitzende Ängste in mir.
    Mike und Andy sahen sich an. »Warum sollte man jemanden knebeln, der schon tot ist, was meinst du, Mike?«
    »Kommt drauf an, was für Spielchen sie gespielt haben. Wie geht’s jetzt weiter?«
    »Für heute machen wir erst einmal Schluss«, sagte Andy. »Sorgt dafür, dass die Polizei das Gebäude abriegelt. Ich komme morgen wieder, um mir das Skelett noch einmal gründlich von Kopf bis Fuß vorzunehmen. Jetzt möchte ich sie nicht umdrehen.«
    »Wonach wirst du suchen?«
    »Nach Anzeichen von Gewalteinwirkung, alten Knochenbrüchen oder Verletzungen. Irgendetwas, das uns hilft, die Todesursache zu bestimmen, für den unwahrscheinlichen Fall, dass es nicht Sauerstoffmangel war. Brüche oder Zahnbehandlungen können wir mit ärztlichen Unterlagen abgleichen, um die Leiche zu identifizieren.«
    »Also Miss A.T. ist vor circa fünfundzwanzig, sechsundzwanzig Jahren verschwunden, jetzt müssen wir nur noch herausfinden, wer sie ist und warum sie hier eingemauert wurde«, sagte Mike.
    Wir hatten nun also zwei Unbekannte, auch wenn sie nichts miteinander zu tun hatten – den Seidenstrumpfvergewaltiger und dieses Skelett. Ich hätte gerne

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