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Im Saal der Toten

Im Saal der Toten

Titel: Im Saal der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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preiszugeben?«
    »Sie ist tot, also ist die Frage der Schweigepflicht –«
    Guidi beugte sich vor und fiel McKinney ins Wort. »Verdammt noch mal, ja. Sie ist tot. Und wissen Sie was? Um sie ist es nicht einmal schade. Keiner hat ihr eine Träne nachgeweint, also ist es gut zu wissen, dass sie endlich zur Ruhe gebettet werden kann. Aber das Letzte, was ich in einer Fernsehshow sehen will, ist ein Bericht über meine kaputte Jugend als Junkie.«
    »Sie wurde bei lebendigem Leib begraben, Mr Guidi. Derjenige, der das getan hat, muss sie ziemlich gehasst haben.«
    Gino Guidi bedeckte seine Augen mit der Hand und legte den Kopf in den Nacken. »Ich habe es in den Nachrichten gesehen. Ich dachte zuerst, sie wäre an den Falschen geraten und hätte dieselben Fehler gemacht wie ich.« Er fuhr sich mit dem Finger über die Narbe. »Aber das ist wirklich schrecklich.«
    »Haben Sie Dr. Ichiko bedroht?« McKinney schlug eine andere Gangart ein, um seine Autorität unter Beweis zu stellen.
    Guidi zog an seiner Zigarette. »Jetzt verstehe ich. Er hat unser Gespräch auf Band aufgezeichnet. Ja, ich habe ihn bedroht. Na und? Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn drankriegen würde, egal wie. Ich habe gedroht, ihn zu verklagen, wenn er seinen orientalischen Hintern nicht in Sicherheit bringen würde.«
    Mike meldete sich zum ersten Mal zu Wort. »Teppiche sind orientalisch, Mr Guidi. Menschen sind asiatisch. Ist dir das politisch korrekt genug, Coop?«
    Guidi riss den Kopf herum und sah Mike an. »Ich habe ihm gedroht, dass er ein toter Mann wäre, falls er sich mit mir anlegte.«
    Ich schrak hoch, als jemand heftig gegen das Türglas klopfte. Ohne eine Antwort abzuwarten, öffnete derjenige die Tür und betrat das Zimmer.
    »Schluss jetzt, McKinney.« Es war Roy Kirby, Partner in einer renommierten Anwaltskanzlei. »Sagen Sie mir, wo ich in Ruhe mit meinem Klienten sprechen kann. Gino, kein Wort mehr!«

 

21
     
    Wir verließen den Raum, damit sich Kirby und sein Klient beraten konnten.
    »Weiß er, dass Dr. Ichiko tot ist?«, fragte Mike.
    »Den Eindruck hatte ich nicht«, sagte McKinney. »Außer er kam hierher, um sich das perfekte Alibi zu besorgen. So nach dem Motto: ›Ich? Ich war bei der Polizei, als Ichiko den Wasserfall hinunterstürzte. Sie können sie ruhig fragen.‹«
    »Gratuliere, Pat. Dank Ihrer Vernehmungstaktik wissen wir alles – außer dem, was wir wirklich brauchen: den Namen des Mörders von Aurora Tait. Der sie so sehr hasste, dass er sie lebendig einmauerte. Sie hätten Scottys Fall für ihn lösen können.«
    »Nicht so feindselig, Mike. Noch bevor Sie beide gekommen sind, hat Guidi mir gesagt, dass er nichts Genaues weiß. Er könne nur Vermutungen anstellen. In der Therapiegruppe waren nur Studenten oder ehemalige Studenten. Sie verwendeten alle Spitznamen, damit man sie nicht offiziell mit der Uni in Verbindung bringen konnte.«
    »Hat er Ihnen einen Spitznamen genannt?«
    McKinney sah auf seinen Block. »Monty. Guidi meint, es könnte sein, dass jemand namens Monty Aurora gern tot gesehen hätte.«
    Das stimmte mit dem Spitznamen überein, den uns Emily Upshaws Freund, Teddy Kroon, genannt hatte. Da McKinney nichts über die Ermittlungen im Fall Upshaw wusste, sagte ihm der Name Monty nichts. Mike blinzelte mir zu.
    »Was weiß Guidi über Monty? Was hat er noch gesagt?«
    »Dass er Literatur studiert hat. Guidi glaubt sich zu erinnern, dass er Dichter oder Schriftsteller war.«
    »Ist Guidi damals, als Aurora verschwand, zur Polizei gegangen?«, fragte ich.
    »Nein. Er sagt, er war zu sehr auf Drogen. Als sie verschwand, dachten die meisten, dass sie entweder die Stadt verlassen hatte oder bei einer Drogenrazzia verhaftet worden war und im Gefängnis saß.«
    Eine Viertelstunde später wurde McKinney von Roy Kirby wieder ins Zimmer gerufen, während Mike sich ans Telefon klemmte, um einige Termine für den nächsten Tag abzuklären. Welche Vereinbarung auch immer sie trafen – Scotty, Mike und ich waren nicht eingeweiht. Als McKinney wieder aus dem Büro kam, bat er Taren, sie in das Vernehmungszimmer mit dem Einwegspiegel zu bringen, damit Taren den Rest der Unterhaltung mitverfolgen konnte, ohne von Guidi gesehen zu werden. Mike und ich wurden mit dem Argument abgespeist, dass Guidi sich im Beisein von so vielen Ermittlern nicht wohl fühle. Aber nachdem McKinney mit dem Zeugen im Vernehmungszimmer verschwunden war, winkte uns Taren zu sich in das dunkle Kämmerchen.
    Gino Guidi erklärte

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