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Im Saal der Toten

Im Saal der Toten

Titel: Im Saal der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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gerade, was er über Aurora Tait und den Mann mit dem Spitznamen Monty wusste.
    »Das Programm, in dem wir waren – SABA – orientierte sich am Zwölf-Schritte-Modell der Anonymen Alkoholiker. Wissen Sie darüber Bescheid?«, fragte Guidi.
    »Im Großen und Ganzen, ja. Aber seien Sie doch bitte etwas genauer«, sagte McKinney.
    »Als ersten Schritt muss man zugeben, dass man dem Alkohol gegenüber machtlos ist und sein Leben nicht länger meistern kann. Der zweite Schritt ist, den Glauben an eine höhere Gewalt anzuerkennen, die einem dabei hilft, die geistige Gesundheit wiederzuerlangen. Als Nächstes willigt man ein, sein Leben Gott anzuvertrauen – wie auch immer man sich Gott vorstellt – und dann eine gründliche Inventur seines Inneren vorzunehmen«, sagte Guidi und zog an seiner Zigarette. »Beim fünften Schritt bekam Monty keine Luft mehr.«
    »Was meinen Sie damit?«, fragte McKinney.
    »Ich glaube, der fünfte Schritt ist, dass man sich selbst, Gott und einem anderen Menschen gestehen muss, was genau man falsch gemacht hat. Die meisten von uns haben Menschen, die wir lieben, verletzt, haben Geld geklaut, um davon Drogen zu kaufen, den Familienschmuck verhökert – Dinge in der Art.« Er drückte seine Zigarette in dem Aschenbecher auf dem Tisch aus und schüttelte den Kopf.
    »Und Monty?«
    »Eines Tages saß ich vor einem Treffen auf einer Bank im Washington Square Park. Ich kannte den Kerl eigentlich gar nicht, nur seinen Scheiß, den er in jeder Stunde herunterspulte, wie er vom Internat geflogen war und dass er Waise war und so weiter. Aber ehe ich mich’s versah, erzählte er mir, dass er eigenartige Träume gehabt hätte.«
    »Träume?«, fragte McKinney.
    »Ja, Albträume. Er meinte, er hätte Visionen, jemanden umgebracht zu haben.«
    »Hat er Ihnen gesagt, wen?«
    »Er hat keinen Namen genannt. Ich meine, ich wusste nicht, dass es Aurora Tait war. Er erzählte mir, dass er nachts nicht schlafen konnte, weil er glaubte, eine Frau umgebracht zu haben. Irgendeine Tussi, die ihn verraten hätte. Er sagte, dass er in den Ferien auf dem Bau gejobbt hätte – ab da wurde er immer seltsamer – und dass er Baumaterialien benutzt hätte, um sie hinter einer Wand einzumauern.«
    »Was haben Sie gemacht?«
    »Gemacht?«, fragte Guidi verdutzt.
    »Haben Sie jemandem davon erzählt?«
    »Ich dachte einfach, dass er sich wieder zugekifft hatte, Mr McKinney. Albträume, Halluzinationen, Blackouts – das kannten wir alle. Ich habe seine Paranoia der Tatsache zugeschrieben, dass er wieder Crack nahm. Ich wusste aus eigener Erfahrung, wie sich das anfühlte.«
    »Wissen Sie, ob er – dieser … dieser Monty noch jemand anderem davon erzählt hat?«
    »Keine Ahnung.«
    »Können Sie mir die Namen – das heißt die Spitznamen – der anderen Leute in Ihrer SABA-Gruppe geben?«, fragte McKinney.
    Guidi sah Roy Kirby an. »Nein. Nein, das kann ich nicht.«
    »Sie können nicht oder Sie wollen nicht.«
    »Ich habe gesagt, ich kann es nicht. Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit.«
    Mike flüsterte mir und Scotty zu: »Warum lässt sich McKinney weich klopfen? Lasst mich zehn Minuten zu Gino, und wir haben ihre Namen und Sozialversicherungsnummern. Er ist zu intelligent, als dass er sie vergessen hätte.«
    »Du hast Recht«, sagte Scotty, »aber für ihn steht zu viel auf dem Spiel. Vermutlich wird ihm Pat vor der Grand Jury stärker auf den Zahn fühlen.«
    McKinney stand auf und schüttelte Gino Guidi die Hand. »Ich melde mich bei Roy, falls wir noch etwas von Ihnen brauchen. Aber unsere Abmachung gilt.«
    »Welche Abmachung, verdammt noch mal?«, fragte Mike.
    Ich wartete an der Tür zum Vernehmungsraum auf McKinney. »Habe ich da etwas verpasst? Was meinten Sie mit ›Abmachung‹?«
    »Kirby ließ mich Guidi unter der Bedingung vernehmen, ihn unter Berufung auf die Schweigepflicht nicht vor Gericht vorzuladen.«
    »Schweigepflicht?«, fragte ich. »Reden Sie von Dr. Ichiko? Der ärztlichen Schweigepflicht?«
    »Nein, nein. Von der geistlichen.«
    »Ich steh auf dem Schlauch«, sagte Mike. »Trägt hier jemand einen Priesterkragen?«
    »Kirby hat einen Fall im Westchester-Bezirk bearbeitet. Er hat ihn mich gerade lesen lassen. Laut diesem Urteil im zweiten Bezirk handelt es sich bei den Anonymen Alkoholikern um eine religiöse Gruppierung. Die geistliche Schweigepflicht schützt auch Mitteilungen, die während unkonventioneller religiöser Ausdrucksformen gemacht werden«, prahlte McKinney mit seinem neu

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