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Im Saal der Toten

Im Saal der Toten

Titel: Im Saal der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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ich mich von zwei Polizisten auf die Balustrade neben den versteinert dreinblickenden Elias Howe ziehen ließ. Dann folgte ich Mike zum Krankenwagen, in den die Sanitäter gerade Noah Tormey verfrachteten.
    Einer der Sanitäter wackelte mit dem Finger. »Es tut mir Leid, Sie werden ihn im Krankenhaus vernehmen müssen. Bei einer Schusswunde können wir nicht warten.«
    Mike schob mich in den Krankenwagen. »Wir kommen mit. Wir brauchen ebenfalls ärztliche Hilfe. Ich habe lauter Kratzer und Schnittwunden.« Er kletterte in den Wagen, zog die Tür hinter sich zu und zückte seine Dienstmarke. »Wir fahren zum Columbia Presbyterian Hospital.«
    »Das hier ist kein Taxiservice, Chef. Wir sind eine Bronx-Einheit.«
    »Und mir ist das Leben des Professors zu wichtig, um es einer Notaufnahme in der Bronx anzuvertrauen, verstanden? Nur über den Fluss und wir sind praktisch da.«
    Der Sanitäter wählte den Weg des geringsten Widerstands. Er befahl seinem Kollegen, über die University-Heights-Brücke zum Columbia Presbyterian Hospital zu fahren, einem der besten Krankenhäuser Manhattans. Das an der Nordspitze der Insel gelegene Krankenhaus war in dem Fall ohnehin das nächstgelegene.
    Der gewissenhafte junge Sanitäter stabilisierte Noah Tormey, zog ihm die Jacke aus, zerriss das Hemd, um die Wunde zu untersuchen und bereitete eine Infusion vor, damit er, falls nötig, gleich in den OP-Saal gebracht werden konnte.
    Ich hatte mir die Handgelenke aufgeschürft und einen langen Kratzer am Kinn. Ich legte meinen Kopf an Mikes Schulter und spürte seinen schnellen Pulsschlag.
    Mikes Gesicht war von den Ästen zerkratzt worden, als er den Abhang hinuntergerollt war. Ich tupfte ihm die Stirn ab, bis er meine Hand beiseite schob.
    »Wie fühlen Sie sich, Professor?«, fragte Mike.
    Das Zucken war nicht mehr ganz so ausgeprägt. »Ich habe noch nie so große Angst gehabt. Warum hat man auf Sie geschossen?«
    »Irrtum, Kumpel. Warum hat man auf Sie geschossen? Das ist die Frage. Irgendwelche Probleme, von denen Sie uns erzählen möchten?«
    Tormey flüsterte ein Nein.
    Der Sanitäter überprüfte Tormeys Vitalzeichen. »Wie wär’s, wenn Sie etwas Rücksicht auf seinen Blutdruck nehmen würden, Chapman?«
    »Hat außer Ihren Studenten noch jemand von dieser kleinen Zeremonie gewusst?«
    »Es stand natürlich in der Studentenzeitung. Der Geschichtsverein der Bronx listet, glaube ich, auch alle Veranstaltungen auf. Aber ich kann mir nicht vorstellen –«
    »Denken Sie gut nach, Professor. Sie werden die nächsten Tage im Krankenhaus genug Zeit haben, sich auf die heutige Schützendarbietung zu konzentrieren. Ihre alte Freundin Emily Upshaw wurde ermordet. In ihrer eigenen Wohnung brutal erstochen.«
    Tormey zuckte zusammen und schloss die Augen.
    »Das wiederum hängt wahrscheinlich mit einem Skelett zusammen, das man letzte Woche im Keller eines Hauses in Greenwich Village gefunden hat. Genauer gesagt, des Hauses, in dem Mr Poe einst gewohnt hat.«
    Seine Mundwinkel zuckten heftiger, und er presste die Augen noch fester zusammen.
    »Dr. Ichiko stürzt den einzigen Wasserfall in der Stadt hinab, wobei sein Schädel in so viele Stücke zerspringt, dass man damit ein Puzzle legen könnte. Und bei Ihnen testet jemand seine Schießkünste.«
    Tormey schlug die Augen auf und sah mich an.
    »Miss Cooper, werde ich im Krankenhaus Personenschutz haben? Vielleicht war es ja auch nur ein böser Streich, und jemand hat aus dem fahrenden Auto auf uns geschossen?«
    »Die Schüsse kamen nicht aus einem Auto, Professor. Die Spurensicherung wird den Tatort gründlich untersuchen, aber so wie es aussieht, hat jemand auf Sie gewartet. Und ja, die Polizei wird dafür sorgen, dass Sie im Krankenhaus Personenschutz bekommen.«
    Sein Blick wanderte zu Mike. »Aber nicht –«
    »Nein, keine Sorge.« Das schien Tormeys größte Angst zu sein: im Krankenhausbett zu liegen und von Chapman ins Kreuzverhör genommen zu werden.
    »Ich habe seit Jahren nicht mehr an Emily Upshaw gedacht, Miss Cooper. Glauben Sie wirklich, dass das etwas mit ihr zu tun hat?«, fragte Tormey.
    Mike spürte die Abneigung des Professors gegen ihn, also wandte er sich ab und tat so, als würde er sich Notizen machen.
    »Sieht ganz danach aus«, sagte ich.
    »Was die Sache mit der Kaution angeht – ich erinnere mich langsam daran«, sagte Tormey.
    Komisch, wie etwas Todesangst dem Gedächtnis auf die Sprünge half!
    »Emily arbeitete damals als meine Hilfskraft. Sie brauchte

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