Im Saal der Toten
Clubs und Cliquen – die Baker Street Irregulars, das Wolfe Pack, Poirot’s Peers. Ich bin mir sicher, dass auch Tolstoi und Trollope, Mozart und Mahler ihre Anhänger haben.«
»Sie bringen sich aber nicht unbedingt gegenseitig um«, sagte Mike.
Ken kam vorbei, um nach uns zu schauen. »Braucht ihr den Fernseher?«
»Gute Idee! Wir haben Jeopardy! schon gestern Abend versäumt. Lasst es uns ansehen, und dann bestellen wir«, sagte Mike.
Wir hatten gerade unseren ersten Drink getrunken, als Alex Trebek auf dem großen Bildschirm in der Lounge die letzte Kategorie verkündete: »Naturwissenschaftliche Theorien.«
Zwei der drei Kandidaten stöhnten mit uns auf.
»Ich passe«, sagte ich. »Mein schwächstes Gebiet.«
»Feigling!«, sagte Mike. »Wie wär’s mit zehn Dollar? Dafür bekommen wir hier nicht mal eine Flasche Wasser.«
Die eingeblendete Antwort lautete, dass die in den 1960er Jahren allgemein akzeptierte Urknall-Theorie erstmals hundert Jahre zuvor in diesem prophetischen Werk beschrieben worden war.
»Für mich noch einen Grey Goose«, sage Mike. »Lasst uns was zu futtern bestellen.«
Keiner von uns hatte den leisesten Schimmer, und auch die drei Kandidaten verloren ihren Einsatz.
»Nein«, sagte Trebek dem Anthropologiestudenten, der als Einziger eine Vermutung wagte. »Hubble kam ein bisschen später. Die Antwort hat mich selbst überrascht, meine Herren. Was ist ›Heureka‹? Erinnern Sie sich? In einem Werk namens ›Heureka‹ behauptete Edgar Allan Poe, dass das Universum in ›einem urplötzlichen Blitz‹ aus einem einzigen Urpartikel explosionsartig entstand. Unglaublich, oder, dass dieser Amateursternengucker im Jahr 1848 eine Version des Urknalls beschrieb, die bis heute von der Wissenschaft noch nicht widerlegt werden konnte?«
»Habt ihr auch das Gefühl, vom Schicksal verfolgt zu sein?«, fragte Mike. »Langsam wird es unheimlich, auf Schritt und Tritt diesem Poe zu begegnen.«
Wir bekamen einen Tisch im Erdgeschoss, nahe der Küche. Ich wartete, während Mercer Vickee Bescheid sagte, dass er später nach Hause kommen würde, und Mike Valerie in ihrem Skiort zu erreichen versuchte.
Wir bestellten jeder ein New York Stripsteak – das 400-Gramm-Steak für Mike und Mercer, das 300-Gramm-Steak für mich. Mike häufte Zwiebelringe und Pommes darauf, und Ken verwöhnte uns mit einem hervorragenden Bordeaux aus seinem fabelhaften Weinkeller.
»Wer möchte Sally Brandon anrufen und ihr sagen, dass ihre Tochter weiß, wer ihre richtige Mutter ist?«, fragte Mercer.
»Klingt nach Frauensache.«
»Ich erledige es morgen Nachmittag. Und sobald wir wieder mit Tormey sprechen können, müssen wir ihn fragen, ob Emily ihn tatsächlich angerufen hat.« Dann wechselte ich das Thema. »Wie geht’s Val?«
»Sie ist völlig aus dem Häuschen. Die ganze Familie ist in Kanada bei diesem Heli-Skiing.«
Ich lachte. »Deshalb haben sie dich auch nicht mitgenommen. Wissen sie, dass ihr Super-Macho-RoboCop Angst hat, im Hubschrauber zu fliegen?«
»Hey, für dich hab ich’s einmal gemacht, oder etwa nicht?«
»Aber nur, weil ich dich nicht gebeten habe, rauszuspringen.«
»Letztes Jahr war Val von der Chemo so angeschlagen, dass sie nicht mitkommen konnte. Deshalb dachte ihr Vater, dass es dieses Mal ein so besonderes Geschenk für sie sei. Sie und ihr Bruder sind wie Cowboys auf Brettern – du solltest dir mal ihre Videos ansehen.«
Das leckere Essen war ein schöner Ausklang eines seltsamen Tages. Als wir das Restaurant verließen, verabredeten wir, dass mich die beiden am nächsten Morgen um halb neun Uhr zu Hause abholen würden. Während Mercer sich auf den Heimweg machte, fuhr mich Mike die Third Avenue hinauf und lud mich kurz vor zehn Uhr vor meiner Haustür ab.
Ich hatte noch nicht lange geschlafen, als das Telefon klingelte.
»Ich weiß, dass du dich nicht gefreut hättest, es aus den Morgennachrichten zu erfahren«, sagte Mercer.
Ich blinzelte auf den Radiowecker. 1:35 Uhr.
»Du rufst vermutlich nicht an, um mir zu sagen, dass dir dein Steak nicht geschmeckt hat.«
»Ich bin wieder in deinem Viertel. Unser Seidenstrumpfvergewaltiger hat es erneut versucht. 81. Straße Ost, Ecke York Avenue. Aber die Frau hat ihn mit ihrem Pfefferspray vertrieben.«
»Gott sei Dank! Geht es ihr gut?«
»Sie hält sich tapfer. Ich bin gerade dabei, sie zu befragen. Als er sich an die Augen fasste, ließ er das Messer fallen. Sie hob es auf und ging damit auf ihn los.«
»So viel zu seinen
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