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Im Schatten der Akazie

Im Schatten der Akazie

Titel: Im Schatten der Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Stammes trank Milch und aß Datteln, hütete sich jedoch vor Wein und Bier, die er für dämonisch hielt, weil sie die Gedanken verbrannten.
    Seine Leibwache setzte sich ausschließlich aus Männern seines Dorfes zusammen, die ohne ihn arme Bauern geblieben wären. Dank seiner konnten sie sich satt essen, richtig kleiden, mit Lanzen, Schwertern, Bogen und Schleudern bewaffnen und die Frauen aussuchen, die ihnen gefielen. Deshalb verehrten sie Malfi in einem wahren Kult und betrachteten ihn als die Verkörperung des Geistes der Wüste. War er nicht so schnell wie ein Panther, waren seine Finger nicht so scharf wie Klingen, und hatte er nicht auch am Hinterkopf Augen?
    »Herr, es gibt eine Schlägerei«, meldete ihm sein Wasserträger.
    Malfi, mit kantigem Gesicht, die breite Stirn halb unter einem 155

    weißen Turban verborgen, erhob sich ohne Hast und trat aus seinem Zelt.
    Das Lager, in dem sie sich ertüchtigten, beherbergte etwa fünfzig Männer, die am hellen Mittag mit blanker Waffe oder bloßen Fäusten aufeinander losgingen. Malfi mochte die besonders harten Bedingungen, die Hitze und Wüste boten und unter denen nur die Kämpen mit wahrhaft kriegerischem Wesen als Sieger aus den ihnen auferlegten Prüfungen hervorgingen.
    Diese Prüfungen waren indes unerläßlich angesichts der Aufgabe, die der noch im Aufbau befindlichen libyschen Armee harrte: die Vernichtung von Ramses. Nie würde Malfi vergessen, wie viele Generationen libyscher Stammesfürsten von Pharaonen gedemütigt worden waren. Die Feindseligkeiten währten schon seit Jahrhunderten und spitzten sich von Zeit zu Zeit immer wieder zu, wenn die Ägypter den zwar tapferen, aber schlecht vorbereiteten Wüstenstämmen neue Niederlagen zufügten.
    Ofir, Malfis älterer Bruder, hatte eine Waffe benutzt, von der er sich den entscheidenden Erfolg versprach: die Schwarze Magie, die er in den Dienst seines Spionagenetzes und der Hethiter gestellt hatte. Daß er damit gescheitert war, hatte er mit dem Leben bezahlen müssen, und Malfi schwor sich, ihn zu rächen. Nach und nach gelang es ihm, die libyschen Stämme zusammenzuschließen, und über kurz oder lang würde er ihr unangefochtener Anführer werden.
    Die Begegnung mit dem Hethiter Uriteschup bot ihm eine zusätzliche Aussicht auf Erfolg. Bei einem so wertvollen Verbündeten blieb der Sieg nicht mehr nur ein unerfüllbarer Wunschtraum. Malfi würde Jahrhunderte der Schmach und Enttäuschung tilgen.
    Ein außerordentlich angriffslustiger Krieger von gedrungenem Wuchs hatte vergessen, daß es sich nur um eine 156

    Übung handelte, und sich dazu hinreißen lassen, gleich zwei Gegner mit Faustschlägen niederzustrecken, obwohl sie sogar größer als er und mit Lanzen bewaffnet waren. Während Malfi auf ihn zuging, gefiel sich der Mann darin, den Kopf eines seiner Opfer mit Füßen zu treten.
    Da zog Malfi einen Dolch aus seinem Gewand und stieß ihn dem stämmigen Krieger in den Nacken.
    Sogleich wurden die Zweikämpfe unterbrochen. Alle Gesichter wandten sich Malfi zu.
    »Übt weiter, aber verliert nicht die Beherrschung«, befahl der Libyer. »Und ruft euch ins Gedächtnis, daß der Feind überall auftauchen kann.«
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    ZWEIUNDZWANZIG
    ER GROSSE AUDIENZSAAL von Pi-Ramses versetzte je
    D den, der ihn sah, in Staunen. Selbst Höflinge, die daran gewöhnt waren, die breite Treppe hinaufzusteigen, empfanden tiefe Ergriffenheit, sobald sie die Darstellungen vernichtend geschlagener und vom Pharao den Gesetzen der Maat unterworfener Feinde erblickten. Über der Eingangstür prangten Ramses’ Krönungsnamen in Blau auf weißem Grund, umschlossen von ovalen Zierrahmen, die symbolisch zum Ausdruck bringen sollten, daß die ganze Welt dem Herrn der Beiden Länder Untertan war.
    Audienzen, zu denen der gesamte Hofstaat geladen war, fanden selten statt. Nur außergewöhnliche Ereignisse, bei denen Ägyptens Zukunft auf dem Spiel stand, bewogen Ramses dazu, alle hohen Beamten zu versammeln.
    Angst ging um. Glaubte man den Gerüchten, dann hatte sich der Zorn des hethitischen Königs nicht gelegt. War er nicht beleidigt worden, weil Ramses es zunächst abgelehnt hatte, sich mit seiner Tochter zu vermählen? Die späte Einwilligung des Pharaos vermochte diese Schmach nicht zu tilgen.
    Der Fußboden des großen Saales bestand aus gebrannten und glasierten Tontafeln, die sich zu Bildern zusammensetzten: zu Wasserbecken und blühenden Gärten sowie zu einem blaugrünen Teich mit Enten und Fischen zwischen weißem

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