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Im Schatten der Blutrose - Vampir-Roman (German Edition)

Im Schatten der Blutrose - Vampir-Roman (German Edition)

Titel: Im Schatten der Blutrose - Vampir-Roman (German Edition)
Autoren: Anja Hochmuth
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es
hinunter. Als der Blutfluss endlich zum Stillstand kam, ließ der junge Vampir
von mir ab und betrachtete mich um Verzeihung flehend.
    „Es tut mir leid, aber ich kann dich nicht sterben
lassen!“, sagte er so zerknirscht, dass ich beinahe schon Mitleid bekam. Ich
wollte etwas sagen, aber meine Zunge war bleischwer. Auf einmal hob mich Ayden
hoch und trug mich irgendwohin. Als Nächstes – obwohl meine Sinne stetig an
Schärfe verloren – spürte ich ein Brennen in mir. Es war nicht mein Rücken,
sondern mein Magen. Was hatte Aydens Blut auf mich für eine Wirkung? Ich richtete
meine Aufmerksamkeit auf mein Inneres und fühlte, wie sich das Brennen von
meinem Magen ausgehend verbreitete. Es befiel alle Organe in meinem Bauch,
kroch langsam die Adern und Venen entlang zu meinen Gliedmaßen, erreichte sogar
meinen Kopf, meine Lunge, mein Herz. In jede noch so kleine Zelle schien es
vorzudringen und den kläglichen Rest meiner Sinne noch weiter zu vernebeln. Was
mir jedoch Angst einjagte, war das Brennen und Ziehen in meinem Herzen. Mit
jedem Herzschlag, der mein lebenswichtiges Blut durch meine Adern jagte, wurde
der Schmerz in meinem gesamten Körper kurzzeitig unerträglich, dann nahm er ab
und beim nächsten Herzschlag ging es von vorn los. Es war ein alternierendes
System, aus dem ich nicht entkommen konnte.
    Ayden legte mich irgendwo ab, wie ich am Rande
bemerkte. Es war dunkel. Vielleicht der Keller? Es interessierte mich nicht.
Die Schmerzen wurden mit jeder Minute, die verging, immer schlimmer, sodass ich
versucht war, mir zu wünschen, dass ich endlich starb und ihnen auf ewig
entkommen konnte. Keine Schmerzen mehr ... nie wieder ... was für ein Paradies ...
Und endlich driftete ich ab in das Nichts, in die unendliche, samtene Schwärze.
Aber die Schmerzen ... Sie waren immer noch da. Lief irgendetwas falsch?
Sterben sollte doch so leicht sein. Wenn man den Worten der vielen Priester und
Heiligen Glauben schenkte, so war das Leben gleichzeitig Geschenk und Last. Eine
Last, die man entweder ertrug oder sie feige abwarf, indem man sich irgendwann
das Leben wieder nahm. Aber wenn der Tod gleichbedeutend mit dem Abwerfen der
Last war, dann musste es doch leicht und ruhig gehen und nicht ... nicht so .
Ich wurde selbst in dieser Schwärze von den Schmerzen heimgesucht, fühlte
selbst hier die Machtlosigkeit, die mit ihr einherging, als wenn sie beide zwei
Seiten einer Medaille wären, und wurde auch hier von Gefühlen geplagt, die
alles noch schlimmer machten. Meine Gedanken – sie schliefen nicht. Mein Herz –
es schlief nicht. Ich schlief noch nicht den ewigen Schlaf. Aber wieso?
     
    Wo auch immer ich war, Zeit spielte hier keine Rolle.
Wie auch? Alles war dunkel, einen Sonnenzyklus gab es nicht und zumindest eines
war mir genommen worden. Und das war die Müdigkeit. Ich war wach, die ganze
Zeit wach, den übermenschlichen Schmerzen ausgesetzt und gleichzeitig unfähig,
etwas an alledem zu ändern. Oder war das hier doch der Tod? Das endlose Treiben
in Raum und Zeit, ohne Sterne, Sonnen, Planeten? Aber wieso konnte ich mich
dann immer noch an alles aus meinem Leben erinnern? In manchen Religionen glaubte
man daran, dass die Seele eines Verstorbenen wiedergeboren werden könnte.
Wartete ich jetzt darauf, in meinen neuen Körper einzutreten und wurde deshalb
weiterhin den Schmerzen ausgesetzt? Damit ich nicht vergaß, wie es war, sie zu
empfinden? Nein, das machte nun wirklich keinen Sinn. Aber was konnte
das hier sein? Die Grenze zwischen Leben und Tod? Auch nicht, denn tief in
meinem Herzen hatte ich bereits gewusst, dass ich sterben würde, sollte ich
Ayden und seiner Familie helfen. Das hatte zwischen den Zeilen der Worte des
Wolfes hindurchgeschimmert, wie ein einzelner glitzernder Eiszapfen an einem
kleinen Wasserfall eines Bachs.
    Ich versuchte, mich zu bewegen. Immer noch waren meine
Gliedmaßen zu schwer, aber ... Bildete ich mir das ein? Etwas regte sich. Ich
versuchte es erneut, das musste ich jetzt wissen. Tatsächlich: Meine Finger
krümmten sich. Der Schmerz ließ allmählich nach, schien aus meinem Körper
langsam auszutreten und sich in das schwarze Nichts zu verflüchtigen. Sollte
hier nicht irgendwo der weiße Wolf umherstreifen? Warum war er noch nicht zu
mir gekommen? Oder war sein Fehlen der Beweis dafür, dass ich nicht länger
unter den Lebenden weilte?
    Weiter entwichen die Schmerzen und immer mehr Muskeln
konnte ich bewegen. Sogar Zwerchfell und Herzmuskel. Ich ging in Gedanken
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