Im Schatten der Blutrose - Vampir-Roman (German Edition)
dreißig Zentimeter zwischen unseren
Gesichtern. Eine leichte Brise kam auf und ließ seine Haare wehen. Oh Gott.
Machte er das mit Absicht oder wusste er nicht, was er für eine Reaktion
hervorrief?!
„Das – das kann ich mir – kaum vorstellen“, antwortete
ich abgehackt und versuchte, mich ein wenig von ihm wegzulehnen. Statt einer
Antwort zog er mich noch ein wenig näher zu sich heran und schien mit seinem
durchdringenden Blick in meine Seele sehen zu wollen …
„NEIN!“, rief ich, schaffte es tatsächlich, mich
loszureißen und stolperte einige Schritte rückwärts. Ich sah ihn verstört an,
er mich verwirrt. „Was habe ich denn falsch gemacht?“, wollte er in einem Ton
wissen, der so viel hieß, wie ‚Seit wann ist das eine falsche Aktion?’
„Du versuchst, zu viel von meinem Gefühlsleben und
meiner Seele zu sehen, das machst du falsch“, antwortete ich zischend,
machte auf dem Absatz kehrt und rannte fast zu den Bussen, Ayden zurücklassend,
der mir völlig irritiert nachsah.
Mit verschränkten Armen lehnte ich am Bus. Ich hatte
die ganze Zeit hin- und herüberlegt, wie ich mich bei Ayden entschuldigen
könnte, doch etwas Sinnvolles war dummerweise nicht dabei herausgekommen, nur
die Gewissheit, dass ich mich entschuldigen musste. Ich hatte ihn völlig
grundlos angefahren, wenn man so wollte, schließlich war es ja für normale
Menschen nichts Ungewöhnliches, mit Freunden über ihre Gefühle zu reden. Aber
zum einen war ich nicht ‚normal’ in dem Sinne, zum anderen wusste ich noch
nicht einmal richtig, ob wir Freunde waren. Das Ganze war schon so
vertrackt genug und nun hatte ich es noch komplizierter gemacht. Ayden kam kurz
vor der vereinbarten Zeit, sah mich und blieb unschlüssig stehen. Ich seufzte.
Anscheinend musste ich den ersten Schritt machen – geschah mir nur recht. „Es
tut mir leid“, sagte ich ehrlich, sobald ich vor ihm stand. „Ich hätte nicht so
reagieren dürfen, aber wenn es um mein Innerstes geht, da bin ich … empfindlich
“, versuchte ich mich immer leiser werdend zu erklären.
„Ich hätte auch nicht einfach so in diese Gefühle
reinplatzen dürfen“, erwiderte Ayden seltsam steif. „Vielleicht ist es besser
für dich, wenn du mit Allan zusammen zurückfährst … und überhaupt, wenn wir
Abstand zueinander wahren“, fuhr er dann fort und ließ mich ohne ein weiteres
Wort stehen, um zu Cináed zu gehen, der bereits in einen Bus stieg. Ich
schluckte hart, während sich meine Hände zu Fäusten ballten, und blieb stehen,
wo ich war.
„Egal, was mein Bruder gesagt haben sollte, es ist
besser für dich“, ertönte eine melodische Stimme hinter mir, die mich
herumwirbeln ließ. „Mein Name ist übrigens Kira Phynix“, stellte sich die
schöne junge Frau mit den langen weißblonden Haaren vor.
„Angenehm“, erwiderte ich leicht irritiert. „Ich bin
Leyla Valimore.“ Ein Lächeln erschien auf dem einer Diva gleichen Gesicht der
Frau, die einen halben Kopf kleiner war als ich.
„Wie gesagt: Es ist besser für dich.“
„Das sehe ich anders.“
„Warum denn?“, wollte Kira mit schief gelegtem Kopf
wissen. Ihre hellblauen Augen musterten mich besorgt.
„Was besser für mich ist, entscheide ich selber, das
kannst du ihm bitte ausrichten. Außerdem hat er mir mit seiner Aktion wehgetan“,
antwortete ich mit leicht wankender Stimme. „Es ist mein Fehler, dass ich es
habe so weit kommen lassen, dass er in der Lage ist, mich zu verletzen, aber
das ist mein Problem. Wenn er allerdings auf seinem Standpunkt beharrt,
akzeptiere ich ihn.“
Ich straffte meine Schultern und ging zum anderen Bus,
wobei ich Allan vollauf ignorierte und ihn giftig anfauchte, als er sich zu mir
setzen wollte, sodass er sich lieber an John hielt. Ich verschränkte die Arme,
lehnte meinen Kopf an das Fenster und schloss die Augen. Gott, ich dachte
eigentlich, so etwas hätte ich hinter mir gelassen …
Lange
Ferien – eine zweite Chance
Ich wunderte mich schon, warum Ayden und seine
Geschwister nicht zum letzten Tag des Semesters erschienen. Doch so
ungewöhnlich war es eigentlich nicht, dass man sich ein, zwei Tage vor den
eigentlichen Ferien zurückzog, um beispielsweise in den Urlaub zu fahren.
Tatsächlich hörte ich dann von Vivian in Englisch, dass Kenneth mit seiner
Familie schon heute losgefahren sei, um die Ferien in Australien zu verbringen.
Das passte alles zusammen, doch dieses eigenartige Gefühl wurde ich trotzdem
nicht so recht los, sodass ich
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