Im Schatten der Blutrose - Vampir-Roman (German Edition)
ersten Mal
seit Langem Ehrlichkeit aus ihren Worten heraus.
„Schön, dass du es gemerkt hast. Nur leider reichlich
spät“, erwiderte ich ein wenig beherrschter.
„Es wird sich nichts ändern“, versicherte sie mir. „Wir
überweisen weiterhin das Geld ...“, fügte sie hinzu, nachdem sie meinen
fragenden Blick bemerkt hatte. Natürlich. Es ging immer nur ums liebe Geld. Die
angeblich geliebte Tochter ist schmückendes Beiwerk. Ihre Gefühle: schmückendes
Beiwerk. Keine Fragen, wie es mir ging. Keine Fragen, ob ich Freunde gefunden
hatte. Nicht einmal, ob mir das gottverdammte Haus gefiel. Gut, ich gebe zu,
ich hätte diese Fragen auch schwerlich zugelassen, aber eine Mutter, die ihr
Kind wirklich liebte, wäre einfach über dessen Unwilligkeit gegangen und hätte
sich nach seinem Wohlbefinden erkundigt. Hier: Fehlanzeige.
„Bitte ... verlass dieses Haus“, bat ich meine Mutter
nur noch schwach. Meine Wut – mein Hass – waren verebbt und hatten nur die
schmerzende Gewissheit zurückgelassen, dass ich ihr, wie ich eigentlich schon
von früher her wusste, als Mensch vollkommen egal war. Ich wollte nicht vor
ihren Augen zusammenbrechen, daher nahm ich mich zusammen. Dann geschah etwas,
womit ich weiß Gott nicht gerechnet hätte: Ayden nahm meine Mutter am
Ellenbogen und zerrte sie hinaus.
„Was erlauben Sie sich?!“, empörte sie sich sogleich.
„Verzeihen Sie, aber ich kann niemanden in Leylas Nähe
dulden, der ihr mehr aufbürdet, als sie ohnehin schon zu tragen hat. Guten
Tag.“ Gleich darauf hörte ich die Tür zuknallen. Statt wildem Klopfen, was eine
natürliche Reaktion jeder Mutter auf diese Anschuldigungen gewesen wäre, hörte
ich nur das Summen eines Motors, das sich rasch entfernte und verschwand. Ich
sank auf die Knie und eine Sekunde später umschlossen mich die starken, kühlen
Arme des Schwarzhaarigen.
„Gott, nein, bitte, geh weg!“, flehte ich ihn an.
„Niemals“, sagte er nur.
„Ich will nicht, dass du mich so siehst!“,
protestierte ich und kämpfte schwach gegen ihn an.
„Jeder, wirklich jeder würde nach einer solchen
Begegnung zusammenbrechen und lauthals in Tränen ausbrechen. Es hat mir das
Herz zerrissen, dich so beherrscht zu sehen, wo du doch eigentlich allen Grund
dazu gehabt hättest, das Haus zu demolieren“, gab Ayden beschwichtigend und mit
ein wenig Schmerz in der Stimme zurück. Ich gab es auf. Sein Mitgefühl war
mehr, als ich in meinem momentanen Zustand ertragen konnte, daher krallte ich
mich in seinem Oberteil fest und ließ meinen Tränen so gut wie stumm freien
Lauf. Ich zitterte, fühlte mich, als hätte sie mich zusammengeschlagen, so sehr
tat alles in mir weh. War es denn zu viel verlangt, ganz einfach von meiner
Mutter geliebt zu werden? Offensichtlich ... Die eigentlich normalste
Beziehung, die es gab, war mir verwehrt.
Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie lange ich
auf dem Zimmerboden in seinen Armen gehockt hatte, aber allmählich
protestierten meine Knie gegen diese grausame Behandlung. Ich wollte mich
erheben, aber Ayden ließ mich nicht los. „Es ist – ich meine, mir geht es jetzt
wieder gut, danke“, sagte ich und hoffte, dass er mich dadurch freigeben würde,
doch er dachte gar nicht erst daran.
„Wie …“, flüsterte er mir nur uns Ohr.
„‚Wie?’ Was?“, hakte ich verwirrt nach.
„Wie kann ich dir nur helfen …“ Seine Worte
durchfuhren mich wie ein Schlag. Helfen? Mir? Wobei?
„Ich verstehe immer noch nicht …“, gab ich vorsichtig
zurück.
„Du hast dich so gequält und ich konnte nichts weiter
tun, als dumm herumstehen wie ein Einrichtungsobjekt“, hauchte er mit Schmerz
in der Stimme.
„Du hast mir geholfen!“, protestierte ich sofort und
kämpfte mich soweit frei, dass ich ihm ins Gesicht sehen konnte. „Du hast diese
Verrückte rausgeworfen, als ich es nicht mehr fertiggebracht habe. Ich bin dir
was schuldig.“
„Du bist mir gar nichts schuldig, verstanden?“, fuhr
mich Ayden heftig an, was mich instinktiv zurückzucken ließ. „Hast du mir denn
gar nicht zugehört? Ich konnte dir nicht helfen!“
„Aber …“
„Nichts aber! Ich musste hilflos mit ansehen, wie die
Taten dieser Frau dich verletzt haben! Denkst du vielleicht, ich bin derartig
unaufmerksam wie deine Mutter, dass mir der Schmerz in deinen Augen nicht
aufgefallen ist?“, unterbrach er mich heftig und sah mich dabei eindringlich
an. Jetzt erst verstand ich, worauf er hinaus wollte … aber Moment mal! Machte
er sich
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