Im Schatten der Blutrose - Vampir-Roman (German Edition)
etwa Vorwürfe, weil er mich nicht beschützen konnte?
„Du … machst dir also Gedanken, weil du … mich nicht
vor den – äh – seelischen Schmerzen bewahren konntest?“, hakte ich äußerst
skeptisch nach.
„Du scheinst es endlich kapiert zu haben“, seufzte
Ayden erleichtert.
„Du brauchst keinen Beschützerinstinkt für mich zu
empfinden. Ich kann mich sehr gut auch allein verteidigen.“
„Das hat man gesehen“, meinte er daraufhin nur
trocken, doch in seinen Augen konnte ich es kurz zucken sehen. Verletzter Stolz
oder etwas anderes?
„Besondere Situationen …“, murmelte ich nur.
„Nun, ganz wie du meinst“, erwiderte der junge Mann
etwas distanzierter als zuvor, was mich zum Nachdenken brachte und mir zu allem
Überfluss auch noch ein schlechtes Gewissen bescherte.
„Ayden, damit meinte ich nicht, dass ich mich nicht
von dir beschützen lassen will, es geht einfach um das Prinzip. Außerdem
kenne ich es nicht anders. Ich musste immer für mich allein kämpfen“, versuchte
ich zu erklären.
„Das ist aber komplett falsch!“, protestierte der andere
sofort. „In Kinderjahren bis hin zum achtzehnten Geburtstag haben die Eltern
für den Schutz des Kindes zu sorgen, sowohl physisch als auch psychisch. Bis
zur Volljährigkeit sollen sie dem Kind beibringen, wie man sich selbst beschützt
– im Notfall.“
„So läuft das normalerweise ab. Ich weiß ja nicht, wie
du das siehst, aber mein Leben verläuft alles andere als normal“, gab ich nur
trocken zurück und ließ mich auf mein Sofa sinken. Ayden ließ nicht locker,
noch immer aufgebracht setzte er sich neben mich.
„Aber das ist nicht …“
„Ayden!“, unterbrach ich ihn energisch. „Ob du nun
darüber redest oder nicht, das kann weder den Lauf der Dinge noch die
Vergangenheit ändern. Und indem du mir aufzeigst, was ich alles hätte haben
sollen oder können, hilfst du meiner Psyche auch nicht gerade!“ Sofort war der
Schwarzhaarige still und sah aus, als wenn er von sich selbst geschockt wäre.
„Entschuldige“, flüsterte er, als er sich – ziemlich
schnell – wieder gefangen hatte. Ich schüttelte nur den Kopf. Es war so
schrecklich kompliziert, mit anderen zusammen zu sein. Auf was man alles zu
achten hatte, zum Beispiel die Gefühle des anderen, die Vorlieben und so
weiter. Aber in gewisser Weise lohnte es sich, diese ‚Strapazen’ auf mich zu
nehmen. Dafür bekam ich Ayden zum Freund.
„Also, was willst du heute machen?“, fragte der junge
Phynix nach einer Weile schweigsamen Beisammenseins. Ich sah ihn nur fragend
an. „Ich dachte, wir hätten etwas vor?“, half mir Ayden dann auf die Sprünge.
„Glaubst du allen Ernstes, dass ich nach dieser
Begegnung noch Lust auf irgendetwas habe?“, stellte ich skeptisch meine
sarkastische Gegenfrage.
„Wenn ich dabei bin, stehen die Chancen – so hoffe ich
zumindest – gar nicht mal so schlecht“, zwinkerte Ayden, nun wieder ganz er selbst.
Nichts mehr übrig von dem Nachdenklichen und von dem Beschützer. Der Kerl hatte
in etwa die Stimmungsschwankungen einer schwangeren Frau.
„Schlag was vor“, gab ich mich halb geschlagen. Ich
hatte nur teilweise eingelenkt, doch der junge Mann machte ein Gesicht, als
wenn er schon gewonnen hätte.
„In Ordnung. Wie wäre es mit einer Strandwanderung mit
anschließendem Mittagessen?“, antwortete er sogleich. Hm. Das klang tatsächlich
ziemlich verlockend.
„Hm“, sagte ich dann laut. „Von mir aus.“
„Ich wusste, dass du mitkommen würdest“, meinte Ayden
nur selbstgefällig und packte rigoros meine Hand.
„Moment mal! Jetzt?!“, fuhr ich ihn perplex an.
„Natürlich! Sonst wird das mit dem Mittagessen
reichlich spät. Oder bist du lieber für ein romantisches Dinner am Abend?“,
hielt er inne und sah mich fragend über seine Schulter hinweg an.
„Nein!“, antwortete ich sofort, ein wenig vom Grausen
erfasst. Ein Dinner, vermutlich auch noch so ein typisches Candle-Light-Dinner
mit Ayden?!
„Na dann beweg dich. Zieh dich schnell um, ein wenig
bequemere Sachen, und vor allem warm. Bei 13° C solltest du ein bisschen darauf
achten, dass du nicht frierst, zumal es am Wasser immer ein wenig kälter ist“,
plapperte der junge Mann drauflos. Ich sah ihn nur verständnislos an. Okay, seine
Stimmungsschwankungen waren drastischer als die einer Schwangeren. Als ich
keine Anstalten machte, mich zu bewegen, rollte Ayden demonstrativ mit den
Augen und schob mich in mein Schlafzimmer. Er war zwar
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