Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
Rache.«
Nikolaus schaute in die Runde. Seine Anklage war verstanden worden. Einige nickten, andere blickten zu Boden. Diejenigen, die stattdessen noch finsterer blickten, ignorierte er erst einmal.
Er fuhr fort: »Es gab mehrere Verdächtige. Zuerst …« Er biss sich auf die Zunge. Die Vermutung, dass der junge Dietrich seine Hände im Spiel hatte, verkniff er sich lieber. »Zuerst der Amtmann Thies aus Obermanderscheid. Er trug seinen Hass gegenüber Wilhelm offen zur Schau. Aber er hatte Mitleid mit Christina, als die verhaftet worden war. Das sprach gegen ihn als Täter. Dann Wilhelms Freunde. Die drei hatten öfter Streit wegen Frauen gehabt. Außerdem hatte Wilhelm bei einer Wette sein Pferd verloren, wollte es aber nicht hergeben. Immerhin war es nach dem Mord verschwunden. Als aber auch die beiden Heckens ermordet wurden, war klar, dass sie es nicht gewesen sein konnten. Dann war da die Familie Berger. Vor einigen Jahren war der Bauer Berger ums Leben gekommen, vermutlich von Wilhelm getötet, weil der sich für die Frau des Bauern interessierte. Ich habe einen Bruder dieses Bauern mit Wilhelms Pferd erwischt, das sprach natürlich gegen ihn. Und die Schwestern der Familie hassten Christina, weil sie der Meinung waren, sie würde ihre Männer verführen. Aber wer ist einerseits so dumm, sich mit dem gestohlenen Pferd erwischen zu lassen und sich wegen des Kleides selbst zu verraten, und andererseits so schlau und berechnend, falsche Spuren mit dem Messer, meinem Tuch und Wilhelms Sachen zu legen? Das passt unmöglich zusammen.«
»Aber das war doch Eure Idee, die Bergers und Dunkels zu verhaften!«, rief einer dazwischen.
»Das stimmt. Aber das war ja auch noch vor dem Mord an Hans und der Sache mit der falschen Fährte. Im Nachhinein habe ich erkannt, dass ich falsch lag. Es war unlogisch. Ich bin halt in der Lage, meine Fehler auch zuzugeben.«
Nikolaus atmete tief durch. Hoffentlich waren seine Nervosität und das Zittern seiner Stimme nicht zu deutlich. Den Verdacht wegen Christinas Freundes überging er jetzt lieber auch. Besser wäre es, die beiden Liebenden bekannten sich selbst in aller Öffentlichkeit.
»Schließlich gibt es da noch den Großbauer Roden. Er ließ mehr mahlen, als er nach dem, was er an Steuern abführte, haben durfte. Christinas Listen, die Ihr dort auf dem Tisch liegen seht, beweisen den Betrug. Außerdem schmuggelt er zusammen mit seinem Neffen Thies Eisenerz, das er heimlich auf seinem Land abbaute. Was, wenn Wilhelm eine der Mauscheleien entdeckt hatte? Oder sogar beide? Und – Roden hatte allen Grund, Christina zu fürchten, denn sie hatte ihn wegen der fehlerhaften Abrechnung in der Hand. Indem er Wilhelm tötete und den Verdacht auf Christina lenkte, konnte Roden zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.«
Der junge Herr von Manderscheid wollte auf der Stelle einige Soldaten losschicken, die Roden und Thies verhaften sollten. Doch der Kurfürst erhob Einspruch, mit dem Hinweis, dass der Amtmann sein Untertan war, den er höchstpersönlich zur Rechenschaft ziehen wollte. Schließlich einigte man sich, nach der Versammlung die beiden Mörder gemeinsam zu holen.
Nikolaus bat um Gehör: »Ehrenwerte Herren, die beiden sind Betrüger, aber keine Mörder.«
»Ja, wer denn sonst?«, wollte der Kurfürst wissen.
»Sofort. Das Eigenartige war, dass die Spur erst auf Christina hindeutete. Sie wurde eingesperrt, aber man fand Wolfgang Hecken vom gleichen Mörder umgebracht. Da war klar: Christina konnte es nicht allein gewesen sein, sie hatte einen Komplizen. Und dann wurde der Verdacht auf mich gelenkt. Es sieht so aus, als hätte sich das weitere Vorgehen des Täters erst nach und nach entwickelt. Erst als ich angefangen hatte, nachzuforschen, wurde ich zu Christinas Mithelfer gemacht. Warum sollte ich so dämlich sein und mein Tuch vergessen? Warum Christina ihr Messer? Beides stammte aus ein und demselben Kopf.«
Das Gemurmel und Getuschel um Nikolaus herum wurde lauter. Endlich begannen diese Sturköpfe, ihren Verstand zu benutzen. Bisher hatten sie es ja geflissentlich vermieden und sich lieber auf ihren Vorurteilen ausgeruht.
»Hans Hecken erzählte mir, dass Wolfgang am Abend vor seinem Tod mit einem Mädchen verabredet war. Er wurde offensichtlich in eine Falle gelockt. Gleiches vermute ich bei Wilhelm und dann später bei Hans. Sie wurden überwältigt, getötet und ihre Leichen dann so platziert, dass sie schnell gefunden wurden. Der Schlüssel ist also: Mit wem
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