Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
die besonders von Menschen gepflegt wurden. Hier handelte es sich um alberne Furcht und verbissene Intoleranz. Wen wunderte es, dass Feiniel sich eines Tages für Unterwelt entschied und versuchte, jenes geheimnisvolle Behältnis, für das er sich bis dahin weniger interessierte als seine Mitelfen, zu öffnen. Dies gelang ihm nicht, ebenso wenig wie anderen.
Er schwärmte davon, mit diesem Artefakt die Wächter nach Unterwelt zurückzuholen und mit ihnen einen Pakt zu schließen. Gemeinsam wollte er erst Mythenland unterjochen und später die Welt der Götter. Da begriff Gwenael, dass ihr Bruder einen Teil seines Verstandes verloren hatte.
Mythenland unterjochen – ja!
Die Götterwelt war unantastbar!
Außerdem glaubte Gwenael nicht daran, dass die Wächter hilfreich sein konnten. Sie träumte davon, ganz alleine an der Seite ihres Bruders Mythenland zu beherrschen, um dieser Welt die wahre große Magie zurückzugeben. Murgons Grausamkeit verabscheute sie, zeigte es jedoch nicht. Sie wusste: Nur an der Seite ihres Bruders konnte sie den Weg gehen, den sie erträumte. Hatte sie ihn erreicht, würde sie weitersehen ...
Und nun war Bluma, die Barb, von der man wusste, dass sie über einen überragenden Geist verfügte, geflüchtet. Jene Barb, die das Rätsel des Artefakts lösen konnte, falls sie es nicht sogar getan hatte. Murgon hatte von einer Vision berichtet, in der Bluma vermutlich das Rätsel lüftete, sicher war er nicht. War dies eine einseitige Vision gewesen oder ein mentaler Übergriff? Sie wusste es nicht, doch der Gedanke daran, es könne sein, dass diese Barb des Rätsels Lösung kannte, machte auch sie wütend.
Schuld daran war der Sanfte Jack.
Er hatte zugelassen, dass nicht nur der Manndämon, sondern auch die Barb flüchten konnten.
»Wie ist es geschehen?«, wollte Murgon wissen, ruhig und leise.
Der Sanfte Jack, dessen zwei Köpfe in ein einziges Stimmband mündeten, was seiner Sprache die Anmutung eines sterbenden Frosches verlieh, quakte: »Ich habe ihr Demut gelehrt, mein Lord! Ich habe nicht versagt wie beim Dämonenmann, sondern es ist mir gelungen, sie zu verinnerlichen.«
Murgon nickte. Er blinzelte und feiner weißer Nebel erschien über dem Gefangenen und legte sich über seinen Körper. Brandriesel! Sie legten sich ab und drangen in Jacks Haut ein wie winzige Widerhaken, unzählige schmerzende Augen, die Verlängerungen von Murgons Sinneseindrücken.
Der Körper des Unglücklichen bäumte sich auf, er brüllte aus zwei Mündern und mit einem weiteren Blinzeln legte Murgon den Schmerz still.
»Wie mir scheint, haben unsere Heiler gute Arbeit geleistet. Deine Knochenbrüche sind geheilt, deine Innereien nicht mehr zerquetscht. Es muss ein Bild für die Götter gewesen sein, als die Tür auf dich fiel und obendrauf der verdammte schwergewichtige Dämon stand. Ich frage mich allerdings, wie es dem Manndämon gelang, sich zu befreien. Hast du eine Idee?«
»Nein, Lord Murgon, ich weiß es nicht«, jammerte der Sanfte Jack.
»Du bist dir sicher, die Barb zur Verinnerlichung geführt zu haben?«
»Ja, mein Lord.«
»Hatte sie eine Vision?«
»Ja, sie hatte eine Vision. Danach schrie sie und brüllte und biss und kratzte. Es waren anscheinend keine sehr angenehmen Bilder. Möglicherweise war sie auch sehr erschöpft ...« Der rechte Kopf grinste, während der linke zu Gwenael starrte, als wolle er sie bitten, das Schlimmste zu verhindern.
Murgon starrte Gwenael an. »Sie hat das Rätsel gelöst - ich ahne es«, zischte er. »Sie weiß, wie man den Kasten öffnet! Sie weiß, wie man die Wächter nach Unterwelt ruft und mit ihnen Dornotul den Schwarzen!« Sein Kopf fuhr zu Jack herum und Funken sprühten aus seinen Augen. Gwenael wusste, dass ihr Bruder seinen Zorn nur mühsam kontrollierte. Noch hatte er nicht alles erfahren, was er wissen wollte.
»Nun gut, Jack, mein Foltermeister. Als alles vorbei war, lärmte es zwei Zellen weiter und jäh stand der Manndämon in deiner Zelle, nicht wahr?«
Die Köpfe nickten eifrig.
»Du wurdest unter der Tür begraben, der Dämon befreite die Barb und beide flüchteten.«
Erneutes Nicken.
»Hat der Dämon noch etwas gesagt, irgendetwas, das wichtig sein könnte?«
Der Sanfte Jack überlegte, während Tränen aus den Augen seines linken Kopfes liefen. Er schluchzte. »Er grollte und brüllte. Er hat keine Sprache, mein Lord. Wenn er ein Dämon ist…«
»Ich kann mit ihm sprechen!«, donnerte Murgon.
»Mir gelang es nicht, Herr. Ihr
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