Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
nur funkelndes blaues Licht, welches sich verjüngte und immer dunkler wurde.
Ihrem Instinkt folgend suchte sie Darius, doch sie fand ihn nicht. Auch der Golem schwieg, alles war still, wie in einer Totenstadt. Das düstere Ambiente und die Schwaden der Endgültigkeit lösten sich auf. Nun war alles blau irrlichternd und ruhig, friedlich fast. So, wie sie sich erfrischende Kühle und ein bejahendes Klima vorstellte. Wie ein Morgen auf Fuure, wenn die Sonne über dem Meer aufstieg und das Dorf in ein verzauberndes Licht tauchte.
Aus Angst wurde Behaglichkeit, aus Wahnsinn Normalität. Ein Traum von gestern, Gräser, die weiten Auen, Palmen, die sich weich bogen, die schwarzen Berge, rotglühend im Licht der auferstandenen Sonne und davor, so weit das Auge reichte, das Meer. Ein blauer Spiegel, die Urmutter allen Lebens, wie ihr Bobba stets erklärte.
Dunkler wurde es und immer dunkler.
Bluma hatte jedes Gefühl für Zeit und Geschwindigkeit verloren. Sie war!
Wie ein Korken aus einer Flasche sprang das Schiff durch einen Wirbel, es donnerte unter Blumas Füssen, sie stürzte, schlug sich den erbärmlich schmerzenden Rücken an irgendetwas und Dunkelheit umfing sie.
Nur für einen Moment.
Jedenfalls kam es ihr so vor. Ein Moment der Unendlichkeit?
Als sie die Augen aufschlug, starrte sie in einen dunkelblauen, fast schwarzen sternenübersäten Himmel. Es roch nach Salzwasser. Unter ihrem geschundenen Körper hob und senkte sich die Lotus. Wellen schlugen an den Rumpf, die Segel waren prall gefüllt, zumindest jene, die nicht in Fetzen hingen. Zwei Laternen spendeten ein mildes Licht, aus dem ein Mann trat, dessen Schemen Bluma sofort erkannte.
»Darius«, krächzte sie. »Darius.«
Er bückte sich zu ihr. »Kannst du aufstehen?«, fragte er mit sanfter Stimme.
Sie nickte schwach.
»Dann versuche es und lass dich überraschen.« Er half ihr auf. Sie hatte einiges damit zu tun, sich zurechtzufinden und sie disziplinierte sich.
»Schau hin«, sagte Darius.
Wohin sie blickte, glitzerte Wasser im Licht der Sterne und eines Sichelmondes, welcher wie gemalt am Nachhimmel hing.
»Wir ... wir ... sind in Mythenland?« Sie traute sich kaum, diese Frage zu stellen. Zu sehr fürchtete sie, einer Illusion aufzusitzen.
»Ja, das sind wir. Wir haben es geschafft. Wir sind nicht mehr in Unterwelt.«
»Und wenn das alles nur ein Trugbild ist?«
»Riechst du das Meer?«
»Ja.«
»Spürst du den Wind auf deiner Haut?«
»Oh ja.«
»Horche in dich hinein und frage dich, welcher Traum so real sein kann.«
»Aber wie ... wie ...?«
»Bevor wir es zu erklären versuchen, wollen wir schauen, ob alle unsere Knochen heile sind, nicht wahr?«
Bluma starrte ihn an. Was geschehen war, war schier unvorstellbar. Nun ja - sie würde sich daran gewöhnen müssen, schien ihr. Und Darius? Er stand vor ihr und strahlte wie ein glücklicher Junge.
»Du - du warst – wie -« Ihr fehlten die Worte.
»Du meinst meine Verinnerlichung?«
»Du warst ...«
»Weggetreten? Verzaubert?«
»Wie eine Statue. Wie ein ...«
»Wie ein Wahnsinniger?« Er lachte heiser. »Ich hatte eine Vision. »Ich träumte von einem kleinen Mädchen und von Sonnenblumenblättern. Sie blickte mich an und sie hatte die Augen von Riousa. Sie rief und warnte mich. Ich solle nicht den Kontakt zum Schiff verlieren, sonst sei alles vergebens, meinte sie, obwohl sie ihre Lippen nicht bewegte. Ich hörte ihren Geist, ich spürte ihre Liebe. Ein allumfassendes Gefühl. Unvorstellbar innig. Sie saß auf einer Wiese und immer wieder waren da die Blätter von Sonnenblumen. Ich folgte ihren Anweisungen und dann geschah, was uns nach Mythenland brachte.«
Hatte Darius ihren Kampf gegen den Golem mitbekommen? Vermutlich nicht. Sie würde es ihm später erzählen, wenn sie ihm erklärte, warum jeder Muskel in ihrem Körper schmerzte. Sie reckte ihr Gesicht in den Wind und schloss die Augen. Ihnen war die Flucht gelungen. Die letzten zwei Worte hallten in ihr nach und ein Gedankenblitz spaltete ihre Empfindungen.
»Du lebst!«, rief sie. »Du lebst!«
Er sagte nichts. Sie standen sich gegenüber und starrten sich eine kleine Ewigkeit lang an.
Schließlich flüsterte Bluma: »Du bist nicht zu Staub geworden, obwohl du in deiner menschlichen Gestalt bist.«
»Ich kann es selbst kaum glauben.« Er sah sehr nachdenklich aus. »Du weißt, was das bedeutet?«
Bluma nahm ihn in den Arm. Sie legte ihren Kopf an seinen Bauch und spürte seinen Atem. Er war lebendig! »Das
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