Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
dem Bettler hin.
Der dicke Mann, den bisher jeder als Inquister Balger gekannt hatte, nickte dankbar und wischte sich Sabber vom Kinn. »Ich bin einer von Zwölf!«
»Und ich habe ein tumbes Weib«, schnappte ein Vorübergehender. »Sie ist eine von mir.«
Der Inquister blickte durch den Spender hindurch und murmelte vor sich hin.
»Käfer, Käfer, Käfer klein - wirst für immer bei mir sein …«
Ronius nahm Symbylle auf seine Handfläche. Er lächelte, weil sie lächelte. Dieses winzige Mädchen wirkte vollkommen rein.
»Was tust du?«, fragte er so leise er konnte, um sie nicht zu erschrecken.
Sie antwortete nicht.
»Es wird Zeit, dass du mir deine Geschichte erzählst.«
Sie nickte und rieb sich das sommersprossige Näschen. »Du bist der Ron. Du sollst alles wissen. Doch zuerst lass mich wieder runter.«
Er tat, was sie verlangte und zog seine Hand zurück.
Sie beugte sich über die gelben Blüten und legte zwei davon übereinander und jeweils drei zu jeder Seite an die mittlere. Ihre Handfläche strich darüber, ein arglose Geste. Sie legte den Kopf in den Nacken, blickte zu Ronius hoch und im nächsten Augenblick war sie verschwunden.
Vierter Teil
1. Kapitel
Die Zwerge von Trugstedt waren ein reiches Volk. Trugstedt, die Haupt- und Hafenstadt der Insel Gidweg, verfügte über einen Hafen, der in seiner Größe auch Dandoria gut zu Gesicht gestanden hätte. Hier legten tagtäglich Schiffe an, um Waren von den Zwergen zu kaufen. Dieser Hafen war Dreh- und Angelpunkt der Insel, denn hier wurden alle Güter verschifft, die in den Meisterschmieden von Gidweg geschaffen wurden.
Im ganzen Mythenland wusste man die Waffen und die Arbeitsgeräte von der Insel der Zwerge, wie man Gidweg auch nannte, zu schätzen.
Die fünfzigfach gefalteten Schwerter und die wunderbaren Kampfäxte, welche die Essen der Gidweger verließ, galten als unzerstörbar. Die Pferdegeschirre klangen rein wie Glöckchen und das Essbesteck war so fein ausgewogen, dass sogar König Rondrick von Dandoria mehrere davon besaß. Ziemlich viele sogar, denn stets wurden bei einem seiner zahllosen Bankette Messer und Gabeln gestohlen.
Die Zwerge von Gidweg hielten viel auf sich.
Sie waren hervorragende Handwerker, einerlei, ob sie mit Metall oder Holz umgingen. Sie konnten filigrane Uhrwerke genauso bauen wie Axt und Hammer. So, wie ihre Güter, waren sie geschaffen worden. Aus den Knochen des Gottes Starklin und dem Fleisch des Gottes Sviufir.
Sie waren stolz darauf, niemals Maden im Fleisch des Urriesen Ymir gewesen zu sein, sondern ein eigenständiges Volk, welches sich nicht mit Trollen oder Gnomen vermischt hatte. Das hatte dazu geführt, dass ein Gidweger ein schöner Zwerg war.
Etwas mehr als vier Fuß hoch, mit dunkelbrauner Haut, flinken Augen, kräftigen Zähnen und fülligem Bart. Die Frauen waren wohlgerundet, liebevolle Mütter und strenge Weiber.
Alte Gerüchte besagten, die Zwerge von Gidweg würden bei Sonnenschein zu Stein erstarren, aber das war bodenloser Unsinn. Im Gegenteil liebten sie die Sonne, denn Hitze machte durstig und nichts ging über einen guten Schoppen Bier.
Trugstedt bestand aus einer losen Ansammlung unterschiedlicher Behausungen. Steinhäuser, höhlenartige Gebilde, Katen aus Holz und immer wieder Schänken, wo es Trank und Speise gab. Auf zahlreichen offenen Öfen wurden Enten oder Spronks gegrillt, welche die Lieblingsspeise der Zwerge waren. Menschen schüttelten sich hin und wieder, wenn sie die Spronks, kleine knusperbraune Vierbeiner sahen, denn sie erinnerten sie an Meerschweinchen – was sie gewissermaßen auch waren. Sie waren leicht zu züchten, vermehrten sich unglaublich und schmeckten wunderbar, wenn man sie sorgsam und auf kleiner Flamme auf dem Rost garte. Alternativ aßen sie Enten, die von Köchen wunderbar schmackhaft gegrillt wurden.
Über der Stadt hallte ein stetiges Geräusch: Das helle Scheppern von Schmiedehämmern. Überall wurde geschmiedet und geformt. Die Essen qualmten und rauchten. Dies in Kombination mit dem Duft der Enten und Spronks führte zu einer Geruchsorgie, die manche Reisenden als Gestank ausmachten.
Da das Klima über Gidweg, abgesehen von einigen kalten Wochen, gemäßigt war, spielte sich das Leben vorwiegend unter freiem Himmel ab. Kürschner schneiderten aus den Fellen der Spronks feine Mäntel für die Weiber und Westen für die Kerle. Wohin man blickte, wurde feinstes Leder verarbeitet, überhaupt gab es ein beständiges
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