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Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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Wort wahr gemacht hatten.
    Earin trug unverkennbar ein Kind unter dem Herzen. Ein Götterkind - erkannte der Älteste und umsorgte sie mit all seiner Liebe und Fürsorge. Doch der Rest des Dorfes beäugte die wachsende Wölbung mit Argwohn. Keiner hatte das Tosen gehört, niemand die Düsternis aufziehen gesehen oder die Weisung der Geister vernommen.
    »Sie trägt einen Bastard in sich«, flüsterten die Fischer sich beim Flicken der Fangnetze zu.
    »Sie hat sich den Fremden am Strand hingegeben«, lästerten die Weiber.
    Und die Jäger raunten: »Sie ist eine Schande für das Dorf. Schaff sie fort, Kendrik. Töte das Kind und verkauf deine Tochter als Dienerin, damit es einen anderen scheren muss und wir wieder unseren Frieden haben.«
    »Wollt ihr die Götter gegen uns alle aufbringen?«, entgegnete der Älteste, in seinem Glauben erstarkt. »Macht nicht den selben Fehler, wie ich ihn begangen habe, als ich, engstirnig wie ich war, den Götterspruch nicht annehmen wollte. Earin trägt ein ganz besonderes Kind in sich, ein einzigartiges Kind, das wir und das ganz Mythenland brauchen.«
    Doch die Menge wollte sich nicht beruhigen. Und selbst Earins Mutter, ließ sich von den Gerüchten täuschen und nahm Abstand.
    Von Tag zu Tag wurden die Attacken mutiger, unbarmherziger. Mit erhobenen Fäusten, Angelruten und Jagdspeeren, mit Gerbmessern, Ruderblättern und geschwungenen Kochlöffeln umlagerten sie schließlich die Hütte.
    Der Älteste hockte sich vor seiner Tochter auf den Boden, senkte die Stirn gegen ihr Knie und flüsterte: »Was soll ich nur machen, meine kleine Earin? Ich habe keinen Einfluss mehr auf den Stamm. Ich habe meine Macht längst verloren.«
    Doch wie so oft zuvor, lächelte seine Tochter nur, legte das Webschiffchen beiseite, strich Kendrik sanft durch das ergraute Haar und er hörte das erste Mal ihre stummen Worte in sich klingen.
    So fügt sich alles an seinen vorbestimmten Platz. Pass gut auf ihn auf, denn er wird einmal die Hände über das Heil des ganzen Landes halten.
     
     
    In dieser Nacht, während die Halblinge um das Haus standen und brennende Fackeln auf das blättergedeckte Dach warfen, wurde Agaldir geboren.
    Glut tropfte von der Decke, als Earin mit einem letzten Aufschrei ihrem Sohn das Leben schenkte. An den aus Lehm und Stroh geformten Wänden fraßen sich die Flammen hinab, griffen nach den Schränken, dem Tisch, den Schemeln und verwandelten Stoff und den geknüpften Teppich in ein Meer aus schwelender Asche.
    Und das Dorf johlte.
    Kendrik, der als einziger seiner Tochter in dieser Stunde beigestanden hatte, wickelte das Neugeborene in ein nasses Laken, warf sich eine Decke über den Kopf und hob Mutter und Kind auf seine Arme, wild entschlossen, gemeinsam dem Inferno zu entfliehen.
    »Helft uns doch!«, rief er an die Götter gerichtet, während er sich mit dem Rücken voraus durch den Vorhang aus Funken und Qualm arbeitete.
    Schweiß gebadet und gezeichnet von den Strapazen der Geburt beugte Earin sich in seinen Armen über ihr Kind, schützte es vor dem heißen Atem der Flammen, der über ihren und Kendriks Körper leckte.
    Die Stützbalken des Daches krachten und splitterten unter der nagenden Gewalt der Flammen. Kendriks Schutz - die Decke - fing Feuer. Und vor der Tür lauerten seine Brüder und Schwestern darauf, ihn und seine Familie zu erschlagen, wegen eines Kindes, das die Behandlung eines Königs verdient gehabt hätte.
    Wut und Enttäuschung, Schmach und Trauer ballten sich in Kendrik zusammen, schenkten ihm die Kraft eines Bären und den Überlebenswillen eines Samsams. Die Erde erzitterte unter seinem Gebrüll, als er sich durch eine der glühenden Wände den Weg brach und sich mit fliegenden Schritten in die Wälder des Gebirgsausläufers schlug. Wendig und mit einer Sprungkraft, die nicht seine war, erklomm er den Kamm und hielt erst inne, als Meer und Dorf hinter ihm längst verschwunden waren.
    Doch der Tod war ihnen gefolgt.
     
     
    Earin starb. Zu viele und zu großflächige Wunden hatten die Flammen auf ihren Körper gebrannt. Kendrik, beseelt von den Göttern, bliebt am Leben, um das des Kindes zu sichern, es zu nähren, zu schützen und in aller Heimlichkeit aufzuziehen, bis es alt genug war, sich der Welt, die ihm den Tod gewünscht hatte, zu stellen.
    Mit all seiner Hingabe lehrte er seinem Enkel die Sitten und Gebräuche der On'tors, brachte ihm das Fischen in den Flüssen bei, das Fährtenlesen und Anschleichen, das Jagen und Erlegen des

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