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Im Schatten der Erdmagie

Im Schatten der Erdmagie

Titel: Im Schatten der Erdmagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ashley Parker
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ging sie allerdings vollkommen ihren spontanen Neigungen nach und scherte sich nicht darum, ob das angegebene Thema auch nur das leiseste mit dem Fachbereich zu tun hatte, in dem sie eigentlich studieren müßte.
    Wenn sie jemand gefragt hätte, warum sie das tat, hätte sie darauf selber keine Antwort gewußt. Sie folgte einfach nur ihrem inneren Gefühl.
    Wirklich der beginnende Wahnsinn, als Erbin meiner Mutter? fragte sie sich nun alarmiert. Wirklich e in Wahnsinn, der in der Familie liegt?
    Es war die eine Möglichkeit, die ihr allerdings ganz und gar nicht gefallen wollte. Die andere Möglichkeit war immerhin auch noch: Ihre Mutter hatte die Wahrheit gesagt! Doch das gefiel ihr mindestens genauso wenig!
    Ellen war durch Zufall in eine von Professor Brooks Veranstaltungen geraten, wie sie glaubte. Genauer gesagt hatte sie sich in der Raumnummer geirrt und war so anstatt in einem Seminar über modernes publizistisches Projektmanagement in eine Vorlesung über okkulte Lehren und Ketzerbewegungen des Mittelalters geraten. Brook wirkte zwar mit seinen elektrostatisch aufgeladenen, nach allen Seiten abstehenden Haaren und der kleinen, dicken Nickelbrille wie ein besonders exzentrischer Wissenschaftler, dem man ohne weiteres zutraute, in seinem heimischen Keller irgendwelche Experimente im Stil eines Dr. Frankenstein durchzuführen, andererseits jedoch verströmte er eine sehr warme, herzliche Art und vermochte es, seine Hörerschaft auf einzigartige Weise in seinen Bann zu ziehen.
    Oder gab es auch noch einen anderen Grund, wieso es sie wie magisch immer wieder in diese Vorlesungen zog?
    Im Moment begann sie sogar, ein wenig daran zu zweifeln, daß es sich bei der ersten Vorlesung wirklich nur um Zufall gehandelt hatte...
    Jedenfalls: Seine Fachkenntnis war bestechend. Er beherrschte Alte Sprachen im Dutzend und vermochte jede nur irgendwie für das Thema bedeutsame Quelle auswendig zu zitieren.
    Aber was Ellen am meisten faszinierte, war, daß er den Mut hatte, die engen Grenzen zu überschreiten, die ihm die traditionelle Wissenschaft vorschrieb.
    So jedenfalls hatte sie bisher darüber gedacht. Doch jetzt war ihr klar, daß es noch einen anderen Grund gab: Was ihre Mutter ihr gestern abend erklärt hatte, war bereits in ihr drin gewesen – irgendwie. Ob nun Wahnsinn oder phantastische Wirklichkeit: Dieser Professor Brook wußte Bescheid. Vielleicht sah er die Dinge aus einer anderen Perspektive, aber war die Richtung nicht erschreckend ähnlich? Dabei waren japanische Mythologien niemals ein Thema. Anscheinend hatte sich Brook mit allem möglichen, außer eben mit japanischen Vorstellung einer mystischen Welt beschäftigt...
    Sie fuhr sich über die Augen, als würde ihr das helfen, sich endlich wieder auf die Worte des Professors zu konzentrieren:
    „ Ich habe Ihnen beim letzten Mal von einer Legende berichtet, von der man glaubte, sie käme aus dem Alten Reich Ägyptens”, erklärte er gerade. Seine Augen leuchteten dabei auf eine sehr charakteristische Weise. Jede Faser seines Körpers war erfüllt von einem geradezu inbrünstigen Erkenntnisdrang, für den es keinerlei Hindernisse zu geben schien. Auch keinen Respekt, was etablierte Lehrmeinungen anging, die Brook schon einmal mit einem Achselzucken zur Seite schob. „Sie werden sich vielleicht erinnern”, fuhr er fort. „Die Rede ist von der Legende des Volkes unter der Erde. Wie ich Ihnen ja nachwies, stammt diese Geschichte ursprünglich gar nicht aus Ägypten, sondern aus Nubien, und wer weiß, wer sie ursprünglich dorthin getragen hat? Ich selbst habe nie daran gezweifelt, daß es sich bei diesem ominösen Volk aus der Erde um nichts anderes als eine Legende handelt, die vielleicht ihren Ursprung in einem Stamm von Höhlenbewohnern hatte. Sie kennen die Legenden über Trolle, Gnome und Zwerge, die bis heute vor allem in Skandinavien nach wie vor lebendig geblieben sind. Aber seit unserer letzten Vorlesung ist eine Woche vergangen und in dieser Zeit ist viel passiert!”
    Der Professor ließ den Blick umherschweifen. Er sah Ellen einen Augenblick lang sehr durchdringend an. Es war ein prüfender Blick, der ihr unangenehm war. Gewogen und zu leicht befunden – ist das vielleicht Ihr vorschnelles Urteil? fragte sich die junge Frau. Sie strich sich eine Strähne ihres langen, dunklen Haars aus dem Gesicht. Eine Geste der Verlegenheit, wie sie selbst sehr wohl wußte.
    Brook fuhr fort:
    „ In dieser Woche ist entscheidendes geschehen”, sagte er.

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