Im Schatten der Erdmagie
ich es ausgeschaltet.”
„ Ich meine ja nur! Schließlich bin ich nicht Ihre Telefonistin.”
Sie warf demonstrativ den Kopf in den Nacken und stolzierte auf ihren hochhackigen Schuhen davon.
Brook wandte sich mit einem verlegenen Lächeln Ellen zu. „Tut mir Leid, es war zwar interessant, mit Ihnen zu plaudern, aber ich muß jetzt dringend weg…”
„ Hat es etwas mit dem Volk der Tiefe zu tun?” fragte Ellen und folgte damit einfach einem inneren Instinkt. Was sonst hätte einen Mann wie Brook derart elektrisieren können wie die Nachricht, daß es irgendwelche neuen Erkenntnisse zu einer Sache gab, mit der er sich nun schon nächtelang befaßt hatte.
„ Wie kommen Sie darauf?” fragte er stirnrunzelnd.
„ Geraten, um ehrlich zu sein.”
„ Sie haben recht. Ein Antiquar hat mir ein Manuskript angeboten, das für meine weiteren Forschungen von entscheidender Bedeutung sein könnte. Der russische Okkultist und Parapsychologe Victor Sergejewitsch Kerimov hat sich intensiv mit dem Leben und Werk des Abdul von Cordoba befaßt und war vermutlich im Besitz einiger Originalhandschriften des maurischen Magiers. Kerimov verfaßte ein Kompendium des Übernatürlichen, das ohne Titel blieb und von dem nur obskure Privatdrucke existieren. Kerimov verschwand 1920 in den Revolutionswirren unter mysteriösen Umständen. Seine Schriften ebenfalls. Im Zuge meiner Forschungen fand ich heraus, daß Kerimov offensichtlich auch ein Buch mit dem Titel VON DEN KREATUREN DER TIEFE verfaßte, dessen russische Originalausgabe in einem Wiener Exilverlag erschienen sein soll. Ich war mir bislang nicht sicher, ob dieses Buch überhaupt existiert…”
„ Und jetzt wird es Ihnen sogar angeboten!” schlußfolgerte Ellen.
Brook nickte. „Genauso ist es. Unglücklicherweise werde ich das Manuskript kaum selber prüfen können.”
„ Warum nicht?”
„ Russisch gehört leider zu den wenigen Sprachen, die ich nicht beherrsche!”
„ Ich hatte Russisch als Nebenfach!” sagte Ellen.
Brook reagierte reichlich perplex.
„ Kommen Sie denn aus Rußland oder wie?” Er musterte sie. „Nein, eigentlich sehen Sie nicht danach aus.”
Die junge Frau schüttelte den Kopf.
„ Nein, meine Mutter ist Japanerin, wenn Sie das meinen. Aber dadurch bin ich gleich zweisprachig aufgewachsen. Fremdsprachen sind somit eine Kleinigkeit für mich, wenn man so will. Man könnte es auch eine Art Hobby nennen.”
In Brooks Augen leuchtete es. „Papperlapapp, wie dem auch sei: Ihre Kenntnisse wären vielleicht von entscheidender Bedeutung?”
„ Darf ich Sie begleiten?” fragte Ellen prompt, wohl wissend, damit die sprichwörtlichen offenen Türen bei dem Professor einzurennen. „Natürlich kann ich über die Echtheit dieses Manuskriptes keine Beurteilung abgeben, aber ich denke schon, daß ich in der Lage wäre, den Inhalt zu übersetzen.”
Armer Peter! dachte sie dabei im stillen. Wie kann ich das jemals an dir wiedergutmachen?
„ Es geht mir ohnehin nur um ein paar Stellen, in denen nähere Informationen über diese Welt jenseits des Bannkreises zu finden sind.” Brook machte eine kurze Pause und fuhr sich mit der Hand durch das aufgeladene und dadurch extrem widerspenstige Haar. „Kommen Sie mit mir!” forderte er Ellen im nächsten Moment auf.
Sie zückte ihr Handy. „Äh, ja, sofort – und gern, Professor, aber dürfte ich erst meinem Freund Bescheid geben? Der wartet sicher schon auf mich.”
„ Ja, wenn Sie doch lieber...?
„ Nein, nein, so war das nicht gemeint. Ich sage ihm halt nur kurz Bescheid. Dann kann es los gehen.”
*
Noch während sie ungeduldig wartete, daß ihr Freund endlich sich meldete, nahm sie sich vor, ihn keineswegs zu belügen. Sie würde ihm sagen... Nun, was denn eigentlich?
„ Peter Carmichael!” meldete sich die vertraute Stimme in diesem Moment und verhinderte weiteres Grübeln.
„ Hi, Peter, tut mir leid, ich bin sowieso schon ziemlich spät dran, aber ich wurde hier aufgehalten. War mal wieder in einer Vorlesung von Professor Brook. Du weißt ja davon...”
„ Nein, weiß ich eigentlich nicht, weil du das bisher nicht erwähnt hast. Brook? Ist das denn nicht der alte Zausel, über den der halbe Campus lästert?”
„ Ja, genau der, Peter. Jetzt hat er mich gerade gefragt, ob ich ihm helfen könnte, eine alte Schrift zu entziffern, die in Russisch abgefaßt ist.”
„ Du sprichst... Russisch?”
„ Ja, leidlich.”
„ Seit wann denn dieses?”
„ Nun, nicht erst
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