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Im Schatten der Gerechtigkeit

Im Schatten der Gerechtigkeit

Titel: Im Schatten der Gerechtigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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impertinent vor.
    »Oh wir Ihnen behilflich sein könnten?« beendete der Major ihren Satz. »Wir wären entzückt. Sagen Sie uns seinen Namen und was Sie über ihn wissen, den Rest finden wir schon heraus. Sie dürfen sich ganz auf uns verlassen, nicht wahr, Edith?«
    »Aber sicher«, sagte Edith, gleich Feuer und Flamme. »Ich bin ziemlich gut geworden, wenn es darum geht, Dinge auszugraben – in literarischer Hinsicht, versteht sich.« Sie lächelte wehmütig. Ihr ganz eigenes Gesicht mit der geschwungenen Nase und dem humorvollen Mund zeigte deutlich, daß sie sich des Unterschieds zwischen Nachforschungen in einer Bibliothek und Hesters Ermittlungen – was immer sie sich darunter vorstellte – völlig im klaren war.
    »Ich kann mir vorstellen, daß man in den Krankenhäusern, in denen er zuvor gearbeitet hat, einiges über ihn weiß. Ich werde dem sofort nachgehen. Es gibt medizinische Behörden mit allen Arten von Listen.« Sie setzte sich etwas bequemer. »Aber nun erzählen Sie doch mal, was Sie in letzter Zeit so gemacht haben.
    Wie geht es Ihnen denn? Sie sehen ziemlich müde aus.«
    »Ich werde uns Tee bestellen«, sagte der Major entschlossen.
    »Sie müssen doch durstig sein. An einem so schrecklich heißen Tag, und zweifelsohne sind Sie auch einen Teil des Weges gelaufen. Hätten Sie gerne ein paar Gurkensandwiches? Tomaten vielleicht? Ich weiß doch noch, wie gern Sie Tomaten hatten.«
    »Liebend gern.« Hester nahm das Angebot mit Freuden an, nicht nur um der Erfrischung willen, sondern mehr noch wegen der Freundschaft und der Herzlichkeit des Empfangs. Lächelnd blickte sie zum Major auf. »Wie aufmerksam von Ihnen, daran zu denken.«
    Er errötete leicht und ging dann, vor Zufriedenheit strahlend, sich darum kümmern.
    »Also«, sagte Edith noch einmal, »jetzt erzählen Sie doch mal, was Ihnen seit unserer letzten Begegnung so an Vergnüglichem oder Interessantem widerfahren ist.«
    Hester rutschte etwas tiefer in ihren Sessel und begann zu erzählen.
    Etwa zur gleichen Zeit, als Hester sich mit Edith und dem Major Tee und Gurkensandwiches schmecken ließ, bediente sich Callandra auf Lady Stanhopes Gartenparty mit einer hauchdünnen Schnitte butterbestrichenen Brots. Sie hielt nichts von Gartenparties und noch weniger von den Leuten, die man dort gemeinhin traf, aber sie war gekommen, weil sie die Tochter kennenlernen wollte, von der Sir Herbert laut Hester gesprochen hatte; das Mädchen, das man durch den verpfuschten Abort verkrüppelt hatte. Allein beim Gedanken daran fröstelte es sie bis zur Übelkeit.
    Um sie herum das Durcheinander klingender Tassen und Gläser, Gelächter, das Rascheln und Rauschen von Röcken. Lakaien bewegten sich diskret unter den Gästen und boten gekühlten Champagner und Limonade auf Eis. Dienstmädchen in sauberen Spitzenschürzen und gestärkten Hauben reichten Sandwiches, Kuchen und kleines Gebäck. Eine Dame von Adel machte einen Scherz, und die Umstehenden lachten. Köpfe wandten sich ihnen zu.
    Es war nicht einfach gewesen, an eine Einladung zu kommen, da sie mit Lady Stanhope nicht bekannt war. Die Dame des Hauses war eine stille Frau, die lieber bei ihren sieben Kindern blieb, als sich mit öffentlichen Angelegenheiten abzugeben. Für Lady Stanhope gab es nur zwei Gründe, sich in Gesellschaft zu begeben: wenn es galt, die Stellung ihres Gatten zu wahren oder Gerede vorzubeugen. Die Gartenparty war also eine Möglichkeit, sich einer ganzen Reihe von Verpflichtungen auf einen Streich zu entledigen, was dazu führte, daß sie mit der Gästeliste nicht völlig vertraut war. Folglich schien sie auch nicht weiter überrascht, Callandra zu sehen. Vielleicht hielt sie sie für jemanden, dessen Gastfreundschaft sie einmal genossen hatte, ohne sich daran zu erinnern; vermutlich dachte sie, sie hätte sie eingeladen, um eine Schuld zu begleichen.
    Callandra war in Begleitung einer gemeinsamen Freundin gekommen, mit der sie vertraut genug war, um ihr ohne weitere Erklärungen einen Gefallen abzuverlangen.
    Sie hatte sich weit förmlicher kleiden müssen, als ihr lieb war. Zudem hatte ihr Hausmädchen, ein höchst angenehmes und sympathisches Wesen, das schon seit Jahren bei ihr in Diensten war, ihre liebe Not mit Frisuren, sie hatte nicht das geringste Talent dafür. Auf der anderen Seite war sie sehr ausgeglichen und von exzellenter Gesundheit, verfügte über einen wohltuenden Humor und war über alle Maßen loyal. Da es Callandra selten interessierte, wie ihr Haar

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