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Im Schatten der Gerechtigkeit

Im Schatten der Gerechtigkeit

Titel: Im Schatten der Gerechtigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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keinen Rückzieher. »Ich…«, er schluckte, »ich werde der Mann sein, der den Mord an Prudence Barrymore aufgeklärt hat«, sagte er heiser. »Und das ist mehr, als man von Ihnen sagen kann, Monk! Sie wird man vergessen!«
    Was schmerzte, weil es wahrscheinlich die Wahrheit war.
    »Sie werden mich nicht vergessen, Runcorn«, sagte Monk böse.
    »Weil Sie wissen, wer Ihnen diese Briefe gebracht hat. Sie haben sie nicht selbst gefunden! Und Sie werden jedesmal daran denken, wenn Ihnen jemand sagt, wie klug und was für ein brillanter Detektiv Sie sind – Sie wissen dann nämlich genau, daß in Wirklichkeit ich gemeint bin! Nur daß Sie weder Mumm noch Charakter genug haben, das auch zu sagen. Sie werden dasitzen und sich lächelnd bedanken. Aber Sie werden es wissen.«
    »Vielleicht!« Runcorn erhob sich mit hochrotem Kopf. »Aber Sie nicht, weil es nämlich in Clubs und Sälen und Speisezimmern passieren wird, in die man Sie nie einladen wird.«
    »Ebensowenig wie Sie, Sie Dummkopf!« sagte Monk mit beißendem Spott. »Sie sind kein Herr, und Sie werden auch nie einer sein! Sie stehen nicht wie einer, Sie kleiden sich nicht wie einer, Sie sprechen nicht wie einer – und vor allem haben Sie nicht den Mut dazu, weil Sie genau wissen, daß Sie keiner sind! Sie sind ein Polizist mit Ambitionen, die eine Nummer zu groß für Sie sind. Vor allem für den Polizisten, der Sir Herbert Stanhope verhaften wird – und daran wird man sich erinnern!«
    Runcorn nahm die Schultern hoch, als beabsichtige er, Monk einen Schlag zu versetzen. Sekundenlang starrten sie einander an, beide drauf und dran, sich zu prügeln.
    Dann entspannte sich Runcorn. Er setzte sich wieder und blickte Monk an, die Andeutung eines höhnischen Lächelns auf den Lippen.
    »Auch Sie wird man nicht vergessen, Monk, hier – auf der Polizeiwache. Mit Widerwillen wird man an Sie denken: der einfache Konstabler, den Sie tyrannisiert und fertiggemacht haben, die Männer, deren Ruf Sie ruiniert haben, weil sie weniger unbarmherzig waren als Sie oder nicht ganz so flink, wie Sie es von ihnen verlangt haben. Haben Sie je die Bibel gelesen, Monk? –Die Helden sind gefallen!« Erinnern Sie sich?« Sein Lächeln wurde breiter. »Oh, über Sie wird man in den Schenken und an den Straßenecken sprechen; wie gut, daß Sie endlich weg sind, wird man sich sagen. Und maulenden Rekruten wird man sagen, sie hätten ja keine Ahnung! Sie sollten mal einen wirklich harten Kerl sehen – einen richtigen Tyrannen!« Jetzt fand sein Lächeln den Weg in die Augen.
    »Geben Sie mir die Briefe, Monk, und dann gehen Sie wieder zurück zu Ihren kleinen Schnüffeleien und was immer Sie sonst jetzt so machen.«
    »Was ich mache? Was ich immer gemacht habe«, sagte Monk mit verhaltenem Zorn und erstickender Stimme. »Ich löse die Fälle, mit denen Sie nicht zurechtkommen, und räume hinter Ihnen her!« Er knallte die Briefe auf den Schreibtisch. »Ich bin nicht der einzige, der von ihnen weiß, glauben Sie also ja nicht, Sie können sie verschwinden lassen und irgendeinem armen Kerl die Schuld in die Schuhe schieben wie dem armen Teufel von einem Lakaien, den Sie seinerzeit an den Galgen gebracht haben.« Damit drehte er sich auf dem Absatz um, ging hinaus und ließ Runcorn kreidebleich und mit zitternden Händen zurück.

8
    Sir Herbert Stanhope wurde verhaftet und unter Anklage gestellt, und Oliver Rathbone wurde mit seiner Verteidigung beauftragt. Er war einer der besten Anwälte Londons und mit Monk und Hester Latterly seit Monks erstem Fall bestens bekannt. Ihr Verhältnis eine Freundschaft zu nennen wäre sowohl unter als auch übertrieben gewesen. Seine Beziehung zu Monk war komplex. Die beiden hatten großen Respekt voreinander, der durchaus an Bewunderung grenzte. Zudem vertrauten sie nicht nur blind auf die Kompetenz des anderen, sondern auch auf dessen berufliche Integrität.
    Auf der persönlichen Ebene jedoch war das etwas anderes. Monk fand Rathbone mitunter arrogant und blasiert, und seine Gespreiztheit war ihm zuweilen unerträglich. Rathbone, auf der anderen Seite, fand Monk arrogant und eigensinnig und übertrieben rücksichtslos obendrein.
    Mit Hester war das ganz anders, für sie empfand Rathbone eine Wertschätzung, die mit der Zeit immer tiefer und intimer wurde. Als Lebensgefährtin schien sie ihm nicht so recht geeignet, dafür war sie ihm zu dogmatisch und hatte zu wenig Vorstellungen davon, wofür eine Dame sich zu interessieren hatte – Kriminalfälle nun

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