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Im Schatten der Gerechtigkeit

Im Schatten der Gerechtigkeit

Titel: Im Schatten der Gerechtigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Hände geschickt und kräftig.
    »Dann bin ich genau richtig«, antwortete er und begegnete ihrem Blick. »Ich bin auf der Suche nach Miss Nanette Cuthbertson.«
    »Sie haben sie eben gefunden.« Sie war überrascht, aber freundlich und offen. »Was kann ich für Sie tun, Sir?«
    »Guten Tag, Miss Cuthbertson. Mein Name ist William Monk. Ich gehe Lady Callandra Daviot aus dem Verwaltungsrat des Königlichen Armenspitals zur Hand. Ihr ist sehr daran gelegen, die Umstände von Miss Barrymores Tod zu klären. Sie waren doch mit ihr bekannt, glaube ich?«
    Das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht, aber ihr war keinerlei Neugierde anzusehen, nur die vom Anstand gebotene Zurkenntnisnahme einer solchen Tragödie. Weiterhin so vergnügt dreinzuschauen hätte sich nicht geschickt.
    »Das war ich, natürlich. Aber ich kann mir nicht denken, wie ich Ihnen helfen sollte.« Anmutig stieg sie aus dem Sattel, ohne ihn um Hilfe zu bitten und noch bevor er zuspringen konnte. Sie hielt die Zügel lose, fast als überlasse sie es dem Pferd, ihr zu folgen. »Ich weiß nichts darüber, außer was Mr. Taunton mir erzählt hat, mit anderen Worten nichts weiter, als daß sie eines ebenso plötzlichen wie schrecklichen Todes gestorben ist.« Sie sah ihn mit sanften, unschuldigen Augen an.
    »Sie wurde ermordet«, antwortete er, seine Worte voller Gewalt, aber sein Ton die Liebenswürdigkeit selbst.
    »Oh.« Sie wurde sichtlich blaß, aber er hätte nicht sagen können, ob das an der Nachricht lag oder an der Art, wie er sie überbrachte. »Wie gräßlich! Tut mir leid, mir war nicht klar…« Mit gerunzelten Brauen sah sie ihn an. »Mr. Taunton hat nur gesagt, ein Hospital wäre kein Ort für eine anständige Frau, weiter nichts. Ich hatte keine Vorstellung davon, daß es so schlimm ist. Krankheiten, natürlich, das kann ich verstehen. Das erwartet man schließlich. Aber Mord!«
    »Es kann durchaus sein, daß die Örtlichkeit reiner Zufall war, Miss Cuthbertson. Leute werden auch in Wohnhäusern ermordet, und wir würden nicht sagen, daß Wohnhäuser gefährlich sind!«
    Ein orangefarbener Schmetterling mit schwarzen Flecken verirrte sich zwischen sie und flatterte wieder davon.
    »Ich verstehe nicht…« Ihrem Gesichtsausdruck war deutlich anzusehen, daß dem so war.
    »Haben Sie Miss Barrymore gut gekannt?«
    Sie machten sich langsam auf den Rückweg zur Farm. Auf dem hartgetrampelten Weg war gerade noch Platz für ihn, das Pferd kam mit gesenktem Kopf hinterdrein.
    »Früher mal«, antwortete sie bedächtig. »Als wir noch viel jünger waren. Als Kinder. Seit sie auf der Krim gewesen ist, hat sie wohl keiner mehr gekannt. Sie hatte sich verändert, wissen Sie.« Sie wandte sich ihm zu, um zu sehen, ob er verstand.
    »Ich kann mir vorstellen, daß das eine Erfahrung ist, die jeden verändern kann«, pflichtete er ihr bei. »Wie sollte man soviel Verwüstung und Leid sehen, ohne daß es einen verändert?«
    »Ich nehme an, Sie haben recht«, sagte sie und warf einen Blick nach hinten, um zu sehen, ob das Pferd auch gehorsam folgte. »Aber es hat sie wirklich sehr verändert. Sie war ja schon immer… wenn ich jetzt eigensinnig sage, denken Sie bitte nicht, daß ich ihr etwas Schlechtes nachsagen will, es ist nur so, daß sie so glühende Wünsche und Pläne hatte.« Sie schwieg einen Augenblick, um ihre Gedanken zu ordnen. »Ihre Träume waren einfach anders als die anderer Leute. Aber nachdem sie aus Skutari zurückkam, da war sie…«, sie legte die Stirn in Falten, während sie nach dem passenden Wort suchte, »… härter – innerlich härter.« Dann blickte sie kurz zu Monk auf und zeigte ihm ein strahlendes Lächeln. »Tut mir leid. Hört sich das unfreundlich an? Das wollte ich nicht.«
    Monk blickte ihr in die warmen braunen Augen, dann auf die feinen Wangen und dachte, daß sie das sehr wohl wollte sie wollte nur nicht, daß andere sie so sahen. Er spürte einen Teil von sich reagieren und haßte sich für seine Gutgläubigkeit. Sie erinnerte ihn an Hermione, und Gott allein wußte wie viele andere Frauen aus seiner Vergangenheit, deren vollendete Weiblichkeit ihn angezogen und getäuscht hatte. Warum war er nur so ein Dummkopf gewesen? Wo er doch Dummköpfe verachtete!
    Er war skeptisch, ja zynisch. Wenn Mrs. Barrymore recht gehabt hatte, dann hatte diese charmante Frau mit den sanften Augen und dem lächelnden Mund Geoffrey Taunton schon eine ganze Weile für sich gewollt; seine Zuneigung zu Prudence mußte sie furchtbar

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