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Im Schatten der Giganten: Roman

Im Schatten der Giganten: Roman

Titel: Im Schatten der Giganten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Tallerman , Andreas Brandhorst
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fühlte. Ich hörte lautes Wiehern, als die Rösser hinter uns herumgerissen wurden und weitere Rufe erklangen. Hufe wühlten regenfeuchten Boden auf, als die Pferde wieder losliefen. Einen Moment später waren sie rechts und links neben uns, und wir liefen in einem Korridor aus Pferdekörpern. Ich duckte mich noch etwas tiefer und lief noch etwas schneller, obwohl meine überanstrengten Muskeln protestierten. Und ich wusste, dass es sinnlos war.
    Ein Arm streckte sich mir entgegen. Ich wollte ihm ausweichen, stolperte und fiel der Länge nach ins Gras. Salzleck machte einen Bogen, um mir auszuweichen, kam dann rutschend zum Stehen und hinterließ dabei zwei lange Furchen im Boden. Ich war zu erschöpft, um mich zur Wehr zu setzen oder um Gnade zu flehen. Keuchend blickte ich zu dem Mann auf, der sich anschickte, mich zu töten.
    Er sah überraschend vertraut aus.
    »Verdammt, Damasco!«, rief Mounteban, beugte sich aus dem Sattel und streckte mir die Hand entgegen. »Willst du dich retten lassen oder nicht?«

9
    S päter fand ich heraus, dass nur ein Dutzend Bogenschützen das Lager unter Beschuss genommen hatten. Aber es waren allesamt besonders gute Schützen, und mit den robusten castovalanischen Bögen und ihrer guten Schussposition konnten zwölf Männer eine ganze Menge bewirken. Hundert Bogenschützen und ein Kavallerieangriff hätten Moaradrids zu kleiner Streitmacht den Garaus machen und den Krieg auf einen Schlag beenden können, aber solche Ressourcen standen Estrada nicht zur Verfügung. Sie war schon ein erhebliches Risiko eingegangen, indem sie ihre wenigen guten Bogenschützen zum Einsatz brachte.
    Ein kühnes Unterfangen. Mounteban und seine Männer hatten dadurch die eine Minute Zeit gewonnen, die sie brauchten, um ins Lager vorzustoßen, uns zu finden und mit uns zu verschwinden.
    Es genügte natürlich nicht.
    » Dies ist der Plan? Die Bürgermeisterin ist vollkommen übergeschnappt, und mit dir steht es noch schlimmer, weil du ihr folgst!«
    Mounteban hielt sich nicht mit einer Antwort auf. Er konzentrierte sich auf den Ritt zum Rand des Lagers und fragte sich vermutlich, wie er der kleinen Streitmacht entkommen sollte, die uns dort den Weg versperrte. Außerdem fiel ihm vielleicht das Sprechen schwer, weil ich mich so sehr an ihm festklammerte.
    Mich machte es keineswegs sprachlos. »Ihr seid wahnsinnig, alle zusammen! Uns erwartet der sichere Tod. Genauso gut hätten wir versuchen können, das Lager zu Fuß zu verlassen.«
    Ich hatte noch viel mehr zu sagen, aber leider keine Zeit dafür. Links von uns ging ein Reiter in einem unglaublichen Durcheinander aus wirbelnden Hufen und Dreck zu Boden. Der Schrei des Tiers schien ein ganzes Stück länger zu dauern, als es eigentlich der Fall sein sollte. Ich wandte den Blick ab, wodurch ich sah, wie der Mann rechts von uns plötzlich die Arme hochriss, für einen Moment in leerer Luft zu schweben schien und das Pferd unter sich verlor. Er lag auf dem Boden, alle viere von sich gestreckt, bevor ich den Pfeil in seiner Brust bemerkte.
    Die Soldaten vor uns bildeten drei Reihen, und der flackernde Kerzenschein verlieh ihnen seltsame Farben. Niemand von ihnen zeigte Bereitschaft, den Weg freizugeben. Wir wären vielleicht imstande gewesen, die erste Reihe mit den Säbeln hinter uns zu bringen, aber dahinter fiel mir der schreckliche Glanz von Speeren auf.
    Etwas sauste an uns vorbei, eine schemenhafte Bewegung vor dem Hintergrund der Sterne. Die anderen Reiter wichen gerade noch rechtzeitig aus. Ein Hämmern wie von Kriegstrommeln übertönte das Stampfen der Hufe unserer Pferde. Ich erkannte erst, dass der dunkle Koloss Salzleck war, als er auf die erste Reihe der Soldaten traf, wie ein Felsen, der in einen Heuhaufen rollte.
    Die meisten von Moaradrids Männern waren vernünftig genug, zur Seite zu springen. Wer nicht genug Vernunft aufbrachte, wurde vom Riesen beiseitegestoßen. Einer flog an uns vorbei, mit blutiger Stirn und einem halb erstickten Schrei, der hinter uns verhallte. Ein Speerkämpfer war so tapfer und dumm, seine Waffe auf Salzleck zu richten. Der griff danach, ohne langsamer zu werden, hob Mann und Speer zusammen an und warf beide mühelos über seine Schulter. Er durchbrach die letzte Reihe, ohne einmal innezuhalten, und lief weiter, gleichgültig und erbarmungslos wie eine Lawine.
    Die Nordländer, die noch bei Bewusstsein und einigermaßen heil waren, wollten ihre Reihen gerade schließen, als wir eintrafen. Einer schlug halbherzig

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