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Im Schatten der Giganten: Roman

Im Schatten der Giganten: Roman

Titel: Im Schatten der Giganten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Tallerman , Andreas Brandhorst
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nach uns und bekam als Dankeschön Mountebans Stiefel ins Gesicht.
    Die Soldaten blieben hinter uns zurück, und am liebsten hätte ich einen Freudenschrei ausgestoßen. Immerhin … Wer hätte das gedacht? Doch dann warf ich einen Blick über die Schulter und beobachtete, wie der Rest unserer Gruppe auf den Rest der Verteidiger traf. Sie waren verwirrt und bestürzt, ihre Formation hatte sich aufgelöst, aber sie hatten auch einen Moment Zeit gehabt, sich von der Überraschung zu erholen, und das genügte ihnen. Wie aus dem Nichts bildete sich ein Wald aus Speeren, dem der erste Reiter zum Opfer fiel. Die anderen beiden zügelten ihre Pferde, um seinem sich aufbäumenden Ross auszuweichen, und verloren schnell hintereinander ihren Schwung, ihre Sättel und ihr Leben.
    Die wilde Freude, die ich eben noch empfunden hatte, schmeckte plötzlich bitter.
    Wenn Mounteban wusste, was gerade geschehen war, so ließ er sich nichts davon anmerken. Er wandte sich nach links, beugte sich dicht über den Hals seines Pferds und ritt an den Büschen vorbei, die die Straße rechts von uns säumten. Salzleck war dort stehen geblieben, setzte sich wieder in Bewegung und folgte uns. Kurz darauf änderte Mounteban erneut abrupt die Richtung, und diesmal ging es den Hang hinauf. Unser Pferd stolperte und wäre fast gefallen. Im letzten Moment fing es sich, lief weiter und brach durch die Baumlinie.
    Vage konnte ich einen Weg durchs Unterholz erkennen, gerade breit genug für ein Pferd im Galopp. Salzleck lief direkt hinter uns. Zweige schlugen mir ins Gesicht, und ich wünschte, Mounteban wäre so klug gewesen, den Riesen vor uns laufen zu lassen.
    Kurze Zeit später bemerkte ich Licht voraus. Seine Quelle blieb mir verborgen, bis wir sie fast erreicht hatten. Ein Riss durchzog hier die Felswand, und Männer mit Fackeln hielten dort Wache. Sie wirkten vor allem überrascht und nicht unbedingt erfreut, als sie Mounteban erkannten – wahrscheinlich hatten auch sie nicht mit unserem Überleben gerechnet.
    »Was ist mit den anderen?«, rief jemand.
    »Uns ergeht es wie ihnen, wenn ihr nicht sofort Platz macht«, erwiderte Mounteban scharf.
    Als sich meine Augen an das Wechselspiel von Licht und Dunkelheit gewöhnt hatten, stellte ich fest, dass große Steine zu beiden Seiten des Spalts aufgestapelt und mit Zweigen bedeckt waren – der Zugang schien bis vor kurzer Zeit getarnt gewesen zu sein. Wir stiegen ab und kletterten in die Felsspalte, wo mir Seile an den Balken auffielen, die die Decke stützten.
    Weiter im Innern fanden wir zwei missmutige Maultiere, an denen die Seile befestigt waren. Mountebans Leute versuchten, sie mit Schlägen aufs Hinterteil und lautem Gefluche anzutreiben. Das eine ließ sich schließlich dazu herab, einen Schritt nach vorn zu machen, während das andere weiterhin auf stur schaltete, sich nicht von der Stelle rührte und seine gelben Zähne zeigte. Das erste Maultier iahte anerkennend und beschloss, sich ein Beispiel am zweiten zu nehmen.
    Rufe und lauter werdende Schritte hinter mir wiesen mich darauf hin, dass wir unseren Verfolgern nicht entkommen waren. Ein Pfeil bohrte sich in den Balken rechts von mir und bestätigte diese Annahme.
    Salzleck stand gebeugt im Zugang und blickte starr geradeaus. Ich rief seinen Namen und rechnete damit, dass er nicht auf mich achtete, aber stattdessen senkte er den Blick. Erst jetzt wurde mir das Ausmaß seiner Verletzungen klar. Ein neuer Schnitt reichte von der Wange bis zur Schulter und verströmte reichlich Blut. Ähnlich schlimme Wunden zeigten sich an Oberkörper und Armen. Doch er hatte mehr ausgeteilt als eingesteckt, worauf das Blut an seinen Händen hinwies. Ich deutete auf den Balken an seiner Seite, auf das schlaff hängende Seil daneben. Zuerst schien er nicht zu verstehen. Sein Blick wanderte zu den Maultieren und blieb dort.
    Ein weiterer Pfeil kam aus der Dunkelheit und bohrte sich ihm in die Schulter. Er schien es nicht einmal zu bemerken.
    »Salzleck«, sagte ich in einem drängenden Ton.
    Er schüttelte den Kopf, als erwachte er aus einem besonders unangenehmen Traum. Er sah erst mich an und dann den Balken. Schließlich hob er eine große Hand und schob den Balken so mühelos beiseite, als wäre er nur ein Bündel aus Zweigen. Ein Ächzen kam von der Decke, und sie gab nach. Erde rieselte herab, gefolgt von kleinen Steinen und dann von welchen so groß wie Melonen. Einige trafen Salzleck und hinterließen rote Flecken. Er versuchte nicht, ihnen

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