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Im Schatten der Giganten: Roman

Im Schatten der Giganten: Roman

Titel: Im Schatten der Giganten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Tallerman , Andreas Brandhorst
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Schluss, dass es sich um eine Art Aufzugplattform handelte.
    »Habt nur keine Eile«, sagte Mounteban. »Wir haben nur fünf Männer dabei verloren, eure wertlose Haut zu retten.«
    Es erschien mir unhöflich, darauf hinzuweisen, dass Rettung nur deshalb erforderlich gewesen war, weil er und Estrada mich praktisch in den sicheren Tod geschickt hatten. Ohne ein Wort trat ich auf die Plattform, und Salzleck folgte mir. Mounteban zog an einem Seil, und das Läuten einer Glocke weit oben hallte durch den Schacht über uns. Ein Ruck ging durch die Plattform, und Holz knirschte unter uns, als die Reise nach oben begann. Der Aufzug war dazu bestimmt gewesen, Erz und Schmuggelware zu befördern, vielleicht auch Menschen und Maultiere, aber ein erwachsener Riese stellte eine ganz neue Herausforderung für ihn dar, und die schien ihm nicht sonderlich zu gefallen. Quälend langsam ging es nach oben. Da ich nichts weiter als feuchten, fleckigen Fels und meine trübsinnigen Begleiter sah, erwog ich die Möglichkeit, der durch meinen Körper kriechenden Müdigkeit nachzugeben. Die ruhigen, friedlichen Stunden in meiner Zelle schienen eine Ewigkeit zurückzuliegen. Voller Sehnsucht erinnerte ich mich daran, und mir fielen die Augen zu.
    Ein weiterer Ruck und ein lautes Rasseln weckten mich aus dem Halbschlaf – wir hatten eine Höhle erreicht, größer als die weiter unten. Ob sie natürlichen Ursprungs oder von Menschenhand geschaffen war, konnte ich nicht feststellen, aber sie erschien mir riesig und wies mindestens ein halbes Dutzend Ausgänge auf, die in verschiedene Richtungen führten. Die Decke wölbte sich über uns und fiel zum Rand hin steil ab, wie das Dach eines Pavillons. Offenbar diente die Höhle hauptsächlich als Lagerraum, denn Kisten und Fässer nahmen den größten Teil des Platzes ein, der nicht von der Plattform und dem Aufzugmechanismus beansprucht wurde. Das Licht stammte von Fackeln in Wandhalterungen. Etwa zwanzig Männer hatten sich umgedreht und unsere Ankunft beobachtet. Sie alle waren mit der einen oder anderen Arbeit beschäftigt gewesen: Waffen putzen, Rüstungen ölen, Rucksäcke und Satteltaschen packen, mit Dingen, die sie den Säcken und Kisten entnahmen.
    Marina Estrada stand mit verschränkten Armen vor der Plattform des Aufzugs. »Du hast es geschafft«, sagte sie.
    Es klang sowohl zufrieden als auch müde. Bei unserer letzten Begegnung hatte sie einen mitgenommenen Eindruck auf mich gemacht, aber jetzt sah sie aus, als könnte sie in starkem Wind zerbrechen. Es musste auch für sie eine anstrengende Nacht gewesen sein.
    Ich wollte es nicht leichter für sie machen. »Ja, wir haben es geschafft, was wir allerdings nicht deinem hirnrissigen …«
    Mounteban schob mich beiseite, so grob, dass ich fast auf dem Boden gelandet wäre. Er warf mir einen Blick zu, in dem so viel Verachtung lag, dass Holz verfault wäre. »Ich habe sie alle verloren, Marina. Ich hoffe, das war dein Plan wert. Ich hoffe, er ist es wert.«
    Er marschierte an mir vorbei und verschwand durch einen Ausgang. Alle sahen ihm verwundert nach.
    Estrada seufzte – es klang mehr nach einem geräuschvollen Schaudern – und sagte so leise, dass ihre Worte für niemanden bestimmt sein konnten: »Aber du hast es geschafft.«
    Sie wandte sich an mich. »Nichts ist jemals die Opfer wert, die man dafür bringt.« Sie schüttelte den Kopf. »Castilio versteht das. Oder er wird es verstehen, wenn er sich beruhigt hat. Du hast uns gute Dienste geleistet, Easie Damasco.«
    »Mir blieb keine Wahl.«
    »In den letzten Tagen habe ich gelernt, dass es immer eine Wahl gibt, aber sie kann manchmal schrecklich sein.« Estrada sah Salzleck an. »Meister Salzleck, nicht wahr? Es ist mir eine Ehre, Euch hierzuhaben. Ich bedauere sehr, dass Ihr so viel Leid ertragen musstet.«
    Salzleck begegnete ihrem Blick für ein oder zwei Sekunden und ließ dann den Kopf hängen. Dass Estrada dem Riesen gegenüber die förmliche Anrede verwendete, erstaunte mich sehr, und hinzu kam etwas betont Würdevolles in ihrem Gebaren. Dann kehrte die Erschöpfung zurück, wie eine Welle, die ein elegantes Muster im Sand verwischte, und erneut sah ich nur eine Frau, die dringend Schlaf brauchte.
    Ihrem Gesichtsausdruck entnahm ich, dass die Chancen dafür eher schlecht standen. Sie drehte sich zu den Männern in der Höhle um und rief: »Bis zum Morgen werden diese Tunnel in Moaradrids Hand sein. Alle versammeln sich draußen in zehn Minuten. Gebt es weiter.«
    Ich

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