Im Schatten der Giganten: Roman
ewige Dankbarkeit?
»Ich habe gesagt, dass ich gekommen bin, um dich zu retten, du potthässliches Monstrum!« Es platzte lauter als beabsichtigt aus mir heraus.
»Nicht will.«
Ich atmete tief durch und versuchte, ruhig zu bleiben. »Nun, es steht nicht zur Diskussion. Du bist jetzt still, damit mich hier niemand entdeckt. Ich schneide dich los, wir rennen weg und werden wahrscheinlich mit Pfeilen gespickt, bevor wir auch nur fünf Schritte weit kommen. Pech gehabt, es lässt sich nicht ändern.«
Salzleck starrte mich finster an. Diesen Eindruck gewann ich jedenfalls, obwohl es mir noch immer schwerfiel, den Ausdruck seines großen, irgendwie klumpigen Gesichts zu deuten. Oder es lag daran, dass er an Verstopfung litt, was weiß ich. Auf jeden Fall widersprach er mir nicht.
Ich eilte auf die andere Seite des Baums, zog das Messer vom Gürtel und nahm mir die Fesseln vor. Wer auch immer ihn festgebunden hatte – er schien nicht bereit gewesen zu sein, auch nur das kleinste Risiko einzugehen. Ich konnte es ihnen nicht verdenken, denn immerhin handelte es sich um einen Riesen. Aber für mich bedeutete es Schwerarbeit. Zum Glück hatte mir Estrada ein besonders scharfes Messer zur Verfügung gestellt.
»Es würde helfen, wenn du dich entspannst, Salzleck.«
Eine Antwort blieb aus, und er entspannte sich auch nicht. Ich brummte, setzte meine Bemühungen fort und dachte daran, wie leicht es geschehen konnte, dass die Klinge abrutschte und in etwas schnitt, in das sie nicht schneiden sollte. Ein Seil gab nach, und die anderen lockerten sich ein klitzekleines bisschen. Nach dem Durchtrennen eines weiteren Stricks stellte ich fest, dass ich das Messer ins Knotenknäuel stecken konnte, und daraufhin kam ich schneller voran.
Ich hatte es fast geschafft, als mich etwas innehalten ließ. Es war kein Geräusch, eher eine Veränderung in der Art der Stille. Ich legte den Kopf auf die Seite und lauschte aufmerksam.
Da war es wieder, ein Seufzen, das nicht vom Wind stammen konnte. Mir wurde der Grund für dieses Fast-Geräusch klar: Füße, die unglaublich leise durch feuchtes Gras strichen. Wer auch immer sich näherte, er kam von vorn und mit geradezu übernatürlich leichten Schritten. Ich fragte mich, was riskanter war, an Ort und Stelle zu bleiben und eventuell beim Durchschneiden der Fesseln erwischt zu werden, oder nach vorn zu gehen und mich auf meine Tarnung zu verlassen. Furcht gab den Ausschlag. Ich machte mich so klein wie möglich und duckte mich hinter dem Baum mit Salzleck.
Die Schritte verharrten.
»Du weißt, dass ich dir keine Befehle mehr erteilen kann.«
Ich kannte die Stimme. Nur ein einziges Mal hatte ich sie gehört, und bei der Gelegenheit hatte sie nicht mehr als ein halbes Dutzend Sätze gesagt, aber sie hatte sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Niemand sonst sprach mit der kalten Präzision von Moaradrid.
»Aber du wirst mir Auskunft geben. Was du bisher erlitten hast, ist nichts im Vergleich mit dem, was dich erwartet. Ein erfahrener Folterer ist auf dem Weg hierher, ein Meister, der sein Handwerk versteht. Du wirst seine Fragen beantworten. Du wirst ihn anflehen, dir zuzuhören. Ich bin nicht grausam, Riese, aber wir sind zu weit gekommen, und ich stehe zu dicht vor dem Ziel. Deine Freunde kämpfen nur dann, wenn sie sehen, dass ich das Objekt habe. Ohne sie bleibt mir der Thron des Narren in Pasaeda verwehrt. Glaub mir also, wenn ich sage, dass ich dich jetzt zum letzten Mal frage: Wo ist der Stein?«
Salzleck schwieg. Ich hörte ihn nicht einmal atmen.
»Na gut. Du hast deine Wahl getroffen.«
Ich vernahm das Rascheln von Moaradrids Mantel, als er sich abwandte, und dann entfernten sich seine Schritte, die diesmal nicht ganz so leise waren. Einige Meter entfernt blieb er stehen.
»Wenn du nicht nachgibst, könnte ich mir deine Familie vornehmen«, sagte Moaradrid. »Vielleicht löst es deine Zunge, wenn du sie leiden siehst.«
Die Schritte entfernten sich.
Salzleck wollte losheulen, ich spürte es. Da er saß, konnte ich gerade so seinen Kopf erreichen. Ich drückte ihm beide Hände auf den Mund.
»Bleib still!«, zischte ich. »Ich helfe dir. Wir können uns auf den Weg machen und deine Familie suchen, wenn du willst. Aber wenn du jetzt laut wirst und er zurückkehrt, ist alles verloren.«
Ich fühlte die Anspannung in seinen Muskeln. Nach einem Moment ließ sie nach, aber nur ein wenig. Ich zögerte und nahm dann die Hände von seinem Mund.
»Gehen jetzt«, sagte
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