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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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gebadet. Im Übrigen bezweifelte ich sehr, dass Frobisher nach Cumnor vorausgeeilt war, nur um ein Bad für mich vorzubereiten; da lag es näher, zu vermuten, er wolle sich mit Pirto besprechen, ehe ich eintraf.
    Sich mit Herbert Maudlin in christlicher Nächstenliebe zu üben konnte warten. Es mochte unwürdig sein, sich Gedanken über Sündenböcke zu machen, aber Gefahren zu ignorieren war dumm. Also sagte ich Maudlin, ich müsse erst dringende Geschäfte in Cumnor erledigen, doch würde ich versuchen, später am Tag nach Felton zu sehen, mit dem ich ohnehin noch einmal reden wollte.
    Ich brach ohne Frühstück von Abingdon auf. Der morgendliche Nebel war sehr dicht; es sah so aus, als ob er sich erst spät heben würde. Es war die Art von Nebel, die in sorgenlosen Zeiten zur Jagd einlädt, weil man nahe an das Wild herankommt, um es dann mit den ersten Sonnenstrahlen erlegen zu können. Auf meinem Gaul sitzend, wünschte ich mir, ich würde einem Eber oder Hirsch hinterherjagen und nicht dem Brief einer Toten an mich. Manchmal trug die Morgenluft Geräusche zu mir, von krähenden Hähnen über Amseln bis hin zum Muhen von Kühen, und hin und wieder bildete ich mir sogar ein, Hufschlag vor mir zu hören, doch ich holte niemanden ein, weder Frobisher noch einen anderen.
    Morgen würde es bereits eine Woche her sein, dass Amy gestorben war. Ich fragte mich, ob ihr letzter Sonntagmorgen auch so still gewesen war, dass man jedes Geräusch hören konnte. Nicht, als die gesamte Dienerschaft zum Jahrmarkt zog, das verstand sich von selbst, aber später, als sie mit Mrs.Owens alleine im Haus war. Ob sie darauf gelauscht hatte, dass jemand kam, oder darauf hoffte, dass sie ungestört blieb, während ihre Feder auf dem Papier kratzte, das nun im Besitz ihrer Zofe sein sollte?

    Meine schlimmsten Befürchtungen schienen sich zu bestätigen, als mich niemand in Cumnor erwartete und der junge Latimer sehr überrascht tat, mich in den Hof reiten zu sehen. Frobisher ist gleich weiter zu Pirto gegangen, sagte ich mir und befahl ihm, sich um das Pferd zu kümmern. »Ich werde es heute Abend mit einer Nachricht an my lord Dudley nach Kew schicken«, fügte ich hinzu, »also sieh zu, dass ein Bote bereitsteht. Und damit meine ich nicht Frobisher.«
    Latimer runzelte die Stirn. »Frobisher ist doch nach London gezogen, auf Euer Geheiß, Master Blount«, sagte er. »Ist er nicht mehr dort?«
    Ich verzichtete darauf, klarzustellen, dass Frobishers Ausflug nach London nichts mit meinen Befehlen zu tun hatte. »Nein«, sagte ich kurz angebunden. »Er ist mir vorausgeritten – soll das heißen, dass er noch nicht hier ist?«
    »Ihr seid der Erste, der heute Morgen hier eintrifft«, gab Latimer zurück. »Seht selbst.« Er wies auf die anderen Tiere im Stall, die in der Tat alle ausgeruht wirkten; keines von ihnen hatte draußen gestanden oder war gerade erst abgesattelt worden, selbst die zwei Maultiere nicht. Das schmeckte mir ganz und gar nicht.
    »Ist Pirto hier?«, fragte ich.
    »Selbstverständlich, Sir«, entgegnete Latimer verwundert. »Wo sollte sie sonst sein?«
    »Ich möchte, dass sie mir etwas zu essen bringt«, sagte ich und hoffte, dass dieser Wunsch nicht nach einer Aufforderung zum Verhör klang. Das Letzte, was ich gebrauchen konnte, war, dass Latimer Pirto riet, sie solle lieber fortrennen. Wobei – eigentlich bestand diese Gefahr nicht. Wenn sie sich noch im Haus befand, dann würde sie höchst erfreut sein, mir ihre Forderungen so schnell wie möglich mitteilen zu können. »Mir knurrt der Magen.«
    »Gewiss. Wollt Ihr in der Küche essen, Herr? Master Appleyard hat jetzt my ladys Zimmer, wie Ihr wisst, und ich glaube, er schläft noch. Wir hätten Euch natürlich längst einen eigenen Raum bereitet, aber Master Forster hat gesagt, wir sollten damit warten, bis Ihr wieder zurück seid, damit Ihr selbst wählen könnt.«
    John Appleyard. Ich würde ihm noch beibringen müssen, dass Robin nicht die Absicht hatte, ihn zu Amys Alleinerben zu machen. Außerdem musste ich in Erfahrung bringen, ob die Geschworenen inzwischen schon mit allen Bediensteten hier gesprochen und was sie herausgefunden hatten, und ob sie heute noch einmal zurückkehren würden. Aber all das konnte warten, bis ich mit Pirto gesprochen hatte, denn bis ich sie zu Gesicht bekam, konnte ich nicht umhin, mir vorzustellen, wie sie und Frobisher mitsamt Amys Brief auf dem Weg nach London waren. Schließlich hatte ich keine Ahnung, wann Frobisher

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