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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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es auch nur so, dass sie ihn liebte und sich lieber so lange wie möglich an die Hoffnung geklammert hat, dass er sie auch liebte. Frauen tun eigenartige Dinge, wenn sie lieben.«
    »Und das Kind?«
    »Das habe ich nicht herausfinden können«, gab Frobisher zu. »Obwohl ich darauf hinweisen möchte, dass jemand, der als besessen gilt, nicht täglich auf die Straße zu gehen und sich vor aller Welt sehen zu lassen braucht. Niemand wundert sich, dass so ein Mädchen eingesperrt bleibt, bis der Teufel aus ihr ausgetrieben wurde. Natürlich hat es keine neun Monate gedauert, aber ich habe Frauen gekannt, denen hat man vier Monate, vielleicht auch fünf kaum etwas angesehen, weil sie ohnehin wohlgerundet waren. Sie brauchte ihre Besessenheit bestimmt nur drei bis vier Monate zu spielen, und länger hat das Spektakel auch nicht gedauert, soweit ich gehört habe.«
    Ich setzte mich auf den einzigen Stuhl im Raum und versuchte, mir den Rest der Geschichte zusammenzusetzen. »Und dann erwartet Alice Forster doch noch ein Kind. Damit weiß Barbara Cross, dass Forster sie niemals als seine rechtmäßige Ehefrau anerkennen wird. Agnes Cross erkennt, dass sie eine neue Stellung braucht, und das bald, weil Forster ganz gewiss niemanden im Haus haben will, der seinem zukünftigen Erben die eheliche Geburt absprechen könnte. Cross versucht also, von Amy eingestellt zu werden. Gut. Aber weswegen hat mir Ned Cross dann diese Geschichten mit Oxford aufgebunden, und warum hat mich Agnes Cross dort zu einer falschen Adresse geschickt? Wenn deine Erklärung stimmt, möchte man meinen, sie würden nur darauf brennen, Anthony Forster alles heimzuzahlen und mir einfach die Wahrheit zu sagen. Das wäre doch naheliegend.«
    Frobisher kratzte sich am Kopf. »Wenn Ihr es recht bedenkt, Master Blount, dann haben sie alle gerade genug Andeutungen in ihre Halbwahrheiten verpackt, um Euch neugierig zu machen«, begann er und setzte dann schnell hinterher: »Und um dafür zu sorgen, dass Anthony Forster merkt, dass Ihr neugierig geworden seid, aber nicht genügend, um vor ihm als Verräter dazustehen. Ganz ehrlich, ich glaube, sie wollten ihm Hummeln in den Hintern setzen, ihm Angst machen, dass Ihr sein Geheimnis entdeckt und der Welt offenbart, dass er eine Ehe und eine weitere Frau mit einem gültigen Eheversprechen hat, und so sicherstellen, dass er ihnen und ihrer Barbara zumindest den Abschied vergoldet. Ohne jemanden auf seinen Fersen, der ihm gleichgestellt ist, mussten sie doch befürchten, dass er Agnes Cross einfach hinauswirft und Barbara als verrücktes ehemaliges Teufelsopfer darstellt. Vor allem, wenn er in Oxford tatsächlich einen willfährigen Kleriker gefunden hat, der ihm bestätigt, dass Eide vor einem katholischen Priester nicht gültig sein müssen.«
    Die Vorstellung, unwissentlich als Erpressungsinstrument gedient zu haben, schmeckte mir ganz und gar nicht. Nicht, dass mir Forster leidtat, wie auch immer sich die Wahrheit verhielt, aber wenn Frobisher recht hatte, dann war ich wenig mehr als die Puppe von ein paar Dienstboten und einem Wirt gewesen. Meine Selbstachtung erhielt einen weiteren schweren Schlag. Ich war jedoch noch immer nicht ganz überzeugt. Auf jeden Fall konnte ich einen Branntwein gebrauchen. Ich fragte mich gerade, wo Claire Latimer blieb, als mein Blick auf einen kleinen Korb in der Ecke fiel, in dem das Stickzeug lag, mit dem Edith Odingsells in dieser Woche ständig beschäftigt gewesen zu sein schien. Unter den Wollknäueln und Tüchern lugte etwas hervor, dass mich verdächtig an eine braune Lederflasche von der Art erinnerte, wie wir sie im Heer mit uns geführt hatten. Edith, Edith, dachte ich, griff mir das Fläschchen, schraubte es auf und schnupperte daran.
    »Und wie«, fragte ich, nachdem ich einen Schluck genommen hatte, und feststellte, dass Edith Odingsells offenbar eine Vorliebe für die Schotten hatte, »willst du das alles herausgefunden haben, wenn ich es nicht konnte?«
    Ein Schatten von Frobishers früherem Grinsen huschte über sein Gesicht, während er begann, mit beiden Händen an seinem rechten Bein herumzukneten, um sich aufzuwärmen. Ich erbarmte mich seiner und warf ihm die Lederflasche zu.
    »Dank meines Gewerbes und persönlichen Einsatzes, Ehrwürdigster. Mir wollte nämlich die Sache von dem Teufel nicht aus dem Kopf, der in dieser Gegend auf einmal wieder gesichtet wurde und genauso aussah, wie Barbara Cross ihn einmal beschrieben hatte: dunkelhaarig, dunkelhäutig, ein

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