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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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my lady so in Erinnerung behält. Nun werden bis zur Beerdigung in Oxford immer noch ein paar Tage vergehen, und deswegen brauche ich deine Hilfe. Ich habe gehört, in diesem Haushalt gibt es irgendwo eingelagertes Eis?«

    Eigentlich hatte ich geplant, auf eine erfolgreiche Befreiung hin sofort zwei Dinge folgen zu lassen: Erstens, sofort und ohne weitere Umschweife von Frobisher zu erfahren, was er über Anthony Forster wusste, und zweitens, ihm auch ohne weitere Umschweife zu zeigen, was ich davon hielt, dass er sich Forster gegenüber als mein Lustknabe präsentiert hatte. Gewiss, es war vielleicht ursprünglich Forsters Idee gewesen, aber abgesehen von allem anderen war es die Art von Beschuldigung, die mich meinen gerade erst erreichten Parlamentssitz kosten und mir Kerker und Schande einbringen konnte, wenn ein einflussreicher Feind Wind davon bekam. Gerüchte hatten immer die unangenehme Folge, dass etwas hängen blieb.
    Neben einer verängstigten Magd zu stehen und einen Mann aus einem Felsenkeller zu ziehen, der so durchfroren war, dass er noch nicht einmal mehr mit den Zähnen klapperte, geschweige denn einen seiner sonstigen überschwenglichen Grüße entbot, ließ mich das zweite Vorhaben zurückstellen und machte das erste vorerst unmöglich.
    Claire Latimer, die den nun nutzlosen Eimer für das Eis, das wir angeblich holen wollten, in der Hand hielt, murmelte die ganze Zeit: »O Gott, Sir, das wusste ich nicht! Vielleicht sollten wir den Herrn holen oder Hughes? Hughes muss Bescheid wissen. O Gott, ich werde entlassen! Master Blount, Ihr hättet nicht – ich wusste das nicht, o Gott!«
    Frobisher hingegen sagte überhaupt nichts. Er klammerte sich nur an meinem Arm fest, als ich ihn die Treppe aus dem Eislager hochzog, und versuchte, sich auf den Füßen zu halten. Die eine Hälfte seines Gesichts war aufgeschwollen und sein Griff nicht sehr kräftig. Ich spürte meine Schultern mehr, als sein Fliegengewicht es wert war, als ich zog; die Prügelei mit Forster musste mich doch stärker mitgenommen haben, als ich geglaubt hatte, aber ein Blount zeigte so etwas nicht.
    »Du wirst nicht entlassen werden«, stieß ich schließlich keuchend hervor, um Claires Klagen zu unterbrechen, »wenn du uns umgehend etwas Branntwein besorgst, gleich jetzt.«
    »Aber, Sir … ich stehe nicht in Euren Diensten, oder in Lord Dudleys«, erwiderte sie, womit sie natürlich recht hatte, »und was auch immer hier vor sich geht, der Herr wird nicht glücklich über mich sein.«
    »Wenn er ohnehin unglücklich ist«, sagte Frobisher, und seine Stimme war leiser und rauher, als ich sie je gehört hatte, »dann kannst du auch Gott glücklich machen, eine barmherzige Christin sein und mein Leben mit einem Humpen voll Branntwein retten, Claire.«
    Sie schaute von ihm zu mir, dann nickte sie.
    »Bring den Branntwein in Mrs.Odingsells’ Zimmer, Latimer«, sagte ich, denn ein besserer Ort, um mich mit Frobisher zurückzuziehen, fiel mir im Moment nicht ein. Wenn sie statt mit dem Branntwein mit ein paar Knechten zurückkehrte, nun, ich setzte weiterhin darauf, dass Forster einen offenen Angriff nicht riskieren würde; Prügeleien unter zwei Gleichgestellten waren etwas anderes.
    Inzwischen war es später Vormittag, und Cumnor Place summte wie ein Bienenstock vor Geschäftigkeit. Uns begegneten auf dem Weg vom Garten zu Edith Odingsells’ Kammer gut zehn Mitglieder des Gesindes, von denen die meisten starrten, die wenigsten überrascht wirkten und nur eine uns ansprach. Das war ausgerechnet Agnes Cross.
    »Master Blount, seid Ihr sicher, was Ihr da tut?«
    »Frobisher«, sagte ich zu dem Gaukler neben mir, der noch nie so still gewesen war wie in der letzten Viertelstunde, »ich habe unserem Gastgeber mein Wort gegeben, keinen Ton mehr mit den Mitgliedern einer gewissen Familie in seinen Diensten zu sprechen. Sollte einer von ihnen gerade etwas gesagt haben, so habe ich es nicht gehört.«
    Sie presste die Lippen zusammen, doch sie trat beiseite. Frobisher entgegnete nichts; er nickte nur. Er stützte sich immer noch auf meine Schulter, was das Ziehen dort nicht besser werden ließ. Doch länger konnte ich keine Rücksicht auf seinen Zustand nehmen. Sobald sich die Tür von Edith Odingsells’ Kammer hinter uns geschlossen hatte, machte ich mich los und sagte: »Die Wahrheit über Anthony Forster, Frobisher – sprich jetzt!«
    Sein unfreiwilliger Aufenthalt im eisigen Keller schien wirklich einen Unterschied zu machen. Er

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