Im Schatten der Königin: Roman
versuchte noch nicht einmal, mich in einem Wortstrom zu ertränken, der mich von meiner Frage ablenken sollte, oder so zu tun, als verstünde er mich nicht. Er schaute sich nur kurz um. Als er weder Edith Odingsells noch sonst jemanden vorfand, ließ er sich ächzend auf der kleinen Truhe nieder, die in einer Ecke des Raumes stand, die Arme fest um sich geschlungen, um wieder warm zu werden.
»Anthony Forsters Gemahlin erwartet ein Kind. Das war wohl einer der Gründe dafür, warum sie zu ihrer Schwester nach Suffolk gereist ist. Er war am Sonntag in Oxford, um einen willigen Kirchenmann von Rang zu finden, der ihm bestätigt, dass sein ungeborenes Kind kein Bastard ist.«
Das war noch immer nicht mein Tag. »Was?«
»Master Blount«, sagte Frobisher müde, »ich bin nur ein Schauspieler und kein Gelehrter, aber selbst ich weiß, wie schwer es ist, heute zu entscheiden, wessen Ehe gültig ist, wenn es verschiedene Ansprüche gibt. Wir sind nicht mehr dem Papst untertan, aber wer entscheidet dann, welches Eheversprechen zählt und welches nicht, wenn man selbst kein König ist? Wie es scheint, war Anthony Forster vor ein paar Jahren so erpicht darauf, Barbara Cross in sein Bett zu bekommen, dass er ihr schwor, er würde sie heiraten und sich von seiner Frau trennen.«
»Aber das ist doch …«
»Das, was so manch ein Mann einem Mädchen erzählt, ohne es zu meinen, gewiss, und für gewöhnlich macht sich auch kein einfaches Mädchen ernsthaft Hoffnung darauf, einen Mann von Stand heiraten zu dürfen. Aber Anthony Forster hatte keine Kinder, seine Gemahlin bestand darauf, offen Protestantin zu sein, und unter Königin Mary wurde das immer gefährlicher. Außerdem soll ihn das Mädchen verrückt gemacht haben. Angeblich hat sie als Wäscherin angefangen, ehe sie zum Dienstmädchen im Haus befördert wurde, und ihr Kleid war immer so nass, dass man ihre Brüste sehen konnte, als wären sie nackt, mit Türmchen darauf, größer als die dicksten Brombeeren. Ich war nicht dabei, aber ich möchte meinen, Anthony Forster müsste so etwas gesagt haben wie: Ich bekenne mich auch zum wahren katholischen Glauben, dann ist meine Ehe mit einer Ketzerin ohnehin nicht mehr gültig, und damit bin ich frei, dich zu heiraten. Was vielleicht immer noch nur die alte Geschichte zwischen geilen Männern und willigen Mädchen gewesen wäre, aber er sagte es nicht nur vor Barbara, er sagte es vor einem Priester als Zeugen und wenigstens einem weiteren Mitglied ihrer Familie. Wer weiß, vielleicht hat er es damals sogar so gemeint. Wenn einen Mann die Begierde reitet, dann meint er so manches. Unser alter König Henry hat damals nicht sehr viel anders gehandelt.«
»Unser alter König Henry braucht dich jetzt nicht zu kümmern«, sagte ich. »Erzähl weiter.« Ich bemerkte ein Wolltuch, das ordentlich gefaltet auf einem Schemel für Edith Odingsells bereitlag, nahm es kurz entschlossen und warf es Frobisher zu, der es sich mit einem dankbaren Gesichtsausdruck um den Leib schlang.
»Er geht also mit dem Mädchen ins Bett, das sich als seine zukünftige Braut fühlt. Aber dann stirbt Königin Mary, Katholiken sind aus der Mode, und wir sind wieder alle Protestanten. Oder vielleicht hat Anthony Forster auch einfach seinen Durst gestillt. Jedenfalls wird er kein Katholik und bleibt verheiratet. Aber Barbara Cross erwartet ein Kind von ihm.«
»Das hatte ich mir auch zusammengereimt«, sagte ich und wiederholte, was ich zu Edmund Campion gesagt hatte. »Ich kann mir nur nicht vorstellen, dass man neun Monate lang eine Schwangerschaft in einem Ort wie Abingdon verbergen kann, auch nicht, wenn man die Besessene spielt. Außerdem, warum sollte sie ihm den Gefallen tun, wenn deine Geschichte stimmt? Warum nicht gleich damals ihr Recht einfordern? Wenn sie einen Priester als Zeugen und ein Kind als Beweis des Vollzuges hatte? Schwierigkeiten zumindest hätte sie ihm damals genug machen können.«
Frobisher hob beide Arme, die Handflächen gegen die Decke gestreckt. »Ich nehme an, er hat sie vertröstet darauf, dass er sie später doch noch als seine rechtmäßige Ehefrau anerkennen wird, später, nur nicht gerade dann, wenn eine neue protestantische Königin auf den Thron kommt. Eine protestantische Ehe zugunsten einer katholischen auflösen ist wahrlich nicht taktvoll, wenn man bedenkt, dass unsere regierende Majestät auf der Welt ist, weil ihr Vater das Umgekehrte getan hat. Das mag Barbara Cross damals eingeleuchtet haben. Vielleicht war
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