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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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schlanker Mann. Nun darf ich sagen, dass die Natur und Gott der Herr mich mit einem nicht unangenehmen Gesicht gesegnet haben, aber wenn ich einen dunkelhaarigen und dunkelhäutigen Mann spielen müsste, dann wüsste ich, wie ich das täte. Nachdem Ihr Euch auf den Weg nach Oxford gemacht hattet, dachte ich mir, ich schaue mich um, ob ich irgendwo in Cumnor Place falsches Haar und Kräutersäfte für so eine Rolle finde. Und ich bin fündig geworden.«
    Er machte eine Pause wie ein Pfarrer in der Kirche, der seinen Zuhörern Zeit geben will, auf den nächsten Teil gespannt zu sein. Ja, Frobisher war eindeutig dabei, sich von seinem Erlebnis zu erholen.
    »Ist Euch schon aufgefallen, dass Agnes Cross von der Natur nicht so großzügig ausgestattet wurde für eine Frau? Denkt Euch die Röcke fort und stattdessen Kniehosen hinzu, und sie kann ohne weiteres als Mann durchgehen, vor allem, wenn man sie nicht aus nächster Nähe sieht.«
    »Agnes Cross?«, wiederholte ich ungläubig. »Agnes Cross hat den Teufel gespielt?«
    »Damals und dieser Tage«, bestätigte Frobisher, nahm noch einen Schluck von Ediths schottischem Whiskey, stand auf und begann, wie ein Frosch auf einem heißen Amboss zu hüpfen. »Damals, um die Sache mit der Besessenheit glaubwürdiger aussehen zu lassen, und in den letzten Wochen, um Anthony Forster daran zu erinnern, das nichts vergeben und vergessen ist. Und natürlich, um ihm Angst einzujagen. Mrs.Owen merkt die meiste Zeit doch gar nicht, was um sie herum geschieht, da war es für Agnes Cross sehr leicht, hin und wieder zu verschwinden, und selbst, wenn sie zufällig jemand gesehen und nicht für den Teufel gehalten hätte, dann hätte sie doch trotzdem keiner als Frau und Agnes Cross erkannt.«
    Ich dachte an die hagere, dünnlippige Gestalt, versuchte sie mir in Hosen vorzustellen und musste zugeben, dass es nicht unmöglich war.
    »Und den Rest der Geschichte hast du dir aus irgendwelchen Kräutersäften und Haarteilen zusammengereimt, die du bei ihr gefunden hast?«
    Frobisher unterbrach sein Gehopse und warf mir einen verletzten Blick zu. »Nein, Euer Undankbarkeit, das habe ich nicht. Man kann sagen, dass ich mich für die Sache … geopfert habe.«
    Meinem Gesichtsausdruck musste er abgelesen haben, dass ich ihn nicht verstand, also seufzte er und fragte: »Wenn Euch eine Frau beim Stöbern in ihrem Bett ertappte, was wäre Eure Ausrede?«
    Der Moment der Erkenntnis war kein angenehmer. Manches stelle ich mir gerne vor, aber Agnes Cross und Frobisher in gewissen Lagen werden gewiss nie dazu gehören.
    »Oh«, sagte ich und schwieg.
    »Um offen zu sein, mittlerweile habe ich den Verdacht, dass sie genau wusste, was ich in Wirklichkeit dort gesucht habe, und mir absichtlich alles erzählte, was ich wissen wollte. Wie gesagt, ich denke, die Familie Cross hat versucht, das Ihre zu tun, um sich gegen Anthony Forster abzusichern, und war mit ihrer Weisheit am Ende. Als ich heute früh versucht habe, bei ihr einzusteigen und vor Eurem Erscheinen noch mehr Geheimnisse aus ihr herauszuholen, wechselte sie wieder die Seiten und hat Forster verständigt.« Er schien sich wieder wärmer zu fühlen und schaute zu mir herüber. »Wie kommt es eigentlich, dass wir just in diesem Zimmer unsere Zuflucht finden, Master Blount? Wolltet Ihr mir doch noch die Gelegenheit zum Rollenstudium verschaffen?«
    »Ich brauchte Hilfe, als du verschwunden warst. Mrs. Odingsells würde mir vielleicht ein Messer in die Brust stoßen, aber nie in den Rücken«, entgegnete ich knapp, »und es gibt niemanden sonst in Cumnor, von dem ich das mit Sicherheit weiß.«
    »Oder sollte es vielmehr so sein, dass sich tiefe Zuneigung hinter feindseligem Äußeren verbirgt? Bei Mann und Frau ist das häufig …«
    » Nein«, sagte ich heftig. »Und damit genug über mich. Es geht hier um Forster.« Um meine Worte zu betonen, schlug ich mit der Faust auf den Bettpfosten und konnte nicht verhindern, dass mir diese unüberlegte Bewegung eine schmerzliche Grimasse entlockte.
    »Kann es sein, dass Euch Eure Schulter plagt, Master Blount?«
    »Ja«, entgegnete ich mit gepresster Stimme. »Aber zum Teufel, wenn das alles so passiert ist, warum hat Forster so lange gewartet, statt zu versuchen, sich schon früher durch einen Pastor abzusichern und die Familie Cross loszuwerden?«
    Frobisher zuckte mit den Achseln. »Da kann ich nur Mutmaßungen anstellen, aber die Sache ist doch so: Wenn seine Gemahlin keine Kinder bekommen hätte und

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