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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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zurückkehren sollte? Unsere, Tom. Nicht nur seine und die seiner Geschwister.« Doch so schnell ihr Zorn hochgekocht war, so schnell wischte sie ihn auch wieder zur Seite. Ihr Gesicht nahm einen schwärmerischen Ausdruck an. »Oh, ich kann mich erinnern, wie es war, als mein Herr Schwiegervater noch lebte und wir zum Klang der Lauten in den großen Empfangsräumen tanzten! Und vielleicht muss dies für mich nicht nur eine Erinnerung bleiben?«
    Ich weiß nicht, was Robin ihr schrieb, doch eine Aufforderung, an seine Seite zu kommen, war es nicht. Er besuchte sie hin und wieder, und sie kam, wie gesagt, im letzten Jahr dreimal nach London, aber nie für lange Zeit. Stets war es an mir, sie dann zu ihrer nächsten Residenz zu geleiten. Auf diese Art verbrachte ich mehr und mehr Zeit mit Amy. Insgeheim dachte ich, dass dergleichen eigentlich nicht zu meinen Aufgaben gehören sollte; es gibt Dinge zwischen Mann und Frau, die nicht von Dritten geregelt werden können.
    Amy lebte seit dem Frühling dieses Jahres bei Anthony Forster in Cumnor Place. Cumnor gehörte eigentlich der Familie des verstorbenen königlichen Leibarztes, Doktor Owen. Anthony, der genau wie ich schon seit Ewigkeiten ein Mann der Dudleys war, hatte sich bei mir einmal darüber beklagt, dass er das Haus nur unter der Auflage hatte mieten dürfen, der Witwe des guten Doktors weiterhin Obdach zu gewähren.
    »Es ist nicht nur, dass sie den lieben langen Tag plappert wie ein Wasserfall«, sagte er. »Mein Weib liegt mir in den Ohren damit, dass Mrs.Owen sich immer noch als Hausherrin gibt, und da Mrs.Owen das Haus nun einmal gehört, lässt sich daran nichts ändern. Wie eine Magd kommt sie sich vor, sagt mein Weib, nicht wie die Herrin. Und nun bringst du uns auch noch my lady hierher, Blount? Das macht meine Gattin zur dritten Frau im Haus! Mein Leben wird zur Hölle werden, das schwöre ich dir. Warum kann my lady nicht bei dir und Margery in Worcestershire bleiben?«
    »Weil my lady es so wünscht.«
    Anthony schnaubte. »Du meinst, weil deine Gemahlin es so wünscht, sei ehrlich! Frauen sind doch alle gleich. Teilen will keine. Nun, mein Freund, ich kann es dir nicht verdenken, dass dir dein Hausfrieden wichtiger ist als meiner.«
    Ich verkniff mir die Bemerkung, dass er sich auch einen anderen Patron suchen konnte, wenn ihm sein Hausfrieden so wichtig war. Damit hätte ich ihm unrecht getan. Genau wie ich selbst hatte Anthony Forster bereits John Dudley gedient, und wenn er sich auch während der Gefangenschaft der Dudleys im Tower bedeckt gehalten hatte, so war er doch bereits nach Robins Rückkehr aus Frankreich zu ihm gestoßen, nicht erst nach dem Thronantritt unserer jetzigen Königin. Als Wendehals, dem jeder Patron recht war, konnte man ihn also nicht bezeichnen.
    Ich dachte nicht gerne an den Frühling zurück, aus mancherlei Gründen.

    Cumnor liegt zwischen Abingdon und Oxford, und seit ich Amy Dudley dorthin eskortiert hatte, war ich nicht mehr dort gewesen. Von Windsor aus, wo sich die Königin mit dem Hof befand, konnte man bei einem schnellen Ritt das vierzig Meilen entfernte Cumnor innerhalb eines Tages erreichen. Aber es war bereits nachmittags, als ich aufbrach, und ich war nicht mehr der Jüngste. Wenn es nicht so heikel und wichtig gewesen wäre, hätte ich sogar noch länger gewartet und wäre mit einem ordentlichen Tross gereist, in einem Wagen. Im Gegensatz zu Robin, der mittlerweile nicht zu Unrecht als bester Reiter im Land galt, konnte ich mit meinen vierzig Jahren durchaus ohne das ständige Herumrutschen auf einem Pferderücken leben. Außerdem suchte ich mir gewöhnlich die Knechte aus, die mir auf Reisen zur Hand gingen, um keine unliebsamen Überraschungen zu erleben, weder unterwegs noch nach der Ankunft. Diesmal lag mir vor allem im Magen, dass ich nicht die Zeit hatte, darüber zu rätseln, wer von der Dienerschaft bei Forster sich mit dem Spionieren für einen anderen hohen Herrn ein nettes Zusatzgeld verdiente.
    Am Ende saß ich alleine auf einem Gaul und hatte noch nicht einmal ein Maultier für mein Gepäck dabei. Immerhin war das fragliche Pferd gehorsam und schnell. Es hat eben gewisse Vorteile, wenn man der Vetter des Oberstallmeisters der Königin ist.
    Es waren viele Leute in Richtung Windsor unterwegs; das war zu erwarten, wenn die Königin dort residierte. Es war auch nichts Ungewöhnliches daran, eine Menge Menschen außer mir von der Residenz aus aufbrechen zu sehen. Ich hatte allerdings ein Auge auf

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