Im Schatten der Königin: Roman
Pferd anzutreiben, so dass ich es aufschließen hörte.
»Du meine Güte«, sagte ich und war ärgerlich auf mich selbst, weil ich kostbare Zeit darauf verschwendet hatte, ihn für einen Spitzel zu halten, wo die Wahrheit doch offenkundig war. »Ihr seid ein Bittsteller.«
»Ganz recht«, sagte er, nicht im Geringsten zerknirscht, und schaffte es zu meinem Unglück, sein Pferd mit meinem auf eine Höhe zu bringen.
Nun bin ich mir natürlich bewusst, dass es gar nicht so lange her ist, dass meine Base Jane und ich selbst Bittsteller waren und von Tür zu Tür liefen, um Fürsprecher zu gewinnen. Aber Kreaturen wie der blonde Hanfstengel, der sich wie eine Schmeißfliege an meine Seite setzte, waren nicht darum bemüht, für Leben oder Freiheit ihrer Lieben zu bitten, nein. Er wollte auch mit Gewissheit nicht, dass Robin für seinen Wollhandel oder seine Weinfässer ein gutes Wort einlegte; niemand, der gut zu rechnen verstand, hätte den Fehler mit dem Wams begangen. Nein, dieser Kerl gehörte zu den Männern, die einen Patron brauchten, damit ihr Geschreibsel gedruckt werden konnte oder damit ihr Lautengeklimper bei Hofe gespielt wurde. Seit Robin wieder zu Ansehen gekommen war, liefen uns solche Leute haufenweise über den Weg. Mittlerweile sind ihm ein paar medizinische Abhandlungen und ein Buch über die Schönheit der italienischen Sprache gewidmet. »Aber was habt Ihr davon, my lord?«, hatte ich zu ihm gesagt, als ich mir die Kosten ansah. Wenn es wenigstens religiöse Schriften gewesen wären, das hätte ich noch verstanden; nachdem sein Vater dem Protestantentum abgeschworen hatte, um Mary zu seiner Begnadigung zu bewegen, dennoch geköpft wurde und somit nicht nur als Verräter, sondern außerdem noch als Feigling galt, hatte Robin einiges zu beweisen. Aber wenn ein Arzt die Zeit hat, ein Buch zu schreiben, statt Kranke zu heilen, dann kann er nur ein schlechter Arzt sein, und wen interessiert es schon, was die Welschen von ihrer Sprache halten?
»Ansehen«, sagte Robin damals. »Bücher werden noch gelesen, nachdem wir alle längst tot sind.«
Manchmal denke ich, John Dudley hätte seine Kinder von den königlichen Erziehern fernhalten sollen, ganz gleich, was für nützliche zukünftige Freundschaften da geschlossen werden konnten. Natürlich hat jeder von den Herren Scholaren damals seinen Zöglingen eingebleut, wie wichtig es sei, Künstler zu unterstützen. Schließlich wollten sie auch später von ihren Schülern finanziert werden.
»John Frobisher, zu Euren Diensten«, sagte mein unwillkommener Reisegefährte unterdessen. »Und zu Lord Roberts. Meine Freunde und ich streben nur danach, den Musen zu dienen und Freude in das Leben aller Menschen zu bringen, aber das grausame Schicksal will es, dass verständnislose Amtspersonen uns zu Vagabunden erklären. Als Lord Roberts Diener, als Mitglieder seines Haushalts dagegen könnten wir unserer Berufung nachgehen, ohne durch solch schnöden Schimpf davon abgehalten zu werden.«
Mein Hintern tat mir weh, es fing bereits an zu dämmern, und wir waren noch viel zu weit von Cumnor entfernt. Immerhin gab er mir die Möglichkeit, den wachsenden Grimm in mir, der sich bei weitem nicht nur durch unsere Begegnung speiste, ein wenig loszuwerden.
»Mit anderen Worten«, sagte ich feindselig und ging dazu über, ihn zu duzen wie den Diener, der er sein wollte, »du und deine Freunde, ihr seid fahrendes Gesindel und wollt euch mit Lord Roberts Namen schmücken, damit ihr nicht aus der nächstbesten Stadt vertrieben werdet. Da bist du bei mir aber an der falschen Adresse, mein Junge. Ich habe für Lautengezupfe nichts übrig, Fastnachtspiele langweilen mich, und als wir während der Krönung Ihrer Majestät ein Gedicht nach dem anderen hören mussten, da wäre ich fast eingeschlafen. Wenn ich Lord Robert empfehle, seinen guten Namen für etwas herzugeben, dann wird es gewiss nicht der Schutz von so überflüssigem Volk wie dem deinen sein. Er kann sich einen dieser Vögel anschaffen, die alles nachplappern, das kommt billiger.«
» Blunt bis zuletzt«, erwiderte Frobisher unverdrossen und gab mir einen weiteren Grund, ihn nicht zu mögen. Wortspiele sind beliebt, bei Hof und in der Stadt gleichermaßen, und mein Name hat schon oft zu Witzeleien mit dem Wort für »grob und offen« gedient, als ich hinter meinen Ohren noch nicht trocken war. »Ich lebe in der Hoffnung, Euch zu überzeugen. Deswegen bin ich Euch auch nachgeritten. Das sollte Euch ein erster Beweis
Weitere Kostenlose Bücher