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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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ihrer Nichte zu nennen.
    Ich würde ohnehin nach Oxford gehen müssen, denn wenn die Geschworenen ihre Untersuchung erst einmal beendet hatten, dann galt es, Amys Beerdigung in die Wege zu leiten, und die konnte unmöglich in Abingdon stattfinden. Die Stadt war seit der Auflösung der Abtei heruntergekommen, und erst seit ihnen Königin Mary das Recht auf einen Bürgermeister zuerkannt hatte, ging es wieder ein wenig bergauf. Da aber unter Mary die protestantischen Geistlichen hatten fliehen müssen und dem Frieden unter Königin Elizabeth noch nicht genügend trauten, um zurückzukehren, gab es noch nicht einmal einen anständigen Pfarrer, nur ein paar Laienschwätzer. Da wäre ein verfluchter katholischer Priester noch besser, aber derjenige, der sich hier einmal herumgetrieben hatte, war nach Marys Tod genauso schnell verschwunden wie seine protestantischen Vorgänger nach Edwards Ableben. Nein, hier in Abingdon konnte es nur ein schäbiges Begräbnis geben, und das hatte Amy nicht verdient. Sie hatte den besten Prediger verdient, den die größte Universität des Königreichs zu bieten hatte.
    Wenn die Untersuchungskommission auf Selbstmord erkennte, schoss es mir durch den Kopf, wird niemand bei ihrer Beerdigung predigen. Das durfte nicht sein. Auch das war ich ihr schuldig.

    Ehe ich Abingdon verließ, erkundigte ich mich am Ufer nach Booten. Wenn ich es vor zwei Tagen nicht eilig gehabt hätte, wäre es möglich gewesen, in London ein Schiff abzuwarten, das die Themse aufwärts gezogen wurde; der Bootsverkehr zwischen Abingdon und Oxford, die nur fünf Meilen auseinanderlagen, musste sehr viel reger sein, und von Oxford zurück in Richtung London, die Themse abwärts, waren ständig Schiffe unterwegs. Es hatte immer noch nicht zu regnen aufgehört, und die Straßen würden morgen völlig verschlammt sein.
    Wie sich herausstellte, hatte ich Glück: Morgen konnte ich bei einem Boot voller Tuchware von Oxford aus an Bord gehen.
    In Cumnor bemerkte zunächst kaum einer, dass ich zurück war, nicht nur, weil der nicht enden wollende Regen die meisten im Haus hielt, sondern weil John Appleyard dabei war, sich lauthals mit jemandem herumzustreiten, der, wie ich schnell durch seine Amtskette herausfand, der Bürgermeister von Abingdon war, der erste seines Amtes, den die verstorbene Königin Mary auch gleich noch zum Friedensrichter und Leichenbeschauer gemacht hatte. Ich ging davon aus, dass es sich bei den gediegen aussehenden Männern an seiner Seite um die ausgesuchten Geschworenen handelte. Zudem war mindestens die Hälfte von Forsters Gesinde in der großen Halle versammelt, wo die Auseinandersetzung stattfand, außerdem Forster selbst und – natürlich! – Edith Odingsells. Ich machte Frobisher unter dem Grüppchen aus, das auf der Treppe stand, jener Treppe, die Amy ihr Leben gekostet hatte, neben den Latimers.
    »… unerhört!«, rief Appleyard gerade. »Wann wird meiner Schwester hier die gebührende Achtung zuteil? Erst gebt ihr kriecherisches Gesindel Dudley und seinen Lakaien zwei Tage Zeit, um Beweise für seine Schuld zu verstecken, bevor ihr mit eurer Untersuchung anfangt, und dann erlaubt ihr dieser Kreatur hier, zu behaupten, meine Schwester sei eine gottverfluchte Selbstmörderin!«
    »Niemand hat das behauptet, Sir«, sagte der Bürgermeister besänftigend, doch es lag ein Unterton von Kränkung in seiner Stimme. Erst jetzt erkannte ich, wer da zwischen ihm und dem tobenden Appleyard stand: Es war Pirto. Tränen liefen über ihr Gesicht.
    »Nichts dergleichen habe ich behauptet, Sir!«, schluchzte sie. »Ich habe doch nur gesagt, dass sie Gott um die Erlösung aus ihrem Elend gebeten hat, und eine frömmere Christin als my lady Dudley hat es nie gegeben!« Sie hob den Blick flehentlich zu Appleyard. »Sie ist eben von Schmerzen des Leibes und der Seele geplagt worden und hat daher um den Beistand des Himmels gebeten, weil …«
    Weiter kam sie nicht.
    »Was schert es mich, was ein dummes Ding wie du vor sich hinplappert!«, schnitt Appleyard ihr das Wort ab. »Jeder hier weiß, was wirklich geschehen ist. Mein verfluchter Schwager hat sie von einem seiner Speichellecker auf den nächsten abgewälzt, statt sie an den Hof zu holen, wie ihr das als seiner Gemahlin gebührt hätte, dann hat er sie in dieses gottverlassene Nest geschickt …«
    »Gottverlassenes Nest?«, unterbrach ihn der Bürgermeister, dessen Geduld offenbar zu Ende ging. »Sir, ich verstehe, dass Ihr trauert, aber Abingdon

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