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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Kirche« ändern müssen, damit es überhaupt so weit kommen konnte. Und es gab genügend Leute, die sie hinter vorgehaltener Hand immer noch unehelich und einen Bastard auf Englands Thron nannten. Nun wissen wir alle, dass Frauen ihrem Herzen und nicht dem Verstand folgen, aber ich konnte mir trotzdem nicht vorstellen, dass die Königin sich unter diesen Umständen je auf den Skandal einer Scheidungsforderung für Robin einlassen wollte. Sie hätte sich genauso gut öffentlich als Ehebrecherin brandmarken können.
    »Aber es ist seine Schuld«, sagte Appleyard schließlich. »Irgendwie ist es seine Schuld. Das weiß ich! Und wenn er glaubt, dass ich friedlich nach Norfolk zurückgehe, derweil er in London in Glanz und Ehren auf Amys Kosten lebt, dann täuscht er sich, das könnt Ihr ihm ruhig ausrichten.«
    Ich nahm bedächtig einen Schluck und sagte dann, so freundlich und arglos wie möglich: »Nur so aus Neugier, wie genau stellt Ihr Euch denn Eure Zukunft vor, Sir?«
    Er kniff die Augen zusammen. »Meine arme Schwester hatte weder ihre Heimat in Norfolk noch einen Platz bei Hofe. Keines von beiden. Eines von beiden hätte sie haben müssen, und nun, da sie tot ist, muss endlich Gerechtigkeit herrschen.«
    Dies schien keine Antwort auf meine Frage zu sein, und doch war es eine. Ich nahm mir die Branntweinflasche.
    »Und Gerechtigkeit bedeutet, dass Ihr eines von beiden bekommt, nehme ich an?«
    »Ich habe gesagt, was ich gesagt habe«, sagte Appleyard. »Und jetzt will ich eine Zeitlang niemanden sehen. Wo ist hier das Zimmer für den Ehrengast?«, schloss er, an Hal Latimer gewandt, der mir einen hilfesuchenden Blick zuwarf.
    »Im ersten Stock die zweite Tür links, Herr, aber … Master Blount …«
    »Ich bin Lady Dudleys Bruder, und ich werde im besten Zimmer dieser alten Mönchsklause übernachten, wie es mir zusteht, und damit Schluss«, verkündete Appleyard. Er sah mich herausfordernd an und konnte nicht ahnen, wie wenig ich protestieren wollte.

    »Ich will doch nur, was mir zusteht«, hatte Amy Dudley zu mir gesagt, in diesem Frühjahr, als die Welt noch anders aussah und ich für einen verräterischen Moment lang dachte, ich sei jünger als meine Jahre. »Das ist nur gerecht, nicht wahr?«
    Sie lebte seit zwei Wochen bei uns in Kidderminster. Friedlich sei es bei uns in Worcestershire, meinte sie, und bedauerlich, dass mich meine Pflichten so oft kreuz und quer durch das Land und an den Hof führten: »Wärt Ihr nicht glücklicher hier in den Midlands bei Euren Kindern und Eurer Gemahlin, Vetter Blount? Tom?«
    »Gewiss«, sagte ich. Ohne jede Vorwarnung hob sie die Hand – und schlug mich auf den Mund! Nicht hart, aber heftig genug, dass ich es spürte. Nicht auf die Wange, nicht auf den Kopf, was beleidigend gewesen wäre, denn so ging man mit Knechten und Mägden um, aber immer noch angebrachter als das, was sie tat.
    »Lügner«, sagte sie.
    Ich hätte mich verbeugen und zurückziehen sollen. Aber in diesem Moment hörte ich auf, an sie als die Gattin meines Vetters Robin zu denken, die ich in unangebrachten Momenten reizend fand und ansonsten nicht anders als Kate oder Mall betrachtete, Robins Schwestern; eine Verwandte, die im Rang über mir stand. In diesem Moment wurde sie Amy für mich. Sie stand vor mir in ihrem französisch geschnittenen Kleid wie ein halb vertrauter, halb fremdartiger Kuckuck in dem Nest, aus dem ich immer wieder floh und das doch meine Heimat war, mit einem Ausschnitt, der für einen gewöhnlichen Tag ohne Feierlichkeiten eigentlich zu tief war, aber über den sich kein warmblütiger Mann je beschweren würde. Um den Hals trug sie einen Anhänger, wie er unter dem alten König Mode gewesen war, einen in Edelsteinen gefassten Buchstaben, der für die Trägerin von Bedeutung war. Ein R . Es mochte für ihren Mädchennamen stehen, Robsart, nicht für Robert, aber in mir wallte trotzdem Ärger auf und der Wunsch, ihn mit meiner Hand zu bedecken. Mit meiner Hand genau zwischen ihren vollkommenen jungen Brüsten.
    »Ihr lügt wie er«, sagte sie unterdessen wütend. »Verratet mir doch, Tom, was ist es, das Euch nicht genügt? Warum seid Ihr nicht zufrieden mit dem, was Ihr habt, nun, da Ihr es endlich in Sicherheit genießen könnt? Warum geht Ihr wieder und wieder zu Robin wie ein Hund zu seinem Herrn?« Sie lachte. Vielleicht war es auch ein Schluchzen, das in ein Lachen überging, ich weiß es nicht mehr.
    »Genau, wie er zu ihr geht. Wie ihr Schoßhund. Glaubt Ihr, dass

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