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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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hat die Ehre, eine der ältesten Städte in unserem Königreich zu sein, und wenngleich wir schwere Zeiten hinter uns haben, so ist unsere Geschichte doch eine stolze, und ich möchte Euch bitten, sie nicht zu beleidigen.«
    »Außerdem haben wir uns größte Mühe mit der Zusammenstellung der Geschworenen gegeben«, setzte einer der Begleiter des Bürgermeisters hinzu. »Keiner von uns ist ein einfacher Bauer, Sir. Master Irsby hier«, er wies auf den Mann neben sich, dessen Kleidung ein wenig feiner als die der anderen war, »hat sogar die Medizin in Cambridge studiert und wird Eure Schwester so gut als irgend möglich untersuchen können.«
    Wenn er Oxford gesagt hätte, wäre mir dies wahrscheinlich nicht weiter aufgefallen; Oxford lag in der Nähe, und es war nicht unmöglich, dass der eine oder andere reiche Tuchhändler seinem Sohn dort ein Studium finanzierte. Aber die Universität von Cambridge war die große Rivalin von Oxford, und dass sich jemand, der in Cambridge studiert hatte, in Abingdon niederließ und sofort als Geschworener zur Verfügung stand, das war seltsam. Ich grübelte über mögliche Gründe nach und verpasste daher fast, dass Appleyard immer noch damit beschäftigt war, mit den Geschworenen zu streiten.
    »Heilige und Könige haben unsere Abtei besucht«, sagte einer von ihnen heftig. »So viele hat ganz Norfolk nicht gesehen!«
    »Und jetzt wohnt ein Verräterknecht wie Forster in dem, was von der Abtei noch übrig ist«, erklärte Appleyard unbeeindruckt. »Das sagt doch alles!«
    Ich entschied mich, einzugreifen. So gut es für meine Sache war, wenn Appleyard sich hier keine Freunde machte – er war doch Amys Bruder, und ob er sich nun Hoffnungen auf ihren Besitz machte oder nicht, er war von allen Menschen hier derjenige, der sie am besten gekannt und das größte Recht hatte, um sie zu trauern. Während Forster rot anlief, bahnte ich mir einen Weg durch die Halle.
    »Der Kummer führt dem ehrenwerten Master Appleyard die Zunge«, verkündete ich so laut wie möglich. »Habt Nachsicht mit einem gebrochenen Herzen, Freunde.«
    Ich ergriff Forster am Handgelenk, so hart ich konnte, und neigte mein Haupt vor dem Bürgermeister. »My lord Mayor, meine Herren Geschworenen: Thomas Blount, zu Euren Diensten. Es ist mir eine Ehre, Eure Bekanntschaft zu machen, doch gestattet mir, Master Appleyard erst in die Kapelle zu führen. Es ist ihm ein inniges Bedürfnis, für my lady zu beten.«
    Der Bürgermeister blickte drein, als sei er sich nicht sicher, ob er zwei Rosstäuschern gegenüberstand, doch er nickte. Ich hoffte darauf, dass die Erwähnung der Kapelle Appleyard wenigstens für kurze Zeit zum Schweigen bringen würde, aber die Hoffnung war nicht sehr groß. Daher sagte ich leise zu ihm: »Nur üble Nachrede würde behaupten, Euch sei das Seelenheil Eurer Schwester nicht so wichtig, wie einen Streit in dem Haus anzufangen, in dem sie gestorben ist, Sir.«
    Das tat die gewünschte Wirkung. Was auch immer er hatte sagen wollen, Appleyard schluckte es hinunter und folgte mir aus der Halle.

Kapitel 8
    Mittwoch, 11. September 1560
    I n der Kapelle war Appleyard still und gedrückt, zum ersten Mal, seit ich ihm begegnet war, und ich sagte ebenfalls nichts. Ich musterte Amys Gesicht, das im Kerzenlicht leicht gelblich wirkte, und dachte, dass wir sie bald in einen Sarg legen mussten, auch wenn es noch in den Sternen stand, wann die Beerdigung stattfinden würde. Die Zeit war ein erbarmungsloser Feind, gnadenlos mit unseren sterblichen Hüllen.
    Ich versuchte, an etwas anderes zu denken, doch alles, was mir einfiel, war, dass es auch mir eines Tages so gehen würde, und Margery, und schon dachte ich an ihr Gesicht, das jedes Mal, wenn ich nach Kidderminster zurückkehrte, ein wenig tiefer von der Zeit gekennzeichnet war, und an Margerys Augen an dem Tag, an dem sie mir sagte, es sei ihr unmöglich, my lady Dudley noch länger unter unserem Dach zu beherbergen. Das Schuldgefühl, das in mir aufstieg, drückte mir die Kehle zu, und ich wandte den Blick von Amy ab, um sie wenigstens nicht mehr direkt vor Augen zu haben.
    Appleyard machte keine Anstalten, näher zu treten oder seine tote Schwester zu berühren, aber er stand lange schweigend vor ihr. Schließlich nickte er, drehte sich um, und verließ die Kapelle. Ich folgte ihm, froh, diesen Ort verlassen zu können, und stellte erstaunt fest, dass er vor der Pforte auf mich wartete.
    »Blount«, sagte er, »ich traue Euch so wenig wie einem

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