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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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bedeutete, je nachdem, ob wir Erfolg hatten, und was ich dachte, war: Warum Guildford und nicht ich? Gott helfe mir.«
    Mein eigener unrühmlicher erster Gedanke, als er mir von Amys Tod erzählte, kam mir in den Sinn, doch davon konnte ich nicht reden. Wir sind nun wieder alle Protestanten – zumindest alle, die ihren Verstand beisammenhaben –, aber wenn es etwas gibt, was die Katholiken richtig machen, dann ist es die Beichte. Manchmal muss man eine ablegen, nicht nur vor Gott, sondern auch vor einem Menschen. Und sie darf einem weder zu schwer noch zu leicht gemacht werden. Also sprach ich nicht von meiner eigenen Schwäche, sondern sagte: »Ist es dir vorher nie in den Sinn gekommen, was dein Vater damit bezweckte, dich und deine Geschwister so oft in die Nähe der Kinder aus der königlichen Familie zu bringen?«
    »Ach, Vetter«, sagte Robin, »erstens war ich damals selbst noch ein Kind, und zweitens hat keiner von uns ahnen können, dass Edward schon so früh sterben würde, mein Vater am allerwenigsten. Noch im Jahr von Edwards Tod wollte er die Lady Jane mit Edward verheiraten, nicht mit Guildford: zwei protestantische Erben zusammen. Ich weiß, dass die Leute später glaubten, Vater habe von Anfang an nichts anderes im Sinn gehabt, als einen seiner Sprösslinge auf den Thron zu befördern, aber so war es nicht. Hat er je versucht, Kat oder Mall mit Edward zu verheiraten? Nein. Er wollte uns an Edwards Seite wissen, nicht mehr und nicht weniger, bis er erkannte, dass Edward nicht überleben würde, und erst da griff er nach den Sternen.«
    Meiner Meinung nach verschönte Robin das Bild seines Vaters ein wenig, denn unser verstorbener junger König Edward war immer schon kein robuster Tudor, sondern ein zarter Seymour gewesen, das wusste sogar ein Mann wie ich, der ihn nur aus der Ferne gesehen hatte. John Dudley musste früh zumindest mit der Möglichkeit gerechnet haben, dass Edward nicht sehr alt werden würde. Doch um John Dudley ging es heute nicht.
    »Du wünschtest dich also an Guildfords Stelle, damals«, sagte ich, und er schüttelte den Kopf.
    »Ja und nein«, erklärte er stockend. »Ich hätte Lady Jane nie heiraten wollen. Sie hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie uns Dudleys für frivol und längst nicht protestantisch genug hielt, und Guildford hat sie regelrecht verabscheut. Es müssen zehn bittere Tage für die beiden gewesen sein, bis Mary siegreich in London einzog. Was ich damals wünschte, war etwas anderes, kurz nur, denn es stand ja schon sehr bald fest, dass Vaters Pläne zum Scheitern verurteilt waren.« Er schluckte. »Was ich wünschte und wovon ich nie jemandem erzählt habe, war, dass Vater die Lady Jane bei ihren Studien und Guildford bei seinen Versuchen, ein besserer Reiter zu werden, gelassen hätte und stattdessen Elizabeth unterstützt und mich gebeten hätte, sie zu heiraten.« Nun, da der Damm einmal gebrochen war, brachen die Worte immer schneller aus ihm heraus. »Er wäre dann vielleicht noch am Leben, und Guildford und Jane, und jeder Einzelne, der unter Mary verbrannt wurde. Das Land hat Jane nicht unterstützt, weil sie nur Edwards Base war und Mary die Tochter König Henrys, aber auch Elizabeth ist seine Tochter. Wenn Vater versucht hätte, Elizabeth statt Mary auf den Thron zu bringen, dann hätten wir eine Chance gehabt. Erinnere dich an die letzten Jahre und sag mir, dass es nicht besser gewesen wäre, wenn Mary zu ihren spanischen Verwandten auf dem Kontinent gesandt worden wäre und ihre Herrschaft nie begonnen hätte!«
    Ich hatte keine Erziehung durch Gelehrte aus Cambridge oder Oxford erhalten, aber ich erkannte eine Finte, wenn ich sie hörte.
    »Um das Schicksal des Landes geht es jetzt aber nicht, Robin«, sagte ich sanft, aber unnachgiebig. »Es geht darum, dass du die Ehe mit einer anderen Frau und dich selbst auf den Thron gewünscht hast, obwohl du nicht frei warst, um das zu tun, nicht als Ehemann und nicht als Untertan.«
    Er drehte sich wieder zu mir um, und der Zorn in seinen dunklen Augen war mit Bitterkeit gemischt.
    »Ja«, sagte er. »Ja, das tat ich. Und nun verrate mir eines, Tom: Margery ist dein treues Weib. Aber wenn dir ein Gleiches geschehen wäre, wenn dein Bruder mit einer Königin vermählt worden wäre, einer Königin für zehn Tage, und du wüsstest, dass du und die beste Freundin deiner Kindheit so viel mehr aus alldem hättet machen können, kannst du mir dann ehrlich schwören, dass dir ein solcher Gedanke, ein

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