Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
könnt Ihr sicher sein, dass er jetzt verbrannt ist«, sagte ich, und wünschte mir selbst etwas, an dem ich mich gerade festklammern konnte wie er. »Im Gegensatz zu dem Brief, der aller Welt endgültig beweisen wird, wie sehr Ihr Eure Frau habt loswerden wollen.«
    »Vetter Blount, meine Ehe war … ein Fehler.« Robin wich meinem Blick nicht länger aus. »Und sie wäre das auch gewesen, wenn die Königin bereits im letzten Jahr Arundel oder einen der gekrönten Ausländer, die um ihre Hand anhalten, geheiratet hätte. Ich habe mit Amy nie das gehabt, was dir und Margery gegeben wurde. Gott hat uns auch nicht mit einem Kind gesegnet, und es gab nichts Gemeinsames mehr zwischen Amy und mir. Als ich aus dem Tower kam, dachte ich, dass es wieder besser werden würde, und als ich aus Frankreich zurückkam, betete ich dafür. Aber es wurde nie anders. Ich glaube, jeder hat es gewusst, nur Amy wollte es nicht wahrhaben.«
    »Egal, was passiert ist: Ihr Herz war stets das Eure«, sagte ich, und was ich nicht sagen konnte, schnürte mir die Kehle zu.
    »Ich weiß«, sagte er traurig. »Ich weiß.«
    Doch das tat er nicht.
    Eine Zeitlang schwiegen wir, und die Stille stand schwer zwischen uns. Ich dachte wieder daran, dass ich eine Wahl hatte, dass ich nicht nach Cumnor zurückkehren musste, um weiter einer toten Frau nachzuspüren, die nicht die meine war. Wenn ich sie geliebt hätte, so wie Robin sie nicht mehr geliebt hatte, wäre dies wohl noch ein größerer Betrug gewesen als das, was tatsächlich geschehen war, aber so stand ich vor mir selbst ein bisschen besser da, wenn schon nicht vor Gott, unserem Herrn. Doch die Wahrheit ist, dass ich erleichtert war, als ich Amy nach Cumnor brachte und dort zurückließ. Die Wahrheit ist, dass ich nun, da sie tot war, mehr an sie dachte als vorher, als sie noch am Leben war.
    Im Jahr von Amys Hochzeit hatte meine Base Jane mich und Margery zum Weihnachtsfest eingeladen, und ich erinnere mich, wie ein bestens gelaunter, siegessicherer John Dudley seine Kinder, Schwiegertöchter und Schwiegersöhne aufforderte, zu sagen, was sie sich vom Leben am meisten wünschten, denn Fortuna sei den Dudleys nun wieder so geneigt, dass sie eine Bitte gewiss erhören würde. Als die Reihe an sie kam, sagte Amy – die Wangen, aus denen damals die Kindlichkeit noch nicht ganz geschwunden war, leicht gerötet –: »Ich möchte unvergesslich sein. Ich möchte, dass die Menschen mich sehen und sich für den Rest ihres Lebens daran erinnern. Ich wünsche mir, dass sie sich sagen: Heute habe ich die Königin der Herzen getroffen.«
    Das verblüffte die selbst so ehrgeizigen Dudleys so sehr, dass einen Moment lang Schweigen einkehrte, bis Guildford lachte und meinte: »Donnerwetter, Robin, und ich dachte schon, deine Gemahlin sei schüchtern.«
    »Amy, Liebes, wie viel Punsch hast du getrunken?«, fragte Mall neckend, was ihr einen Rippenstoß ihres Bruders einhandelte, während er erklärte, Amy sei auf jeden Fall die Königin seines Herzens. Amys Röte vertiefte sich, aber sie senkte den Blick nicht, und John Dudley lächelte beifällig. »Das ist die richtige Einstellung, meine Liebe«, sagte er.
    Später zog mich Margery zur Seite und meinte, das Mädchen tue ihr leid. »Sie ist noch so ein Kind«, sagte sie. »Ein Kind, das erwartet, ihr Leben würde ein einziger langer Hochzeitstag sein. Es wird ein hartes Erwachen werden.«
    Damit sollte sie recht behalten.
    Ich glaube nicht, dass Amy den Wunsch, unvergesslich zu sein, je aufgab, was den Umstand, dass ich zwischen ihrem Frühling in Kidderminster und dem September weniger und weniger an sie dachte, um so bitterer machte. Ganz zu schweigen davon, dass Robin sich in dieser Zeit geradezu überschlug, um nicht an sie denken zu müssen. Jetzt dagegen beherrschte sie meine Gedanken, und ich wäre bereit gewesen, zu wetten, dass Robin mehr über sie nachgrübelte, als er es je seit der Zeit ihrer Verlobung getan hatte. Mit einem Mal fragte ich mich, ob es sie glücklich machen würde, das zu wissen, ganz gleich, ob sich ihre Seele nun im Fegefeuer befand, bei Gott und seinen Heiligen – oder in der Hölle.
    »In diesem Brief über eine Scheidung«, sagte ich endlich, weil ich vorwärts- und nicht rückwärtsblicken wollte, wenn es denn ein Vorwärts gab, »ist da auch von Euren weiteren Plänen die Rede?«
    »Natürlich nicht!« Zum ersten Mal heute stahl sich Ärger in seine Stimme. »Ich habe es dir bereits einmal gesagt, und ich kann es nur

Weitere Kostenlose Bücher