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Im Schatten der Leidenschaft

Titel: Im Schatten der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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und keiner kann entkommen.« Und der Ruf wurde weitergegeben. »In Deckung! ... In Deckung!« Die Menge verstummte einen Augenblick, als wolle sie Atem holen, und brach dann in ein tiefes
    Grollen aus, während die Menschen zu fliehen versuchten. Es war eine Flutwelle, mächtig und nicht zu bremsen. Maid Marion wieherte vor Angst, als die Menge um sie herum in Panik geriet, und Chloe wußte, daß sie durchgegangen wäre, wenn eine Möglichkeit dazu bestanden hätte. Sie nahm die Zügel ganz kurz, um das Pferd am Steigen zu hindern, damit es niemanden unter sich zertrampelte, und bemühte sich, die Stute aus der Menge zu lenken. Rings umher wurden Menschen niedergetrampelt, und die Soldaten drangen auf ihren Pferden ins Gewühl, wo immer sich eine Öffnung bot. Dabei schlugen sie mit ihren Degen um sich, trafen Köpfe, Hände, Arme und näherten sich langsam der Tribüne, wo der Mann stand, den sie festnehmen wollten.
    Ein Kind fiel hin und kreischte entsetzt angesichts der stampfenden Füße um sich herum. Chloe stürzte sich von Maid Marion und riß das Kind hoch. Das Pferd am Zügel führend drückte sie den Jungen ganz fest an sich und stolperte in der allgemeinen Bewegung durch die Menge.
    Sie erreichte die relative Sicherheit eines Gartens am Rand der großen Wiese. Maid Marion schwitzte und zitterte und rollte angstvoll die Augen. Chloe stellte das Kind auf die Beine. Der Junge starrte sie einen Augenblick lang erschreckt an und rannte dann davon.
    Vermutlich kannte er den Heimweg. Chloe war es ganz übel vor Zorn, ein Zorn wie sie ihn noch nie empfunden hatte. Die Menge drängte sich an dem Garten vorbei, und plötzlich war es still. Die Wiese, auf der vor zehn Minuten die Menschen noch dicht an dicht gestanden hatten, war verlassen. Die Tribüne war nur noch ein zerstörter Haufen von Brettern und Balken, zerrissene Banner lagen herum. Doch genauso lagen unter der mitleidlosen Augustsonne die Körper von Menschen, wie sie gefallen waren, einer über den anderen, niedergetrampelt und verletzt oder tot. Im trockenen Gras lagen bunte Gegenstände herum, Schuhe, Hüte, Fetzen von Kleidern, so wie sie ihren Besitzern im Gewühl abgerissen worden waren.
    Chloe band die Stute ans Gartentor und ging hinaus auf die Wiese. Die Soldaten waren abgesessen und standen herum, wischten ihre Degen sauber und lösten die Sattelgurte ihrer Pferde. Die Luft war erfüllt vom Stöhnen der vielen Verletzten und dem Wiehern der Pferde, die nervös stampften, weil sie Blut rochen.
    Jetzt erschienen auch andere Leute auf der Wiese und beugten sich über die Menschen am Boden. Chloe kniete sich neben eine junge Frau, die aus einem Degenschnitt an der Brust blutete. Sie war noch am Leben, und ihre Lider zuckten leicht. Chloe hob den Rock ihres Kostümes und riß einen Streifen von ihrem Unterrock, mit dem sie dann das Blut abwischte. Zwei Männer, die einen Toten trugen, kamen vorüber. Ein älterer Mann stolperte vorbei, auf den Arm eines jungen Mannes gestützt. Seine Lippen waren bläulich, und er schnappte mit schmerzverzerrtem Gesicht nach Luft.
    »Ich nehm’ sie jetzt, Miss«, sagte eine leise Stimme. Ein Mann bückte sich und hob die junge Frau auf. »Vielen Dank.« Seine Augen wirkten leer, seine Stimme hohl.
    Chloe wanderte über das Schlachtfeld und half, wo sie konnte, Verletzte hochzuheben, damit auch Darunterliegende versorgt werden konnte.
    Sie alle waren wie in Trance, sprachen nicht oder nur wenig. Von den sechzigtausend Menschen, die an jenem Nachmittag auf St. Peter’s Fields gewesen waren, hatte vierhundert Verletzungen davongetragen, und neun Männer und zwei Frauen waren getötet worden - von einer Gruppe von Kavalleriesoldaten, die von der Stadtpolizei nur beauftragt worden waren, Redner Hunt zu verhaften.

KAPITEL 11
    Hugo ritt eilig durch die seltsam verlassenen Straßen der Stadt, als er das Getöse von St. Peter’s Fields hörte wie einen fernen Donner. Sein Pferd blieb erschreckt stehen und hob mit geblähten Nüstern den Kopf. Dann ertönten die ersten Schreie, und Hugos Blut schien plötzlich wie Eiswasser durch seine Adern zu fließen. Er gab seinem Pferd die Sporen. Die ersten Menschen kamen auf ihn zugerannt und schrien ihm warnend »Kavallerie!« zu.
    Die Polizei mußte wohl in Panik geraten sein, so wie er es noch vor ein paar Tagen befürchtet hatte. Aber wie zum Teufel sollte er in diesem wilden Haufen Chloe finden? Er ritt gegen den Strom der vorwärtseilenden Menschenmenge und suchte darin nach

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