Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
der Deputies aus Vermilion Parish.
»Wir wollen den Kerl fassen, der das gemacht hat«, sagte ich. »Dabei würden Sie uns doch sicher gerne helfen, oder?«
»Jawohl, Sir, das tät ich in der Tat wollen.«
»Aber da gibt’s ein kleines Problem, stimmt’s? Etwas, das Sie davon abhält, mir alles zu sagen, was Sie mir eigentlich sagen wollen?«
»Ich weiß nicht so recht, was Sie –«
»Verkaufen Sie Fische an Restaurants?«
»Nein, Sir, das ist nicht wahr.«
»Haben Sie das Gewehr mitgenommen, um Frösche zu schießen?«
Er grinste und schüttelte den Kopf. Ich erwiderte sein Grinsen.
»Aber einen Alligator oder zwei zu wildern, das wär Ihnen schon zuzutrauen?« sagte ich.
»Nein, Sir, ich hab keinen Alligator. Sie können ja schauen.«
Mein Gesicht wurde ausdruckslos.
»Völlig korrekt. Sie müssen also keine Angst haben«, sagte ich. »Ich will nur, daß Sie mir die Wahrheit sagen. Niemand wird Ihnen wegen dem Gewehr oder dem Scheinwerfer Ärger machen oder Sie groß fragen, was Sie mit Ihrem Fisch machen. Haben wir uns verstanden, Partner?«
»Jawohl, Sir.«
»Wann haben Sie dieses Faß das erstemal bemerkt?«
»Ist vielleicht drei, vier Wochen her. Es blieb da auf trockenem Boden hängen. Ich hatte keinen Grund, mich drum zu scheren, aber dann roch ich was. Ich hab gedacht, es ist ’n toter Sumpfbiber, oder vielleicht so’n großer Hornhecht, der irgendwo am Ufer verrottet. In der einen Nacht hat’s wirklich streng gerochen, drei Abende später hat man’s dann gar nicht gemerkt, wenn der Wind nicht voll von der Seite übers Wasser kam. Dann hat’s geregnet, und am nächsten Abend roch’s gar nicht. Ich hätt nie im Traum gedacht, daß da ein totes Mädchen drinsteckt.«
»Haben Sie irgend jemanden dort in der Nähe gesehen?«
»Vor vielleicht einem Monat, abends, da hab ich ein Auto gesehen. Ich weiß noch, wie ich mir gedacht hab, das ist ja neu. Warum fährt jemand mit seinem neuen Wagen über diese holprige Straße voller Schlaglöcher, das hab ich mir gedacht.«
»Was für eine Art Wagen war das?«
»Da erinner ich mich nicht mehr dran, Sir.«
»Wissen Sie noch, welche Farbe er gehabt hat?«
»Nein, Sir, tut mir leid.«
Sein Gesicht wirkte erschöpft und leer. »Ich wünschte nur, ich wär’s nicht gewesen, der sie finden hat müssen«, sagte er. »Den Blick in das Faß, das werd ich nie vergessen.«
Ich steckte ihm meine Geschäftskarte in die Hemdtasche.
»Rufen Sie mich an, wenn Ihnen noch was einfällt. Das haben Sie gut gemacht, Partner«, sagte ich und klopfte ihm auf den Arm.
Ich wendete meinen Wagen mitten auf dem Damm und fuhr zurück nach New Iberia. Der Lichtschein vorn Rot- und Blaulicht am Krankenwagen bewegte sich mit großer Geschwindigkeit vor mir. Er huschte über die Spitzen der Riedgrashalme und Rohrkolben und die ausgebleichten Sandbänke, wo es in den Überresten von toten Hornhechten vor roten Feuerameisen nur so wuselte.
Was hatte mir das alles an neuen Erkenntnissen gebracht?
Nicht viel.
Aber vielleicht hatte mein Freund, der schlaflose Leichenbeschauer, auf seine zynische Art den Nagel auf den Kopf getroffen: Wie versetzt man sich in den Kopf eines mordlustigen Sadisten, der durchs Land zieht wie ein Tiger, den man auf einem Schulhof freigelassen hat?
Ich habe Filme gesehen, die Detektive porträtieren, die den moralischen Wahnsinn ihrer Gegenspieler zu absorbieren versuchen, um diese im Gerüst des eigenen Wahns zur Strecke zu bringen. So was gibt interessante Geschichten ab. Vielleicht ist es sogar möglich.
Aber vor vier Jahren mußte ich nach Huntsville, Texas, um einen Mann in der Todeszelle zu vernehmen, der an die dreihundert Morde, verstreut quer über die Vereinigten Staaten, gestanden hatte. Mit einem Mal lockte es Cops mit ungelösten Mordfällen aus dem ganzen Land nach Huntsville, so wie Schweinemist Fliegen anzieht. Wir machten da keine Ausnahme. Eine schwarze Frau in New Iberia war aus ihrem Haus entführt, erdrosselt und in den Vermilion River geworfen worden. Wir hatten keine Verdächtigen, und der Mann in Huntsville, Jack Hatfield, war viele Male durch Louisiana gekommen, als er seine roten Spuren auf der Landkarte hinterlassen hatte.
Wie sich herausstellte, war er weder schlau noch verschlagen; in seinen Augen funkelte kein böses Licht, an seinem Verhalten war nichts Feindseliges oder Getriebenes. Er sprach wie ein Hinterwäldler, er benahm sich eher wie ein Einfaltspinsel. Er erzählte mir von seiner Bekehrung zur Religion
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