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Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Suchscheinwerfer blutleer und grau aussah.
    »Willst du sie sehen, Dave?« fragte der Leichenbeschauer.
    »Ist es nötig?«
    »Wahrscheinlich.«
    Wir kletterten hinten in den Krankenwagen. Obwohl die Klimaanlage auf vollen Touren lief, war das Innere des Fahrzeugs heiß und von einem stickigen Geruch erfüllt.
    »Wie ich es sehe, hat sie nur ein paar Tage im Wasser gelegen, aber sie ist wahrscheinlich schon seit mehreren Wochen tot«, sagte er. »Das Faß stand wahrscheinlich neben dem Damm und ist dann ins Wasser gerollt. Sonst hätten die Krebse und Hornhechte sie viel schlimmer zugerichtet.«
    Er zog den Reißverschluß vom Kopf des Mädchens bis herunter zu ihren Knöcheln auf.
    Ich holte Luft und schluckte.
    »Ich würde sagen, sie war Anfang Zwanzig, aber das ist nur geraten«, sagte er. »Wie du sehen kannst, ist mit Fingerabdrücken nicht mehr viel zu machen. Ich glaube auch nicht, daß ein Polizeizeichner noch dazu in der Lage ist, das Gesicht einigermaßen zu rekonstruieren. Die Todesursache scheint kein großes Rätsel zu sein – Tod durch Ersticken, herbeigeführt durch eine über den Kopf gestülpte Plastiktüte, die mit einem Klebeband am Hals verschlossen wurde. Mit demselben Isolierband hat er sie an Händen und Fußgelenken gefesselt. Vergewaltigung, auch anal, sexuelle Erniedrigung, all das? Wenn die Kleider weg sind, kann man eigentlich drauf wetten.«
    »Keine Ringe, Armbänder, Tätowierungen?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Haben sie da draußen irgendwas gefunden?«
    »Nichts.«
    »Reifenspuren?«
    »Nicht nach dem ganzen Regen, den wir hier hatten.«
    »Haben Sie irgendwelche Vermißtenmeldungen, die auf –«
    »Fehlanzeige.«
    Eine lange Strähne ihres blonden Haars fiel aus dem Sack heraus. Aus irgendeinem Grund störte es mich. Ich nahm sie zwischen die Finger und legte sie auf ihre Stirn. Der Leichenbeschauer blickte mich seltsam an.
    »Warum er sie wohl in ein Faß gestopft hat?« sagte ich.
    »Dave, glaub mir, an dem Tag, wo du dich in den Kopf eines solchen Schwanzlutschers versetzen kannst, da gibst du dir die Kugel.«
    Ich trat wieder ins Freie, in den feuchten Glanz der Flutlichter, dann ging ich vom Damm den Abhang hinunter bis unten ans Wasser. Die Dunkelheit war vom Gequake der Frösche erfüllt, und Leuchtkäfer schwirrten funkenstiebend durchs Riedgras. Polizistenfüße hatten das Unkraut entlang des Damms niedergetrampelt; frische Zigarettenstummel schwammen im Wasser; ein Deputy erzählte gerade zwei anderen einen rassistischen Witz.
    Der Detective aus Vermilion Parish brachte die Vernehmung des Anglers zu Ende, steckte den Notizblock in die Hemdtasche und lief den Hang hoch zu seinem Wagen. Der Angler blieb neben seinem Einbaum stehen. Er kratzte die Moskitostiche an seinen Armen und war offensichtlich unsicher, was er als nächstes tun sollte. Schweiß rann unter seiner Stoffmütze hervor und glänzte auf seinen Kieferknochen. Als ich mich vorstellte, war sein Händedruck, wie der der meisten Cajun-Männer, weich und effeminiert.
    »Also, so was hab ich noch nie gesehen«, sagte er. »Und ich leg auch keinen Wert drauf, so was noch mal zu sehen.«
    Auf dem Boden des Bootes lag ein großer Haufen Katzenwelse. Sie zuckten wild durcheinander, und die Barthaare klebten ihnen am gelben Rumpf und den aufgeblähten weißen Bäuchen, Auf dem Sitz des Bootes lag ein Scheinwerfer mit einem Stretchband.
    »Wann sind Sie zum erstenmal auf das Metallfaß aufmerksam geworden?« sagte ich.
    »Heut abend.«
    »Kommen Sie oft her?« fragte ich.
    »Nein, Sir, nicht so oft.«
    »Ansehnlichen Haufen Fisch haben Sie da.«
    »Yeah, wenn der Mond am Himmel steht, beißen die prächtig.«
    Ich ließ meinen Blick tief in den Rumpf des Einbaums schweifen, wo sich das feucht glänzende Mondlicht in den Fischrümpfen spiegelte. Da war ein Gewirr von Angelleinen und Korken, und unter dem Sitz ein langer Gegenstand, der in eine Leinenplane gewickelt war.
    Ich faßte den Einbaum am Schandeckel und zog ihn ein Stückweit ans Ufer.
    »Haben Sie was dagegen, wenn ich mir das mal ansehe?« sagte ich und schlug die Leinenplane auf.
    Er gab keine Antwort. Ich nahm meine Stiftlampe aus der Hemdtasche und deutete mit ihrem Lichtstrahl auf ein Repetiergewehr vom Kaliber .30-30. Das Metall war abgewetzt, und der Kolben war mit Kupferdraht umwickelt.
    »Leisten Sie mir doch mal kurz Gesellschaft bei einem kleinen Spaziergang«, sagte ich.
    Er folgte mir zum äußeren Rand des erleuchteten Areals, außer Hörweite

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