Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
die Sicherungen durch, Dave. Hör endlich auf, für die hiesigen Schleimscheißer den Mietaffen zu spielen, oder besorg dir zumindest bessere Beruhigungsmittel.«
8
Es war zehn Uhr morgens. Batist war auf dem Bayou, um nach einem Boot mit Motorschaden zu sehen, und der Laden und der Pier waren leer. Das Blechdach schwoll in der Hitze an, und die Schrauben und Holzträger ächzten und knarrten unter dem Druck. Ich fischte eine Dr.-Pepper-Dose aus dem kleingestoßenen Eis in der Kühltruhe, setzte mich allein draußen in den Schatten und trank. Grüne Libellen standen über den Riedkolben entlang des Bayou-Ufers in der Luft; ein spitzmäuliger Hornhecht, der vermutlich in einen Bootspropeller geraden war, drehte wilde Kreise im reglosen Wasser, während ein Schwarm Elritzen die klaffende rote Wunde hinter seinen Kiemen zur Nahrungsaufnahme ansteuerte; ein Geruch nach toten Schlangen, saurem Schlamm und modrigen Kletterhyazinthen kam mit dem heißen Wind aus der Marsch.
Ich wollte nicht einmal an die Ereignisse dieses Morgens denken. Die Szene im Restaurant war wie eine Momentaufnahme aus einem betrunkenen Traum, in dem ich immer die Beherrschung verlor, mich in der Öffentlichkeit schlimm oder in den Augen anderer obszön aufführte.
Die Limonadendose wurde warm in meiner Hand. Der Himmel im Süden glänzte hell wie blaue Seide. Ich hoffte, daß es nachmittags ein Gewitter geben würde, daß Regen auf Marsch und Bayou herabdonnern würde, daß er wie Schotter auf das Dach meines Hauses prasselte, daß er in Sturzbächen durch den Dreck und das tote Laub unter den Pecanbäumen in meinem Hof strömen würde.
Ich hörte Bootsie hinter mir. Sie setzte sich vor einem runden Tisch auf einen der Segeltuchstühle und schlug die Beine übereinander. Sie trug weiße Shorts, Sandalen und ein Jeanshemd mit abgeschnittenen Ärmeln. Unter ihren Armen waren Schweißringe, und der zarte Flaum auf ihren Schenkeln war von der vielen Sonne golden.
Wir lernten uns im Sommer 1957 auf einem Tanzfest am Spanish Lake kennen, und kurze Zeit später verloren wir beide im Bootshaus meines Vaters gegenseitig unsere Unschuld, während der Regen aus der Sonne purzelte und von den Dachrinnen und Trauerweiden um den See tropfte und das Innere des Bootshauses von einem flackernden, wäßrigen grüngelben Licht erfüllt wurde.
Aber selbst in diesem Alter hatte ich mich schon dem Sour Mash Whiskey verschrieben, unverdünnt und von einem eisig beschlagenen Jax-Bier zum Runterspülen begleitet. Bootsie und ich gingen getrennte Wege, und sie führten uns weit weg vom Bayou Teche und der provinziellen Cajun-Welt, in der wir aufgewachsen waren. Ich sollte die Reise nach Vietnam antreten, als einer der selbsternannten neuen Kolonialherren, und wiederkommen mit einem Schrotthaufen in Hüfte und Oberschenkel und nächtlichen Erinnerungen, denen weder der Whiskey noch rezeptpflichtige Rauschmittel Einhalt gebieten konnten. Sie heiratete einen Piloten, der für die Ölfirmen arbeitete und später auf einer Bohrinsel ein Halteseil touchierte. Der Helikopter stürzte voll aufs Mannschaftsboot. Dann mußte sie feststellen, daß ihr zweiter Ehemann, der in Tulane Betriebswirtschaft studiert hatte, als Buchhalter für die Mafia arbeitete, obwohl sich diese Karriere als kurzlebig erwies, als seine Arbeitgeber ihm und seiner Geliebten auf dem Parkplatz der Pferderennbahn in Hialeah mit Schrotflinten ein Ende setzten.
Sie litt unter einer Krankheit, die als Lupus bekannt war. Für den Augenblick waren wir den Symptomen durch starke Medikamente beigekommen, aber die Krankheit lebte in ihrem Blut wie ein schlafender Parasit, der nur auf den geeigneten Augenblick wartete, sich über ihre Nieren herzumachen und ihr Bindegewebe zu zerstören. Eigentlich sollte sie starkes Sonnenlicht meiden, aber wieder und wieder kam ich von der Arbeit heim und fand sie in Shorts und rückenlosem Oberteil bei der Gartenarbeit, die heiße Haut überzogen von einem Schweißfilm und Staubpartikeln.
»Ist bei der Arbeit was passiert?« sagte sie.
»Ich hatte etwas Ärger in Del’s Restaurant.«
»Was?«
»Ich habe einen von Baby Feet Balbonis Schlägern zusammengeschlagen.«
»Im Restaurant?«
»Yeah, im Restaurant.«
»Was hat er angestellt?«
»Er hat mich angefaßt.« Ich stellte die Limodose weg und stützte die Unterarme auf die Oberschenkel. Ich blickte hinaus auf das Spiegelbild der Sonne im braunen Wasser.
»Bist du schon wieder im Büro gewesen?« sagte sie.
»Noch
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