Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Stunde später klingelte das Telefon.
»Hallo?« sagte ich.
»Wir haben hier ein Problem«, sagte eine Stimme.
In der Leitung rauschte es, und Regen pochte auf das Blechdach des Ladens.
»Elrod?«
»Yeah. Wir sind aufgelaufen. Baumstämme oder eine Sandbank oder so was.«
»Wo sind Sie?«
»An einem Münztelefon in einem kleinen Laden. Ich bin an Land gewatet.«
»Wo ist das Boot?«
»Ich hab Ihnen doch gesagt, das ist im Arsch.«
»Warten Sie, bis das Wasser wieder steigt, dann kommen Sie wahrscheinlich wieder los.«
»In der Motorschraube hat sich ’ne Menge Müll festgefressen.«
»Was wollen Sie von mir, Elrod?«
»Können Sie hierher kommen?«
Batist aß am Tresen etwas Hühnchen und Reis. Er sah mein Gesicht und lachte vor sich hin.
»Wie weit drin im Bayou ist das Boot?« sagte ich.
»Ungefähr drei Meilen. Die Biege, von der Sie gesprochen haben.«
»Die Biege, von der ich gesprochen habe, ja?«
»Yeah, Sie haben recht gehabt. Da sind so’n paar tote Bäume oder Baumstämme im Wasser. Wir sind voll draufgeschippert.«
»Wir?«
»Yeah.«
»Gut, ich komme, aber meine Zeit werde ich Ihnen in Rechnung stellen.«
»Klar doch, auf jeden Fall, Dave. Das ist echt anständig von Ihnen. Wenn ich kann –«
Ich drückte den Hörer wieder auf die Gabel.
»Sag Bootsie, daß ich in einer guten Stunde wieder da bin«, sagte ich.
Er hatte fertig gegessen und zog gerade die Zellophanfolie von einer frischen Zigarre. Sein Gesicht war jetzt nicht mehr belustigt.
»Dave, mir steht’s nicht zu, dir zu sagen, was du tun sollst, o nein«, sagte er. »Aber es gibt so Menschen, die wollen immer was von einem. Wenn man zu denen nett ist, egal was man denen gibt, es ist nie genug.«
Er zündete die Zigarre an und musterte mich scharf, als er daran paffte.
Ich schlüpfte in meine Regensachen, hängte ein Boot auf einem Anhänger an meinen Pickup und fuhr damit unter dem Blätterdach der Eichen auf der unbefestigten Straße in Richtung des Kramladens, von wo aus Elrod seinen Anruf getätigt hatte. Der Anhänger ruckelte hart durch die überfluteten Schlaglöcher, und durch den Rückspiegel sah ich, wie der Außenbordmotor am Heck des Boots gegen das Gehäuse eierte. Ich schaltete in den zweiten Gang herunter, fuhr an einer breiten Stelle rechts ran und ließ einen Wagen hinter mir vorbei. Der Fahrer, ein Mann mit einem zerbeulten Fedora-Hut, blickte in die entgegengesetzte Richtung, hinaus auf den Bayou, als er vorbeifuhr.
Elrod war nicht in dem Krämerladen, und ich fuhr eine Viertelmeile weiter südwärts bis zu der Biegung, wo er es geschafft hatte, die Yacht direkt zwischen die Äste eines versunkenen Baums zu steuern und gleichzeitig mit dem Bug auf einer Sandbank auf zulaufen. Der Bayou führte jetzt viel Wasser, gelb vom Schlamm, und graue Klumpen toter Schlingpflanzen hatten sich am Bug festgefangen und wedelten in der Strömung hin und her.
Ich schob den Anhänger im Rückwärtsgang ins flache Wasser, wo ich dann das Boot losmachte. Ich startete den Motor und drehte das Gas auf. Das stotternde Heulen durchschnitt das stetige Klatschen des Regens auf der Wasseroberfläche des Bayou.
Ich näherte mich der Yacht von achtern und warf die Fangleine in einer Schlinge über eine Krampe auf dem Schandeck, so daß mein Boot im Windschatten der Yacht festmachte. Die Strömung wirbelte Unmassen von Schlamm mit sich herum, und ich konnte die Schiffsschraube nicht sehen, aber es war offenkundig, daß etwas damit nicht stimmte. Unter dem Kiel tauchte ein steter Strom zerfetzter Kletterhyazinthen und Seerosen auf, dazwischen noch die Überreste einer großen Angelleine samt Ködern, ein Teilstück aus einem spitz zulaufenden Fischernetz und sogar die Cloroxflasche, die dazu benutzt worden war, den Standort des Netzes zu markieren,
Elrod kam aus der Kajüte, eine Zeitung über dem Kopf.
»Wie sieht’s aus?« sagte er.
»Ich werd mal was von dem Müll da losschneiden, und dann werden wir versuchen, das Boot in tieferes Wasser zu schieben. Wie haben Sie es geschafft, das Netz mitzunehmen? Haben Sie die Cloroxflasche nicht gesehen?«
»Ach, so markieren die diese Dinger?«
Ich klappte mein Puma-Messer auf, faßte so tief ich konnte ins Wasser und begann das Treibgut aus der Motorschraube zu ziehen und wegzuschneiden.
»Ich schätze, die bittere Wahrheit ist, daß ich hier draußen nichts verloren hab«, sagte er.
Ich schleuderte eine Handvoll verdrehter Hyazinthenreste und ein dichtes Angelleinengewirr in
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