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Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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»Will mal annehmen, daß Sie nicht mehr da sind, wenn ich wiederkomme.«
    Er stand auf und streckte den verspannten Rücken. Er entfernte das Papier von einem Pfefferminzbonbon und steckte es in den Mund.
    »Wollen Sie auch eins?« sagte er.
    »Nein danke.«
    »Jetzt spielen Sie hier nicht den Rotarier. Ich habe mich über Sie informiert, bevor ich Sie gebeten habe, für Elrod den Babysitter zu machen. Sie sind genauso meschugge wie wir alle. Sie stehen immer kurz vorm Ausrasten.«
    Er machte eine Pistole mit Daumen und Zeigefinger, deutete auf mich und machte ein ploppendes Geräusch mit dem Mund.
    In dieser Nacht träumte ich, daß ich draußen im Golf von Mexiko eine Frau vor dem Ertrinken retten wollte. Wir sanken hinab in einen tiefen Graben, peitschende Gischt auf ihren blonden Locken und dem blutleeren Gesicht, die Augen fest verschlossen unter dem kobaltblauen Himmel. Unsere Köpfe ragten aus dem Wasser, als wären sie abgetrennt auf einen Teller gelegt worden. Dann versteinerte ihr Körper, schwerer als eine Marmorstatue, und es war mir unmöglich, sie über Wasser zu halten. Sie sank durch meine Arme hindurch, raste steil nach unten in einen Strudel grünen Lichts, hinunter in eine Schlucht in großer Tiefe, und aus einer fahlen Wunde in ihrer Kehle stieg ein Strom von Luftblasen nach oben.
    Rosie kam durch die Tür, knallte die Handtasche lautstark auf den Tisch und wühlte im Aktenschrank. Sie mußte sich auf die Zehenspitzen stellen, um in die obere Schublade zu blicken.
    »Haben Sie Lust, zu Mittag zu essen?« fragte sie.
    »Wie?«
    »Mittagessen ... Wollen Sie zum Mittagessen gehen? Hallo, Erde, bitte kommen.«
    »Danke, aber ich fahre wahrscheinlich heim.« Dann fügte ich hinzu: »Sie können gern mitkommen.«
    »Schon okay. Ein anderes Mal.« Sie setzte sich hinter ihren Tisch und steckte diverse Blätter in verschiedene Aktenmappen. Aber immer wieder sah sie mich verstohlen an.
    »Liegt Ihnen was auf dem Herzen?« fragte ich.
    »Ja, Sie.«
    »Sie scheinen heute nicht viel zu tun zu haben.«
    »Gestern abend ist’s bei mir ziemlich spät geworden. Ich habe mit dem Dispatcher eine Tasse Kaffee getrunken. Er hat mich gefragt, wie ich hier zurechtkomme, worauf ich meinte, sehr gut, keine Klagen. Dann hat er mich gefragt, ob mir noch mal einer der Clowns im Department dumm gekommen wäre. Ich habe ihm erzählt, sie hätten sich alle tadellos aufgeführt. Ich wette, Sie kommen nicht drauf, was er als nächstes sagte.«
    »Da haben Sie recht.«
    Sie imitierte den Cajun-Tonfall. »›Wenn die Ihnen noch mal Ärger machen tun, tun Sie’s mal bloß Dave sagen, Miss Rosie. Hat denen schon mal verklickert, was ihnen bevorsteht, wenn sie Ihnen beim nächsten Mal dumm kommen.‹«
    »Er hat vielleicht ein bißchen übertrieben.«
    »Das war nicht nötig, Dave.«
    »Ich bitte um Entschuldigung.«
    »Und schnippisch brauchen Sie jetzt auch nicht zu werden.«
    »Mann, Sie schießen vielleicht scharf.«
    »Wie soll ich jetzt das verstehen?«
    »Das weiß ich nicht. Wie wär’s, wenn Sie das Ganze mal etwas lockerer nehmen?«
    Sie hatte die kleinen Hände übereinander gelegt. Wie sie da so gerade und fest hinter ihrem Tisch stand, erinnerte sie mich an die Nonnen in der Grundschule, auf die ich gegangen war.
    »Sie sehen müde aus«, sagte sie.
    »Ich habe mit Schlaflosigkeit zu kämpfen.«
    »Wollen Sie drüber reden, was da draußen auf dem Bayou geschehen ist?«
    »Nein.«
    »Haben Sie deswegen Schuldgefühle?«
    »Was meinen Sie denn? Wütend macht es mich.«
    »Warum?«
    »Was für eine Frage ist das denn?«
    »Sind Sie wütend, weil Sie keine Kontrolle über das hatten, was da passiert ist? Denken Sie, daß die Schuld für ihren Tod irgendwo bei Ihnen liegt?«
    »Und wenn ich beide Fragen mit Ja beantworte? Was für einen Unterschied macht das? Sie ist tot.«
    »Ich denke, wenn Sie sich selbst damit quälen, hat das ungefähr soviel Sinn wie Masturbieren.«
    »Es ist freundlich von Ihnen gemeint, Rosie, aber lassen Sie’s gut sein.«
    Ich beschäftigte mich mit meinem Papierkram, und es dauerte fast eine Minute, bis ich wieder den Kopf hob. Als ich es schließlich tat, hatte sie ihre Augen immer noch nicht von mir genommen.
    »Ich habe vom FBI gerade eine interessante Information über Julie Balboni bekommen«, sagte sie. Sie wartete und sagte dann: »Hören Sie mir zu?«
    »Ja.«
    »Das Sittendezernat von New Orleans hat dieses Jahr ein halbes Dutzend seiner Pornokinos und zwei seiner

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