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Im Schatten der Mitternachtssonne

Im Schatten der Mitternachtssonne

Titel: Im Schatten der Mitternachtssonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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stieß er hart in sie, ihre Worte hatten ihn getroffen, pulsierten durch seinen Körper, erhitzten sein Blut und seinen Zorn. Härter und härter stieß er zu, bis er sich erneut Erleichterung verschaffte. Als er von ihr abließ und seitlich von ihr wegrollte, sagte er: »Ich rufe meine Männer zusammen und steche nach der Versammlung des Thing in See. Trage deine Trauer wie eine Auszeichnung deines Stolzes vor dir her, Zarabeth. Prahle damit, und laß alle Welt wissen, wie sehr du leidest, wie endlos du trauerst. Alle Menschen deiner Umgebung müssen das respektieren, sonst stellst du dich gegen sie. Und wenn du vor Selbstmitleid weinst, wünsche ich mir, daß du an deinen Tränen erstickst.«

21
    Vier Tage später brach Magnus mit drei seiner Männer zur Versammlung des Thing auf, das in der Nähe von Kaupang abgehalten wurde; in einem Tal, das zu König Harald Schönhaars Landbesitz gehörte. Sie nahmen die Pferde und ritten über Land, segelten nicht mit der Seewind, denn das Boot mußte ausgebessert und das Steuerruder erneuert werden. Magnus bestieg seinen Hengst Thorgell, ein kraftvolles Tier, das aus der Züchtung von Magnus' Vater stammte. Auf Magnus' Nicken ließ der Sklave die Zügel los, Thorgell tänzelte und ging hoch. Lachend tätschelte Magnus den Nacken des kräftigen, feurigen Tieres, und seine Schenkel drückten ihm in die Flanken. Er sah in seiner schenkelkurzen Tunika aus lavendelfarbener Wolle über den dunkelbraunen Wollhosen äußerst stattlich aus. Die mit Lederbändern verschnürten Stiefel reichten ihm bis zu den Knien. Um die Mitte trug er einen breiten, mit Gold und Silber beschlagenen Ledergürtel. Sein blondes Haar glänzte in der Morgensonne und seine Gesichtszüge wirkten rein und strahlend. Zarabeths Herz zog sich bei seinem Anblick schmerzlich zusammen.
    Sie wandte sich ab, müde und niedergeschlagen, fühlte sich bereits jetzt einsam, was wirklich dumm war, denn sie selbst hatte den Wunsch geäußert, er möge gehen. Sie wollte allein sein mit ihrer Trauer und ihrer inneren Leere.
    Sie hörte, wie er ihren Namen rief, drehte sich um und sah, wie er in gestrecktem Galopp auf sie zukam. Im nächsten Augenblick hatte er sich weit aus dem Sattel gebeugt, sie hochgehoben und an sich gedrückt. Thorgell schnaubte nervös, und Magnus lachte. Er küßte sie leidenschaftlich und setzte sie wieder zu Boden. Sie blickte ihm nach, bis er hinter dem nächsten Hügel verschwunden war.
    Sie beschäftigte sich den ganzen Tag, in der Hoffnung, nachts Schlaf zu finden. Doch die halbe Nacht lag sie wach und starrte im Zwielicht auf die Dachbalken.
    Am dritten Tag trat sie aus dem Langhaus. Man hatte nach ihr gerufen. Es war Helgi in Begleitung von sechs Männern. Sie war ziemlich aufgeregt.
    »Ingunn ist verschwunden!«
    Zarabeth starrte sie an, und Ingunn wiederholte: »Ingunn ist fort!«
    »Komm ins Haus, Helgi.«
    Beim Anblick ihrer Schwester Eldrid wandte Helgi sich rasch ab. »Irgendwann letzte Nacht ist sie fortgelaufen, oder sie wurde mit Gewalt verschleppt. Hast du sie gesehen, Zarabeth? Hast du irgend etwas gehört?«
    »Nein, nichts. Aus welchem Grund mag sie fortgelaufen sein?«
    »Orm Ottarsson!« Helgis breites, hübsches Gesicht war nun vor Ärger gerötet. »Ich wußte, daß sie log, als sie ihrem Vater Gehorsam versprach. Ich wußte es, weil ich sie kenne. Sie will Orm, und sie will nicht glauben, daß er ein Bandit ist, ein Mann ohne Ehre! Bei Thor, er bringt Schande über sie und unsere Familie.«
    »Wo ist dein Mann?« Dann schlug Zarabeth sich mit der Hand gegen die Stirn. »Wie dumm von mir. Natürlich nimmt er an der Thing-Versammlung teil, genau wie Magnus.«
    »Ja, Harald hat den Vorsitz übernommen. Ingunn ist schlau und hat abgewartet, bis ihr Vater das Gehöft verlassen hat. Ich würde sie am liebsten solange verprügeln, bis sie mich auf Knien um Gnade anfleht! Du hast also nichts gehört und nichts von ihr gesehen?«
    Zarabeth schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, Helgi. Hier, trink einen Schluck Bier, es ist frisch gebraut und kühl.«
    Helgi warf ihrer Schwester wieder einen verstohlenen Blick zu. »Möchtest du hier bleiben? Wir können deinem Mann und Magnus einen Boten senden. Er sagte mir, der Versammlungsort ist eine Tagesreise entfernt.«
    »Du bist ein gutes Kind, Zarabeth«, seufzte Helgi und ihre normale Gesichtsfarbe kehrte allmählich wieder. »Nein, ich reite lieber nach Hause. Vielleicht hat das törichte Mädchen sich eines Besseren besonnen und ist

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